„Bodenständiger Visionär“. DeepL-Gründer Jaroslaw Kutylowski

Jaroslaw Kutylowski, Gründer und Chief Executive Officer von DeepL. Das Übersetzungsprogramm gilt als eines der weltweit führenden KI-Start-ups.
Jaroslaw Kutylowski, Gründer und Chief Executive Officer von DeepL. Das Übersetzungsprogramm gilt als eines der weltweit führenden KI-Start-ups.

Mit DeepL fehlen nie die Worte. Selbst dann nicht, wenn man einer Sprache nicht mächtig ist. Seit den Anfängen 2016 hat sich das Kölner Tech-Start-up zur weltweiten Nummer eins für maschinelle Übersetzungen entwickelt. In Deutschland gilt es mittlerweile als wertvollstes KI-Unternehmen, wird mit zwei Milliarden US-Dollar bewertet und ist damit eines der legendären „Einhörner“, also ein Privatunternehmen mit einer extrem hohen Marktbewertung. Wovon viele Gründer:innen träumen, hat Jaroslaw Kutylowski bereits erreicht. Er ist Ideengeber, langjähriger Cheftechniker und seit 2019 auch CEO von DeepL, das 2016 unter dem Dach des Onlinewörterbuchs Linguee ins Leben gerufen wurde.

Kutylowskis auf künstlicher Intelligenz basierte Software war seinerzeit ein Novum: ein Online-Übersetzer, der wirklich annähernd korrekt übersetzte, während andere Programme nur ein Kauderwelsch zusammenbrachten. Seit den Anfängen schrieb die Firma stets schwarze Zahlen. Doch trotz des Erfolgs hat es Kutylowski nie ins Rampenlicht gezogen. Die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) bezeichnete ihn als einen „bodenständigen Visionär“. In einem NZZ-Interview gab er sich entsprechend bescheiden. Den Grund für die steile Erfolgskurve sah er darin, „dass wir wohl ein paar richtige Entscheidungen getroffen haben hinsichtlich dessen, wie sich das Produkt entwickeln muss“[1].

 

Mehr als 30 Sprachen
 

Laut Unternehmensangaben nutzen mittlerweile mehr als 100.000 Firmen, Behörden und andere Organisationen sowie Millionen von Privatkunden in 63 Märkten die KI-Sprachtechnologie von DeepL. 900 Menschen sind mittlerweile bei DeepL beschäftigt – weltweit. Das Geschäftsmodell beruht auf kostenpflichtigen Abos. Nutzer:innen können sich kostenlos bis zu 5.000 Zeichen übersetzen lassen. Wollen sie mehr, müssen sie zahlen. Und das tun immer mehr. Begonnen hat alles mit Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Spanisch. Mittlerweile bietet der Dienst mehr als 30 Sprachen an, zuletzt kam Arabisch hinzu. Alle Sprachen will Kutylowski aber nicht abdecken. „Wir werden uns auf die konzentrieren, die weltweit wirklich wichtig sind“[2], sagte er dem Nachrichtenmagazin „Stern“. Der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz blickt der Gründer hoffnungsvoll entgegen. „Wir Menschen tun uns mit Veränderungen immer schwer. Aber am Ende, davon bin ich überzeugt, wird KI in vielen Bereichen extrem nützlich sein. Wir müssen uns auf das Positive fokussieren. KI, richtig eingesetzt, wird unser Leben viel besser machen.“[3]

 

[1] Igel, Leon: DeepL hat mit seiner Übersetzungssoftware Google ausgestochen. Über Aufstieg, Krise und Zukunft des Kölner Startups, in nzz.ch, 6.5.2024, URL: https://www.nzz.ch/wirtschaft/deepl-ceo-ld.1825913 (zuletzt aufgerufen am 31.12.2024).

[2] Streck, Michael: DeepL-Gründer Kutylowski über Künstliche Intelligenz: „Es fehlt das große Element Leben“, in: stern.de, 18.3.2023, URL: https://www.stern.de/panorama/deepl-gruender-kutylowski---es-fehlt-das-grosse-element-leben--33263398.html (zuletzt aufgerufen am 31.12.2024).

[3] Ebd.

