Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern Sobieski: 1694/95 Therese Kunigunde Karoline Sobieska

François de Troy  (1645–1730): Porträt Teresa Kunegunda Sobieska als Braut, um 1695
François de Troy (1645–1730): Porträt Teresa Kunegunda Sobieska als Braut, um 1695. Öl auf Leinwand, 81 x 64,5 cm, Nationale Kunstgalerie Lviv/Lviv National Art Gallery

Max Emanuel gerät inzwischen im seit 1688 anhaltenden Pfälzer Erbfolgekrieg soweit in Bedrängnis, dass französische Truppen 1695 bis vor die Tore Brüssels vordringen und ein Viertel der Stadt in Schutt und Asche legen. 1699 brechen Unruhen gegen seine absolutistische Herrschaft aus. Im selben Jahr stirbt der siebenjährige Thronfolger Joseph Ferdinand nach einer Krankheit, wodurch die Anwartschaft auf das spanische Erbe aussichtslos wird. 1701 öffnet Max Emanuel französischen Truppen den Zugang zu den Festungen der spanischen Niederlande, schließt einen Freundschaftspakt mit Frankreich und kehrt nach Bayern zurück. Im Folgejahr überfällt er die freie Reichsstadt Ulm, 1703 Neuburg an der Donau, Regensburg und Tirol. Eine Vermittlung durch den Kaiser schlägt er aus. Als das habsburgische Heer unter Prinz Eugen von Savoyen die bayerisch-französischen Truppen vernichtend schlägt, geht Max Emanuel in die Niederlande ins Exil. 1706 verhängt Kaiser Joseph I. über ihn die Reichsacht.

Therese Kunigunde, die 1704 zusammen mit ihren in der Zwischenzeit geborenen neun Kindern in München geblieben ist, erhält von Max Emanuel die Regentschaft mit der Entscheidungsbefugnis über sämtliche politischen und militärischen Angelegenheiten übertragen. In langwierigen Verhandlungen mit dem Kaiser muss sie etwa die Hälfte des kurbayerischen Territoriums abtreten und das bayerische Heer entlassen, behält aber die Aufsicht über die bayerischen Verwaltungsbezirke und deren administrative, juristische und finanzielle Angelegenheiten. Auch das Leben am Münchner Hof läuft wie gewohnt weiter. Als sie München im Februar 1705 verlässt um sich in Venedig mit ihrer verwitweten Mutter über die künftige Regentschaft zu beraten, verweigert ihr der Kaiser die Rückkehr nach Bayern und zwingt sie bis 1714 in Venedig ins Exil. Während die vier ältesten Söhne unter Oberaufsicht des Kaisers in Klagenfurt und Graz erzogen werden, bleiben die (überlebenden) beiden jüngeren Söhne und die Tochter Maria Anna Karoline in München. Erst nach dem Frieden von Rastatt sieht sie ihren Mann und ihre Kinder im April 1715 in Schloss Lichtenberg in Landsberg am Lech wieder. Max Emanuel kehrt mit seiner Familie nach München zurück und nimmt die Regierungsgeschäfte wieder auf. Aus diesem Anlass erscheint in München die lateinische Festschrift „Fortitudo Leonina in utraque Fortuna Maximiliani Emmanuelis“ (siehe Historische Quellen), deren dritter Teil, „Theresiae Kunegundi, Regiae Polonorum Principi utriusque Bavariae duci, ac electrici, etc. etc. Heroinae in utraque fortuna constantissimae“ mit einem Titelkupfer nach Cosmas Damian Asam (1686-1739, Abbildung unten) auch über die Kurfürstin berichtet.

Max Emanuels Rückkehr nach München und seine zweite Regierungszeit in Bayern wird vom Ausgleich mit Kaiser Karl VI. bestimmt. Auf künstlerischen Gebiet erlebt München eine neue Blütezeit. Vor allem werden die 1704 eingestellten Arbeiten an Schloss Schleißheim und den dortigen Parkanlagen wieder aufgenommen und bis zum Tod des Kurfürsten am 16.2.1726 fortgeführt. Die öffentliche Wahrnehmung der Kurfürstin Therese Kunigunde hat sich durch ihr Exil und die kaiserliche Zwangsverwaltung, die als Rechtsbruch aufgefasst werden, gewandelt. Ihr Schicksal „wird als Aufopferung für das Wohl des Kurfürstentums verstanden“ (Kägler, 2009). Das nach ihrer Rückkehr nach München von Joseph Vivien (1657-1734) geschaffene Ganzfigurenporträt (Abbildung unten) zeigt sie jetzt in klassischer Herrschaftspose, mit hermelinbesetztem Mantel und der auf der Krone liegenden rechten Hand. Sie wird zunehmend auch unabhängig von ihrem Mann gewürdigt, investiert gewinnbringend in Bergwerksprojekte und errichtet kirchliche und soziale Stiftungen. 1715 gründet sie in München das Servitinnen-Kloster im Herzogspital St. Elisabeth. Nach dem Tod des Kurfürsten und dem Regierungsantritt ihres ältesten Sohnes Karl Albrecht  (1697-1745, ab 1742 Kaiser Karl VII.) zieht sie sich als vermögende Witwe nach Venedig zurück. Sie stirbt dort am 10. März 1730 und wird in der Wittelsbacher Fürstengruft in der Münchner Theatinerkirche bestattet.

 

Axel Feuß, Dezember 2021

 

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