Lexikon des Polentums in Deutschland

Seite des Lexikons
Titelseite der ursprünglich geplanten Ausgabe des Lexikons.

Die Idee kam um das Jahr 1930 auf, als es zu zunehmenden Einschränkungen im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Polen in Deutschland kam. Der Rat des Bundes beschloss, Materialien über die räumliche Verteilung, das gesellschaftlich-kulturelle und wirtschaftliche Leben der polnischen Diaspora zu sammeln. Zusätzlich wollte man diese Materialien um die Fälle von Ausschreitungen gegen die Polen ergänzen. Eine Redaktion wurde schnell gebildet. Trotz unterschiedlicher Schwierigkeiten, auch finanziellen, wurden die Arbeiten am Lexikon 1938 abgeschlossen. Allerdings wurde das Buch aufgrund der Vorbehalte des Auswärtigen Amtes, es könne zu einer Trübung der guten deutsch-polnischen Beziehungen kommen, in Polen nicht gedruckt. Schließlich erfolgte der Druck in Oppeln (Opole), allerdings unterbrach der Ausbruch des Krieges den Abschluss dieses Projektes. Die ganze Auflage wurde von den NS-Behörden konfisziert und vernichtet. Erst in den 1970er Jahren erschien in Polen der Nachdruck des geretteten gedruckten Exemplars. Das Lexikon stellt eine wichtige Quelle zum Schicksal der Polen in Deutschland in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre dar.

Die zunehmende Verletzung der Rechte der in Deutschland lebenden Polen, die angebliche Verringerung ihrer Zahl laut Volkszählung vom 16. April 1933 und schließlich die Vernichtung ihres materiellen Eigentums, die in besonderem Maße nach der Machtübernahme Hitlers in Erscheinung trat, veranlasste die „Zentrale des Bundes der Polen in Deutschland“ (ZPwN) diese Ausschreitungen in einer Kartei zu dokumentieren. Auf diese Weise wollte diese Organisation das Polnische in Deutschland in Wort und Bild vor der Vernichtung retten.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde in den ersten Monaten des Jahres 1933 eine Sonderabteilung gegründet. Dieser Abteilung gehörten Jan Łangowski und Stefan Murek an. Weiterhin waren als Schreibkräfte Eleonora Bednarkiewicz und Helena Lehr tätig. Im Herbst des Jahres 1933 kamen noch Edmund Osmańczyk und Edmund Kaczmarek hinzu. Die finanziellen Probleme der Abteilung schloss die Schaffung neuer Stellen aus. Seither waren die Mitarbeiter auf die Hilfe der Polen, vor allem die der in Deutschland studierenden Landsleute, angewiesen. Die Gruppe versuchte alle Orte zu erfassen, in denen Polen gelebt haben. Weiterhin interessierte sie sich für ihr kulturelles Leben. Besondere Aufmerksamkeit widmeten sie den polnischen Denkmälern. Während dieser Arbeit entstand die Idee eines Lexikons, d. h. eines alphabetisch geordneten Ortsverzeichnisses unter jeweiliger Berücksichtigung oben genannter Aspekte. Bei der Zusammenstellung der verschiedenen polnischen Orte machte die deutsche Namensgebung Schwierigkeiten. Daher wurde vereinbart, dass alle deutschen Ortsnamen, die eine polnische Entsprechung hatten, nur mit einem Verweis zitiert wurden, so z. B.: "Borek, deutscher Name bis 1935, heute Waldungen, Dorf im Kreis Kluczbork, Oppelner Schlesien. Nach der Volkszählung von 1910 Zahl der Polen: 158 (XVI, XXVIII)". Die römischen Zahlen wiesen auf die polnischen und deutschen Quellen hin, deren Verzeichnis am Ende des Lexikons gedruckt werden sollte (dieses Verzeichnis ist verloren gegangen).

Die Gründung der Slawischen Bank (Bank Słowiański) in Berlin im Jahre 1934 veränderte die finanzielle Lage des „Bundes der Polen in Deutschland“. Sie wirkte sich auch auf die Arbeitsweise der Redaktion des Lexikons aus, denn diese bekam von ihr die Mittel zur Finanzierung des Vorhabens. Bei der Pressezentrale des „Bundes der Polen in Deutschland“ entstand - ein Jahr später - eine Fotoabteilung mit Aleksander Kraśkiewicz und Stanisław Otto Kałus, die sehr schnell die ersten von der Redaktion des Lexikons bestellten Fotos zur Verfügung stellte. Im Jahre 1935 bezog die Abteilung neue Räume in der Potsdamer Straße, was die Arbeit am Lexikon sehr erleichterte. Unter diesen Umständen kam es zu einer genaueren inhaltlichen Bestimmung des Lexikons; nun sollte das Ortsregister um ein Sachregister ergänzt werden.

Im Herbst 1935 übernahm Edmund Osmańczyk die Leitung der Redaktion. Zu dieser Gruppe kamen im Laufe der Zeit auch neue Personen hinzu. In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass sie alle sehr jung (Durchschnittsalter 19-22 Jahre) waren und keine redaktionelle Ausbildung besaßen. Die Mitarbeiter holten sehr oft Ratschläge älterer Mitglieder des „Bundes der Polen in Deutschland“ ein. Die Arbeit selbst musste im Verborgenen durchgeführt werden, um bei den deutschen Behörden keine Aufmerksamkeit zu erregen. Parallel dazu beschloss der Rat des Bundes, die durch die Verletzungen der Minderheitenrechte der polnischen Bevölkerung veranlassten Interventionen bei den deutschen Behörden in der Zeitschrift "Kulturwehr" zu veröffentlichen. Diese Informationen wurden auch in das Lexikon einbezogen. So erklären sich die vielen juristischen Artikel und Memoranden in dem Lexikon. Das Gesetz über die Mobilmachung vom 16. März 1935 unterbrach die Arbeit am Lexikon. Viele für die Jahre 1936-37 geplanten Arbeiten wie die Sichtung und Zusammenstellung statistischer Daten preußischer Archive konnten nicht realisiert werden. So entstand eine Lücke im Ortsregister. Zu den bearbeiteten Gebieten gehörten West- und Ostpreußen sowie das Oppelner Schlesien. Andere Gebiete wurden nicht berücksichtigt. Die nähere Beschäftigung mit den Ergebnissen aus den verschiedenen Volkszählungen wies viele Unzulänglichkeiten bei ihrer Aufstellung auf. Aus diesem Grund konzentrierten sich die Mitarbeiter des Lexikons auf die Erfassung der wirklichen Zahl der in Deutschland lebenden Polen.

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