Sprachlos vor der neuen Klasse
 

Auch in Kutylowskis Werdegang spielt Sprache und Technik eine wichtige Rolle. Details seiner Biografie sind jedoch wenig bekannt, Kutylowski gilt eher als öffentlichkeitsscheu, in Interviews spricht er vor allem über seine Spezialgebiete. Seine Herkunft kommt dabei eher am Rande vor. Zur Welt gekommen ist Kutylowski (Kutyłowski) 1983 in Polen, bereits als Kind kam er mit seinen Eltern nach Deutschland. Damals stand er vor seiner neuen sechsten Klasse, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. „Das war nicht einfach. Im Grunde hat mich diese Erfahrung aber an den Punkt geführt, an dem ich heute stehe. Ohne diesen Hintergrund der zwangsläufigen Zweisprachigkeit würde es DeepL vielleicht gar nicht geben. Der Ansporn zur vereinfachten Kommunikation durch KI kam vielleicht nicht an jenem Tag, aber er hat mich doch sehr geprägt.“[4] Kutylowski selbst spricht Deutsch, Polnisch und Englisch – und kann auf Französisch eine Cola bestellen, wie er selbst sagt.[5]

Mit dem Codieren hat Kutylowski laut eigener Aussage bereits im Alter von 10 Jahren begonnen. Studiert hat er später sowohl in Breslau als auch in Paderborn, promovierte schließlich in Informatik, bevor er nach Stationen bei verschiedenen Unternehmen beim Online-Wörterbuch Linguee anheuerte und dort schließlich DeepL ins Leben rief. Neben seiner Tätigkeit als DeepL-Geschäftsführer engagiert sich Kutylowski auch als Mentor und Berater für junge Unternehmen und Start-ups. Dabei teilt er sein Wissen und seine Erfahrungen, um anderen bei deren Unternehmensaufbau zu helfen. Nicht zuletzt dieses Engagement hat ihn zu einem angesehenen Mitglied der deutschen Start-up-Szene gemacht.

 

Neues Produkt mit Sprachübersetzungen
 

Die Geschichte seines eigenen Unternehmens DeepL ist jedenfalls noch längst nicht zu Ende erzählt. Im November 2024 hat Kutylowski ein System für die Übersetzung von gesprochener Sprache in Echtzeit vorgestellt: DeepL Voice[6]. Der weiteren Entwicklung blickt er hoffnungsvoll entgegen. Ein wichtiger Grund für diese Zuversicht ist laut Kutylowski die menschliche Komponente: So arbeitet das Unternehmen eigenen Angaben zufolge mit mehreren Tausend Sprachexpert:innen zusammen, um das Sprachmodell kontinuierlich zu verbessern. Dazu sagt Kutylowski: „Wir müssen dem neuronalen Netzwerk sagen, was wir von der Technologie wollen. Wir wollen, dass eine Übersetzung besser klingt als der Durchschnitt des Internets – dafür brauchen wir auch menschlichen Einfluss.“[7]

 

Sebastian Garthoff, Februar 2025

 

Quellen:

https://www.nzz.ch/wirtschaft/deepl-ceo-ld.1825913
https://www.stern.de/panorama/deepl-gruender-kutylowski---es-fehlt-das-grosse-element-leben--33263398.html
https://koeln.business/magazinbeitrag/deepl-interview
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kuenstliche-intelligenz-start-up-deepl-fuehrt-live-uebersetzungen-ein-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-241113-930-287522
https://www.wiwo.de/unternehmen/it/chef-jaroslaw-kutylowski-wie-deepl-die-tech-groessen-auf-abstand-halten-will-/29946838.html
https://www.forbes.pl/technologie/deepl-startup-polskiego-inzyniera-na-liscie-100-najwazniejszych-firm-forbesa/zebsv40

 

[4] Ebd.

[5] Shrivastavia, Rashi: Założony przez Polaka startup na liście 100 najważniejszych firm „Forbesa”. „DeepL może stać się kluczowym graczem rynku”, in: forbes.pl, 13.08.2023, URL: https://www.forbes.pl/technologie/deepl-startup-polskiego-inzyniera-na-liscie-100-najwazniejszych-firm-forbesa/zebsv40 (zuletzt aufgerufen am 26.1.2025).

[6] N.N.: Start-up DeepL führt Live-Übersetzungen ein, in: sueddeutsche.de, 13.11.2024, URL: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kuenstliche-intelligenz-start-up-deepl-fuehrt-live-uebersetzungen-ein-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-241113-930-287522 (zuletzt aufgerufen am 31.12.2024).

[7] Ebd.