Artur Dziuk

Der Autor Artur Dziuk
Der Autor Artur Dziuk

In dem Roman geht es um eine Optimierungs-App, eben das Ting. Sie hilft ihren Nutzer*innen bei etlichen Lebensentscheidungen, kleinen wie großen. Dabei ist die Anwendung über Sensoren mit dem Körper des Nutzers verbunden und sammelt so Daten über den Hormonspiegel, die Herzfrequenz oder die Körpertemperatur. Gleichzeitig kann sie die Umwelt scannen und obendrein auf sämtliche Infos im Internet zugreifen. Das Ting lernt stetig dazu und soll seinen Usern dabei helfen, die besten Handlungsoptionen zu erfahren und zu befolgen. Dabei wird die App recht hartnäckig. Das merkt schließlich auch Linus, der Erfinder des Ting. Zusammen mit seinem polnischstämmigen Studienkollegen Adam, der Hackerin Niu und dem betriebswirtschaftlich vorgebildeten Unternehmersohn Kasper gründet er ein Start-up. Gleichzeitig gewinnt das Ting über alle Beteiligten immer mehr Macht. Denn: Um die App überzeugend vermarkten zu können, müssen sie an sie glauben.

Artur Dziuk recherchierte für seinen Roman in der Startup-Szene. Er las und führte Interviews mit Gründern und stieß dabei auf ein besonders häufig wiederkehrendes Motiv: die Idee, sich selbst zur besten Version seiner Selbst updaten zu können. Das Buch stieß größtenteils auf sehr gute Resonanz. Im Deutschlandfunk wurde „Das Ting“ als anregender, unterhaltsamer und spannender Roman besprochen, der Kulturspiegel des NDR sprach von einem „gelungenen Debüt“ und der Tagesspiegel bescheinigt Dziuk in seinem Roman, Science-Fiction und Wirtschaftskrimi „elegant miteinander zu verschneiden“.

In Dziuks nächstem Projekt soll es um ein gänzlich anderes Thema gehen. Dafür sucht er auch nach einer neuen Erzählweise. In den Augen des Autors verlangt jeder Inhalt nach einer anderen Sprache: „Ich wünsche mir, stilistisch variabel und lernfähig zu sein, um mich Inhalten so gut wie möglich nähern zu können.“ Zu seinen Einflüssen gehören dabei neben Gombrowicz und Lem vor allem amerikanische Erzähler*innen wie DeLillo, Pynchon, David Foster Wallace und Zadie Smith. Aber auch aktuelle polnische Autor*innen wie Olga Tokarczuk oder Szczepan Twardoch bewundert Dziuk. Unter den deutschsprachigen Schriftstellern nennt er vor allem Kehlmann und Ernst-Wilhelm Händler.

Dziuk ärgert es, wenn man ihn als „polnischen Autor“ bezeichnet: „Ich bin zwar in Polen geboren und stehe zu meiner Abstammung. Aber ich denke, träume, spreche und schreibe auf Deutsch.“ Dennoch will Dziuk auch nicht „deutscher Autor“ genannt werden, weil er auch diese Bezeichnung als unzulässige Vereinfachung betrachtet. Er fragt sich, was mit Schubladen wie „deutsch“ oder „polnisch“ gewonnen ist. Niemand erfahre dadurch etwas über ihn, es lade höchstens zu stereotypen Vorstellungen ein. „Wenn schon ein nationales Etikett sein muss“, so Dziuk, „dann polnisch-deutscher Autor.“

Zu seiner polnischen Heimat befragt, sagt Dziuk: „Ich weiß leider zu wenig darüber. Als Kind und Jugendlicher war mein Verhältnis zu Polen etwas getrübt.“ Im Gegensatz zum reichen West-Berlin wirkten die rostende polnische Industrielandschaft und die wachsende Armut auf den jungen Dziuk bedrückend. Auch wurde er von anderen Kindern mit „Der Germane ist da“ begrüßt, während er sich in Deutschland manchmal Polenwitze anhören musste. „Während ich als Kind in Berlin versucht habe, möglichst deutsch zu sein, habe ich mein polnisches Erbe vernachlässigt“, sagt der Autor. Neben seinem neuen Roman, über den Dziuk noch nichts verraten will, beschäftigt ihn deswegen ein weiteres Vorhaben: ein längerer Aufenthalt in Polen, um das Land seiner Geburt und seiner Familie besser kennenzulernen.

 

Anselm Neft, August 2020

 

Die Homepage des Autors Artur Dziuk: www.arturdziuk.de