Die Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland

Solidarität mit Polen. Die Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland, Berlin 2012 r.
Solidarität mit Polen. Die Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland, Berlin 2012 r.

Die Arbeitsgruppe „Solidarność“ Köln entstand 1982. Da sich die Botschaft der Volksrepublik Polen in Köln befand, spielte diese Vereinigung eine wichtige Rolle, um die Formalitäten im Hinblick auf die häufigen Protestaktionen und Demonstrationen zu bewerkstelligen, die zusammen mit anderen Organisationen zur Unterstützung der Gewerkschaft „Solidarność“ veranstaltet wurden. Zu diesen Anlässen in den Händen der AGS Köln zählten Märsche durch die Stadt (13. Dezember 1983), Kundgebungen vor Einrichtungen der Volksrepublik Polen (13. Mai 1988), Hungerstreiks (24. Dezember 1981 und 6. Mai 1985), Feierlichkeiten zu Gedenktagen (1. Oktober 1984), Spendenaktionen, Informationsstände und Unterschriftenkampagnen (1. Mai 1982). Eine spektakuläre Aktion, die sich in der Wochen vom 6. bis zum 13. Mai 1985 ereignete, bestand in einem Hungerstreik für die Freilassung der zu langen Freiheitsstrafen verurteilten Solidarność-Mitglieder Andrzej Gwiazda, Władysław Frasyniuk, Bogdan Lis und Adam Michnik, für die Anführer der Konföderation eines unabhängigen Polens (Konfederacja Polski Niepodległej, kurz KPN) mit Leszek Moczulski an der Spitze sowie gegen die Verfolgung der katholischen Kirche und ihrer Priester. Ähnliche Aktionen gab es auch in Brüssel, Paris, London, Wien, Manchester, Oslo und Chicago. Die Köpfe der Kölner Gruppe waren Jerzy Lisiecki, Stanisław Wolnik, Krzysztof Chorosiński, Marek Poliwski, Stanisław Cegliński und Dorota Leszczyńska.

Die Arbeitsgruppe „Solidarność“ Eschweiler – Aachen e. V. trat im August 1982 durch Kontaktaufnahme mit dem Bremer Solidarność-Büro und der AGS West-Berlin in Erscheinung. Sie kümmerte sich vor allem um die Beschaffung und den Transport von Medikamenten sowie um humanitäre Hilfen. Als die Gruppe mit der Zeit immer mehr Sympathisanten in Aachen gewann, trat sie unter dem Namen Eschweiler – Aachen auf. Mitte der 1980er Jahre zählte sie mit Nebenstellen in Düren, Monheim und Bonn über 150 Mitglieder.

