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Ateliers polnischer Maler in München um 1890

Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013

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Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013
Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013

Das Gemälde wirkt wie eine Studie zu Übungszwecken, doch die auf dem Sims aufgereihten Zeichnungen und kleineren bis mittelformatigen Gemälde belegen, dass der Künstler bereits ein versierter Maler war. Da er in keinem Münchner Adressbuch verzeichnet ist, haben ihn vielleicht Brandt oder ein anderes Mitglied der polnischen Kolonie an den Fotografen weiterempfohlen. Das Atelier wirkt improvisiert und es ist zu vermuten, dass der Künstler hinter dem an einer Bambusstange aufgehängten Vorhang seine Schlafstelle hatte. Dennoch ist es pittoresk genug um für den Fotografen von Interesse zu sein. Nach dem Vorbild von Brandt hat der Künstler Sättel und Zaumzeug, Uniformmützen, Pistolen und Säbel, Geweihe und eine Schießscheibe zusammengetragen, die er mit einiger Mühe in dem kleinen Raum arrangiert hat. Die auf einem Regalbrett und auf dem Tisch darunter aufgereihten Familienfotos deuten ebenfalls darauf hin, dass der Künstler hier nicht nur arbeitete, sondern auch wohnte. 1893 war er ein einziges Mal auf der Jahresausstellung im Glaspalast vertreten, und zwar mit Reiterporträts eines „Oberstlieutenants Baron v. R.“ und eines „Hauptmanns von F.“. Im Katalog ist seine Adresse mit Heßstraße 37 in der Maxvorstadt verzeichnet.[120] 1895 ging er nach Berlin um im Atelier von Kossak an der Ausführung historischer Panoramen mitzuarbeiten, kehrte aber immer wieder nach München zurück um Brandt zu besuchen.

Bis auf Pułaski waren alle polnischen Künstler, die Teufel ab 1889 für seine Atelieraufnahmen auswählte, bereits seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten in München ansässig. Brandt, Wierusz-Kowalski, Kozakiewicz, Streitt, Rosen, Czachórski und Ejsmond waren schon in den Sechziger- und Siebzigerjahren, Suchodolski, Buchbinder und Jasiński zwischen 1880 und 1885 nach München gekommen. In der Öffentlichkeit bildeten sie sozusagen die Kerntruppe der polnischen Künstlerkolonie, die in wechselnder Besetzung und mit Ergänzung weiterer Maler immer wieder in den zeitgenössischen Publikationen genannt wurde. Adolf Rosenberg erwähnte in seiner 1887 erschienenen Abhandlung über die Entwicklung der Münchener Malerschule ausdrücklich die Existenz der „Polenkolonie“ und nannte Brandt, Wierusz-Kowalski, Czachórski und Kozakiewicz, aber auch den verstorbenen Maksymilian Gierymski (1846-1874)[121], den bereits in New York lebenden Jan Chełmiński (1851-1925)[122], den schon in Berlin arbeitenden Fałat und Szerner als deren wichtigste Mitglieder.[123]

Friedrich Pecht würdigte in seiner 1888 erschienenen „Geschichte der Münchener Kunst im neunzehnten Jahrhundert“ Brandt, Wierusz-Kowalski, Kozakiewicz, Czachórski, Suchodolski, Buchbinder, außerdem Gierymski, die in München ansässigen Kurella und Włodzimierz Łoś (Waldemar Los, 1849-1888)[124], Chełmiński und den bis zu seinem Lebensende 1895 in München tätigen Świeszewski, der bereits 1876 an dem „Album polnischer Maler“ (siehe PDF) mitgearbeitet hatte. Im November 1887 bildete die Münchner Zeitschrift Kunst für alle unter dem Titel „Die Polen in München“ eine Malerpalette ab, die Brandt, Wierusz-Kowalski, Rosen, Buchbinder, Ejsmond, Szerner, Fałat und der bis 1888 in München tätige Bohdan Kleczyński (1851/52-1920)[125] mit jeweils für sie typischen Motiven bemalt hatten.[126] Eine weitere bemalte Palette zeigte die Warschauer Zeitschrift Tygodnik Ilustrowany 1890 unter dem Titel „Paleta malarzy monachijskich/Palette Münchner Künstler“ (Abb. 23) mit Motiven von Brandt, Wierusz-Kowalski, Rosen, Streitt, Kozakiewicz, Czachórski, Buchbinder, Ejsmond sowie Szerner, Aleksander Gierymski und den in München ansässigen Malern Wacław Szymanowski (1859-1930), Józef Wodziński (1859-1918) und Michał Gorstkin Wywiórski (1861-1926).[127]

 

[120] Illustrirter Katalog der Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen im Kgl. Glaspalaste, München 1893, Seite 64

[121] Ausführliche Biografie in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/gierymski-maksymilian

[122] Ausführliche Biografie in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/chelminski-jan

[123] Rosenberg 1887 (siehe Literatur), S. 46-48

[124] Ausführliche Biografie in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/los-wlodzimierz

[125] Ausführliche Biografie in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/kleczynski-bohdan

[126] siehe in der Online Ausstellung „Polnische Künstler in München 1828-1914“ auf diesem Portal die Abb. 15, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/polnische-kuenstler-muenchen-1828-1914

[127] Vergleiche Jednodniówka 2008, Seite XVII