DIE ANTIKE – VORBILD UND INSPIRATION? Deutsch-polnisches Pleinair für figürliche Plastik auf Schloss Trebnitz vom 28. Juli bis zum 22. August 2021

Monika Szpener (geb. 1979), studierte und promovierte an der Universität Thorn (Toruń). Ihr Spezialfach ist die Rekonstruktion großformatiger Raumstrukturen (Re-Design und Site-Specific Art).
Monika Szpener (geb. 1979), studierte und promovierte an der Universität Thorn (Toruń). Ihr Spezialfach ist die Rekonstruktion großformatiger Raumstrukturen (Re-Design und Site-Specific Art).

Roswitha Schaab

 

Das von den Ägyptern aufgegriffene Kouros-Schema hat auch diese Künstlerin inspiriert. Sie behält die strenge Form der Figur bei, konzentriert sich aber auf die Beschriftung ihrer Oberfläche. Somit schafft sie ein akribisch geführtes Notizbuch, das persönliche Reflexionen über den Lauf der Zeit enthält, eine Art intimes künstlerisches Vermächtnis, mit dem sie der Nachwelt einige feste Eckpunkte der Realität übermittelt. Jeder Spur des Meißels ist von der Bildhauerin geplant und bewusst so angelegt, dass sie die nächste bedingt.

 

Ryszard Litwiniuk

Der Zentaur symbolisiert die Dualität der menschlichen Natur, die zur Hälfte als Gott und zur Hälfte als Bestie begegnet. Der Oberkörper des Hybridwesens ähnelte einem Menschen, der Unterkörper war einem Pferd entlehnt. Der bekannteste Vertreter in der Mythologie war der weise, gütige Cheiron. Inspiriert von dieser hybriden Gestalt richtete der Künstler sein Interesse auf eine weibliche Form und nahm Bezug auf die älteste prähistorische Skulptur der Venus von Willendorf. Seine Arbeit ist zudem von der Idee des Trojanischen Pferdes angeregt, das hier als moderner Verweis auf die lauernde Gefahr von Viren zu verstehen ist. Außerdem lehnt sich diese Arbeit an die Figur der „Lauschenden“ an, die Gustav Seitz 1968 geschaffen hat.

 

Das Künstlerduo Super Vivaz (Lina Baltruweit/Johannes Braunringer)

Ein Ideal der alten Griechen bestand in der Kalogathia, der Gleichsetzung des Schönen mit dem Guten. In diesem Sinne wurde die Verformung des menschlichen Körpers mit dem Bösen assoziiert. In Anlehnung an die 1967 entstandene Skulptur von Gustav Seitz mit dem Titel „Entwurf zur großen Danae“ sowie klassischen Darstellungen der Odaliske, der weißen Sklavin im Harem, nachempfunden, hat das Künstlerpaar eine idealisierte Skulptur geschaffen, die sich am gegenwärtigen Kanon orientiert und Luxus thematisiert. Das als Ready-Made angelegte Werk zeigt eine Figur auf einer Chaiselongue, die mit einer modernen Errungenschaft, einem Mobiltelefon, spielt, das eine App zur Bearbeitung von Fotos hat, die über Beautyfilter verfügt. Indem die Künstler unseren übertriebenen Konsum kritisieren, fragen sie danach, wie sich die Grenzen von Gut und Böse, Schönheit und Hässlichkeit, Wahrheit und Lüge im Leben und in der Kunst manifestieren. Außerdem regen sie Überlegungen an, wie sehr sich dieses Dinge im Laufe der Zeit verändert haben.  

 

Susanne Ring

Bei dieser Skulptur handelt es sich um eine Gruppe von Objekten aus Ton, einem Material, das die Arbeitsweise der Künstler*innen durch seine ständigen Veränderungen bestimmt. Diese Eigenschaft macht sich Susanne Ring zunutze. In der Zeit, auf die sich das Werk bezieht, kam die Töpferscheibe auf, so dass die klassische Form einer Amphore den natürlichen Ausgangspunkt für die Künstlerin setzt. Doch ihre Amphoren werden amorph, sie beginnen miteinander zu schwingen und sie vermehren sich. Die konsequent entwickelte Struktur wird markanter und die Form wird ständig verbessert. Da es jedoch keine rein intellektuelle oder rein intuitive Kunst gibt, ist die ständige Verfeinerung der Form für Susanne Ring kein Ziel, sondern ein Mittel, das an die Rolle der Votivfiguren in der früharchaischen Zeit erinnert, und eine Art künstlerische Meditation.

 

Magda Potorska, September 2021

 

 

Mediathek
  • Marta Wróblewska (geb. 1980), Kuratorin des deutsch-polnischen Pleinairs für figürliche Plastik auf Schloss Trebnitz.

    Die Kunstkritikerin, Kulturmanagerin und Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen über moderne Kunst studierte Kunstgeschichte und Anglistik an der Universität Danzig (Gdańsk) und ist Mitg...
  • Hildegard Skowasch

    Studium an der Kunstakademie Münster. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Sie ist von der Work in Progress-Methode fasziniert.
  • Ilka Raupach

    Studium an der Kunsthochschule Halle sowie an der Kunst- und Designhochschule Bergen. Sie interessiert sich für das Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur.
  • Iwona Rozbiewska

    Studium an den Kunstakademien Warschau (Warszawa) und München und promovierte an der Kunstakademie Stettin (Szczecin). Sie nimmt in ihren Arbeiten Bezug auf Architektur und Kultur.
  • Monika Szpener

    Studium und Promotion an der Universität Thorn (Toruń). Ihr Spezialfach ist die Rekonstruktion großformatiger Raumstrukturen (Re-Design und Site-Specific Art).
  • Norbert Delman

    Studium an der Kunstakademie Warschau (Warszawa) bei Prof. Mirosław Bałka. Bildhauer, Performer, Installationskünstler und Graphiker. Er interessiert sich für die konzeptionelle Präsenz von Körpern in...
  • Norbert Sarnecki

    Studium an der Kunstakademie Warschau (Warszawa) und promovierte 2010 im Bereich Bildhauerei. Er ist fasziniert von kosmischen Formen und erschafft vor allem monumentale Raumskulpturen.
  • Roswitha Schaab

    Studium der Bildhauerei an der Akademie der Künste Berlin (UdK). Sie lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Lieblingsmaterialien sind Holz und Stein.
  • Ryszard Litwiniuk

    Studium an der Kunstakademie Danzig (Gdańsk), war Stipendiat der The Pollock Krasner Fundation Inc. Bildhauer, Zeichner und Graphiker mit Vorlieben für Installationen und Land Art.
  • Duet Artystyczny Super Vivaz (Lina Baltruweit i Johanes Breuniger)

    Absolventen der Staatlichen Akademie der Bildendenden Künste (ABK) in Stuttgart. Beide Künstler setzen sich aktiv gegen die Ausbeutung der Erde ein. Sie schaffen großformatige Objekte und machen Perfo...
  • Susanne Ring

    Studium am Londoner Royal College of Arts und an der Hochschule der Künste Berlin. Ihre Leidenschaft gilt Kunst und Ästhetik im sozialen und pädagogischen Kontext.
  • Darius Müller, Leiter des Schloß Trebnitz Bildungs- und Begegnungszentrum e.V., die Verfasserin des Beitrags, Magda Potorska, und die Kuratorin des Pleinairs, Marta Wróblewska.

    Rechts im Hintergrund das Gustav-Seitz-Museum.