Auch diese Vereinigung versorgte Deutsche und Polen mit Informationen, und sie organisierte drei der Solidarność gewidmete Ausstellungen. Die erste fand im Rathaus von Eschweiler statt, die zweite in der Stadtbibliothek Aachen und die dritte, anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Solidarność, im Aachener Kulturhaus Barockfabrik. Außerdem gab die Gruppe Flugblätter heraus, sie war an der Redaktion der in West-Berlin erscheinenden Monatszeitschrift „Przekazy“ beteiligt, sie verbreitete das „Informations-Bulletin“ und Untergrundpresse aus Polen, und sie richtete Informationsstände ein. Außerdem war sie seit 1983 fast immer an der Organisation von Demonstrationen vor der polnischen Botschaft in Köln beteiligt und sie nahm auch an Protestaktionen anderer Unabhängigkeitsorganisationen teil, etwa des Christlichen Dienstes für die Befreiung der Völker (Chrześcijańska Służba Wyzwolenia Narodów, kurz ChSWN), des Verbands Polnischer Flüchtlinge (Zjednoczenie Polskich Uchodźców, kurz ZPU) oder des Vereins „POMOST“ (Die Brücke). Außerdem kooperierte die AGS Eschweiler – Aachen mit anderen Unterstützergruppen der Solidarność in Westdeutschland wie dem Hilfskomitee „Solidarność in Mainz, den AGS in Köln, München und West-Berlin sowie mit der Gesellschaft „Solidarność“ Berlin. 1986 näherte sich die Gruppe den CSSO-Organisationen an. Ihre Aufnahme fand 1987 anlässlich der Zusammenkunft in London statt. Im Rahmen des CSSO übernahm die Gruppe unter anderem die Schirmherrschaft für „Betriebs“-Publikationen in Polen. Zudem richtete sie 1988 und 1990 auch Treffen des CSSO aus, zuletzt anlässlich des zehnten Jahrestags der August-Proteste in Polen. Die Hilfemaßnahmen für die demokratische Opposition und die Untergrund-Solidarność in Polen wurden regional von Ryszard Wyżga für Westpommern, von Jerzy Szczepański für Mittel- und Ost-Polen und von Wojciech Gawron für die Vorbeskiden koordiniert. Aleksander Zając orchestrierte die Hilfe für die Solidarność Walcząca. Für Schlesien waren Bogusław Teodorowski und Mieczysław Zarzyczny zuständig. Den Unabhängigen Studentenverband (Niezależne Zrzeszenie Studentów, kurz NZS) haben Wojciech Gawron und Aleksander Zając als Vertreter des Akademischen Informationszentrums (Centrum Informacji Akademickiej, kurz CIA) des NZS im Westen unterstützt. Technische Geräte wurden von Andrzej Wirga vom Hilfskomitee „Solidarność“ in Mainz und von Józef Lebenbaum von der IPA (Independent Polish Agency) im schwedischen Lund nach Polen eingeschleust. Die AGS Eschweiler – Aachen e. V. unterstützte die Verlage im Untergrund, die in Mittel- und Ost-Polen, in Westpommern und in den Vorbeskiden tätig waren, ebenso Verlage des Studentenverbandes NSZ in Kraków (Krakau) und Warszawa (Warschau). Darüber hinaus erhielten streikende Mitglieder der Solidarność finanzielle Hilfen. Mit dem Akademischen Informationszentrum in Warszawa und der Solidarność Walcząca bestanden Kooperationen. Gefördert wurden diese Presseorgane: „CIA – Serwis Informacyjny NZS“ (Informationsbulletin des Studentenverbands), „Solidarność Podbeskidzia“ (Vorbeskiden), „Z Dnia Na Dzień“ (Niederschlesien), „Solidarność Walcząca“, „INDEKS“ (Kraków), „BIULETYN“ (Studentenverband der Wirtschaftsakademie Kraków), „Na Bieżąco” in Opole (Oppeln), „Jedność” (Westpommern), „Obraz” in Szczecin (Stettin), Tygodnik Wojenny sowie die Bürger-Komitees in Tychy (Tichau) und in Bielsko-Biała (Bielitz-Biala).

Der 1983 gegründete Verein Solidarität der freien Polen in Bayern e. V. (Solidarność Wolnych Polaków w Bawarii, kurz SWPwB) verdankte sich einer Initiative der Mitarbeiter des Münchner Senders Radio Freies Europa. Erster Geschäftsführer des Vereins war Janusz Urbanowicz, der zuvor schon in der Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (Ruch Obrony Praw Człowieka i Obywatela, kurz ROPCiO) mitgewirkt hat. Er wurde von Wojciech Stockinger abgelöst, auf den schließlich Nina Kozłowska folgte. Der Verein gab ebenfalls ein „Biuletyn Informacyjny“ (Informations-Bulletin) heraus, aus dem die Zeitschrift „Polonik Monachijski“ (Münchner Polonicus) entstand, die unter anderem von Mirra Filipowicz, Jerzy Sonnewend und Bogdan Żurek geleitet wurde. Auch dieser Verein gehörte dem CSSO an. Die Organisationen, die in Bayern unzählige Aktionen und Veranstaltungen für Polen durchgeführt haben, wurden von Schauspielern und Künstlern sowie von Mitarbeitern des Rundfunksenders Radio Freies Europa tatkräftig unterstützt. An dieser Stelle sind zu erwähnen: Jacek Kaczmarski, mit dem auch der Liedermacher des „Prager Frühlings“, Karel Kryl, aufgetreten ist, Wojciech Stockinger, Santos Liszko, Marcin Idziński und der prominente Jazzmusiker Leszek Żądło. Dank ihrer vielen Kontakte in deutsche Kreise spielte auch die Schauspielerin Barbara Kwiatkowska-Lass eine bedeutende Rolle, da sie im Kriegsrecht Hilfeaktionen für Polen auf den Weg brachte, politische Flüchtlinge und ihre Familien betreute und Wohltätigkeitsaktionen ins Leben rief. Der Verein konzipierte auch die Ausstellung „Das Recht auf freies Wort“, die auf Initiative von Nina Kozłowska, Anatol Kobyliński und Dr. Witold Pronobis unter anderem in der Universitätsbibliothek [der katholischen Hochschule – Anm. d. Übers.] in Eichstätt zu sehen war.

 

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