Das Mahnmal in Koblenz – ein physischer und virtueller Gedenkort für die Opfer des NS-Regimes im nördlichen Rheinland-Pfalz

Das Mahnmal in Koblenz, 2011
Das Mahnmal in Koblenz, 2011

Zumindest schien die örtliche Bevölkerung dieses Urteil aber für ungerechtfertigt zu halten und war darüber sehr aufgebracht; der Zorn richtete sich verstärkt gegen die Bauersfrau, wie aus von der Gestapo angefertigten „Stimmungsberichten“, die Hennig auswerte, hervorging. Teilweise schien die örtliche Bevölkerung geschockt von der Vollstreckung des Todesurteils gewesen zu sein. Hennig kam in einem Zeitungsartikel aus dem Jahre 2004 über Abramski schließlich zu diesem Urteil:

„Aber auch diese „Erregung“, das Gefühl von Mitleid und Ungerechtigkeit im Unrechtsstaat der Nazis hat Marian Abramski nicht geholfen. Wie viele andere Polen und „Ostarbeiter“ wurde er von der Gestapo im Wege der „Sonderbehandlung“ hier bei uns ermordet. Kein Grab und kein Grabstein erinnern an ihn. Entschädigung haben seine Angehörigen nicht erhalten. Aber wenigstens wissen wir jetzt um sein Schicksal und können seiner gedenken.“[5]

Es ist zudem unklar, wieviel die Angehörigen und Nachfahren Abramskis überhaupt von dessen Schicksal je erfuhren. Das macht es umso dringlicher auch 80 Jahre später das Verbrechen in Erinnerung zu rufen und, wenn dies möglich ist, dem Opfer ein Gesicht zu geben, stellvertretend für diejenigen von denen keins zu finden ist und deren Namen möglicherweise nicht einmal bekannt sind. Es gibt keinen Grabstein, der an den Ermordeten Abramski erinnert, dessen sterbliche Überreste sind allerdings in Bonn auf dem Nordfriedhof bestattet,[6] – dies geschah noch an seinem Todestag, nachdem er dorthin „[v]on der Anatomie ohne nähere Angaben überwiesen“[7] worden war.

Nicht allein an die Opfer zu erinnern, sondern überhaupt deren Schicksale dem Vergessen zu entreißen, ist Aufgabe und Zweck des Fördervereins „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz e.V.“, um damit die Geschichte, wie im Falle Abramskis, eben nicht mit der Ausstellung einer Sterbeurkunde durch das Standesamt der Stadt Zell, bezeichnender Weise am 9. November 1949, zu den Akten zu legen ohne, dass aus ihr der Grund für Abramskis Tod hervorginge: „Der Landarbeiter Marian Abramski, katholisch, wohnhaft in Briedel, Kreis-Mosel, ist am 3. Juli 1942 um 11 Uhr 30 Minuten in Briedel verstorben. Der Verstorbene war geboren am 15. Januar 1905 in Las bei Warschau – Polen. Der Verstorbene war verheiratet.“[8] Dafür, dass Abramskis Geschichte im Geiste der Versöhnung fortgeschrieben wird – auch dafür steht das Mahnmal in Koblenz.

 

Christof Schimsheimer, Dezember 2021

 

[5] Hennig, Joachim: „Mord vor der Haustür beunruhigte Bevölkerung. Zweiter Teil zum Schicksal der Zwangsarbeiter an der Mosel und in ganz Deutschland“, in „Heimat zwischen Hunsrück und Eifel - Beilage der Rhein-Zeitung für Schule und Elternhaus“, Nr. 10, Oktober 2004: https://mahnmalkoblenz.de/PDF_AUF/Print_Morde_vor_der_Haust%C3%BCr.pdf (zuletzt aufgerufen am: 19.01.2022).

[6] Das geht aus der „Liste der auf den Friedhöfen der Stadtgemeinde Bonn bestatteten Toten nichtdeutscher Staatsangehörigkeit – getrennt nach Nationalitäten – in der Zeit vom 3.9.19139 bis 8.5.1945“ (Blatt III, Natinalität Polen, Amt OB Nr. 94): https://collections.arolsen-archives.org/G/wartime/02010201/0031/150536… (zuletzt aufgerufen am: 19.01.2022) hervor.

[7] Karteikarte „Unbekannte Staatsangehörige“, Kategorie C, Stadtkreis Bonn: https://collections.arolsen-archives.org/G/wartime/02010201/0031/150535… (zuletzt aufgerufen am: 19.01.2022.

[8] Sterbeurkunde Marian Abramskis vom Standesamt Zell-Mosel, Nr. 137/1942: https://collections.arolsen-archives.org/G/wartime/02020202/0014/140115… (zuletzt aufgerufen am: 19.01.2022.

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  • Ausweis von Marian Abramski

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