„Immer noch einiges im Argen“. Interview mit Holger Schlageter, Autor von „Unter deutschen Betten. Eine polnische Putzfrau packt aus“

Porta Polonica: Herr Schlageter, im Jahr 2011 konnten Sie schon auf eine Reihe von Buchpublikationen zurückblicken, darunter Ratgeber wie „Das Geheimnis gelassener Erziehung“ oder „Führen mit Zielen“. Wie sind Sie als promovierter Theologe und studierter Psychologe denn zu den polnischen Putzfrauen gekommen?
Holger Schlageter: Das Thema wurde mir regelrecht auf dem Silbertablett serviert. Einige meiner Freunde beschäftigten damals Putzfrauen aus Polen und ich habe immer wieder einmal mit einer von ihnen gesprochen. Dabei habe ich schnell gemerkt, dass die etwas zu erzählen haben. Etwas, das viel mehr Menschen interessieren sollte.
PP: Was genau meinen Sie damit?
HS: Na, stellen Sie sich einfach vor, Sie kommen ohne allzu große Sprach- und Kulturkenntnisse in ein Land, das Sie nur vom Hörensagen kennen und arbeiten dort in Privathaushalten ohne verbindliche vertragliche Regelungen. Das bringt eine ganze Menge mit sich.
PP: Was zum Beispiel?
HS: Na, die Putzfrauen zählen sicher zu einer Menschengruppe mit hoher Arbeitsethik, voller Mut, Neugier, Offenheit und dem Wunsch, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Gleichzeitig standen sie damals aus deutscher Sicht in Hinblick auf sozialen Status weit unten. Putzen gilt als niedere Tätigkeit, die rechtliche Situation der Beschäftigung war oft unklar, dazu die Sprachbarriere und unterschiedliche Mentalitäten – das erzeugt Reibungen. Außerdem hat es dazu geführt, dass sich manche Deutsche nicht gerade von ihrer besten Seite gezeigt haben. Die Putzfrauen, mit denen ich gesprochen habe, erzählten von Vorurteilen und herablassender Behandlung, von Unverschämtheiten und zu großer Vertraulichkeit. Aber natürlich gab es auch das Gegenteil: eine tolle Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Auf beiden Seiten hat man es eben mit Menschen zu tun.
PP: Aber was ganz konkret hat Sie persönlich so stark motiviert, ein ganzes Buch daraus zu machen?
HS: Zum einen hat mich das Thema „soziale Gerechtigkeit“ umgetrieben. Zum anderen habe ich als Psychologe einfach einen starken Stoff erkannt: Die Putzfrau, die aus vermeintlich niederem Status, den deutschen Bürger:innen den Spiegel vorhält. Das ist eine tolle und damals noch wenig erzählte Perspektive gewesen.