Słubfurt und Nowa Amerika

Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“. Rechts: Andrzej Łazowski.
Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“. Rechts: Andrzej Łazowski.

„Szanowni Damen und Panowie, herzlich witamy in Słubfurt, einer Stadt, które liegt auf polskiej und deutscher stronie“, begrüßt der Künstler und Stadtführer Michael Kurzwelly Touristen, die sich zu einer Führung durch Frankfurt (Oder) und Słubice versammeln. Die Mienen der Gäste drücken Verwunderung und Neugier aus, so dass Kurzwelly erklärt: „Słubfurt ist die erste Stadt, die halb in Deutschland und halb in Polen liegt. Ihr Name leitet sich von Słubice (Słub) und Frankfurt an der Oder (Furt) ab.“ 

Słubfurt wurde 1999 gegründet und ein Jahr später als Verein eingetragen. Słubfurtisch entstand aus Elementen der deutschen und der polnischen Sprache. 2008 beschloss der Rat der imaginären Stadt eine Verfassung, die in 84 Punkten das Funktionieren des Gemeinwesens regelt.

Das Kunstprojekt verwandelte sich bald in eine Initiative, die für die Anrainer auf beiden Seiten der Oder immer wieder Gelegenheit schuf, sich gegenseitig besser kennenzulernen. Die lange Zeit geschlossene Grenze und die Stereotype, die in beiden Ländern lebendig waren, haben diese Aufgabe nicht leichter gemacht. Zur Überwindung des Argwohns trugen gezielte Aktionen bei, etwa die Aktion „Guten Appetit – Smacznego“ aus dem Jahr 2000, anlässlich derer 16 Familien aus Słubice und Frankfurt (Oder) deutsche beziehungsweise polnische Gäste zum Essen zu sich eingeladen haben. Aus den gemeinsamen Mahlzeiten erwuchsen freundschaftliche Bindungen.

Ein weiteres Ereignis, an das man sich noch erinnert, sind die Olympischen Spiele von Słubfurt im Jahr 2003. Sie fanden auf dem Brückenplatz in Frankfurt statt, unweit der Grenzbrücke zwischen dem deutschen Ufer und dem polnischen Słubice. Das olympische Programm stellten die Słubfurter mit dem ihnen eigenen Sinn für Humor zusammen. Zur beliebtesten Disziplin avancierte der „Zigarettenstangenwurf“ über die Grenze. 2016 fanden die Spiele abermals statt, wobei gemischte deutsch-polnische Teams antraten, die durch Auslosung zusammenfanden.  

2009 wurden auf den Straßen von Słubfurt in einem Kunstprojekt, das die Bürger beider Städte für eine gemeinsame Zukunft mobilisieren wollte, Plakate bis dahin völlig unbekannter Parteien geklebt. Zur Wahl stellte sich ein fiktives deutsch-polnisches Parlament, das schließlich zu einer Plattform zur Umsetzung gemeinsamer Ideen wurde und eine wichtige Stimme in den Debatten war, die von den realen Räten der Städte Słubice und Frankfurt ausgetragen wurden. 2011 erhielten diese „Kommunalwahlen“in Słubfurt den Preis der Landeszentrale für politische Bildung in Brandenburg für die Förderung der politischen Teilhabe der Menschen in der Grenzregion.

Mediathek
  • Michael Kurzwelly, der Gründer von Słubfurt und „Nowa Amerika“

    Michael Kurzwelly, der Gründer von Słubfurt und „Nowa Amerika“.
  • Die Stadtmauer markiert die Grenze von Słubfurt

    Die Stadtmauer markiert die Grenze von Słubfurt.
  • Spezieller Personalausweis

    Spezieller Personalausweis, der auf Wunsch der Słubfurter ausgestellt wird.
  • Michael Kurzwelly auf der Słubfurter Stadtmauer

    Michael Kurzwelly auf der Słubfurter Stadtmauer.
  • Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“

    Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“. Rechts: Andrzej Łazowski.