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Janusz Maria Stefański: Schlagzeugvirtuose und Mitbegründer des europäischen Jazz

Janusz Maria Stefański

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Janusz Maria Stefański
Janusz Maria Stefański

Janusz Maria Stefański wurde am 14.06.1946 in Kraków (Krakau) in eine Pädagogen- und Musikerfamilie geboren. Die Mutter, Ada Stefańska (1913-2007), stammte aus einer Lehrerfamilie und engagierte sich seit ihrem 15. Lebensjahr als Pfadfinderin. Sie leitete einen Pfadfindertrupp und 1945 übernahm sie die Ortsgruppe Kraków-Podgórze. Vater Ryszard Stefański (1918-2013) gehörte dieser Organisation schon vor dem Krieg an und blieb ihr auch nach dem Krieg treu. Von 1957 bis 1959 war er Leiter der Ortsgruppe Kraków-Podgórze, während er in der Verwaltung der Sodawerke „Solvay“ (Zakłady Sodowe „Solvay“) tätig war. Janusz hatte die beiden Brüder Wiesław Maria und Ryszard Maria sowie eine Schwester Krystyna.


Klavier und Schlagzeug

Janusz Stefański nimmt seine musikalische Ausbildung mit fünf Jahren an einer fortschrittlichen Musikschule für Klavier (Eksperymentalne Studium Gry na Fortepianie) in Kraków auf. Schon damals klimpert er spontan auf allen möglichen Gegenständen herum, die ihm in die Hände fallen, und zeigt dabei außergewöhnliches Rhythmusgefühl. Mit 14 Jahren wechselt er an die Staatliche Musikmittelschule (Państwowa Średnia Szkoła Muzyczna), um Schlaginstrumente zu lernen. Anschließend besucht er das Gymnasium.

Mit 16 schenkt ihm sein Vater die ersten Trommeln, auf denen er sofort Jazzklänge erzeugt. Begeistert von diesem Stil hört er ausländische Rundfunksender, die diese Musik spielen. Seine eigentliche Ausbildung als Jazzmusiker findet in der 1965 von Alojzy Thomys gegründeten ersten Jazzklasse am Staatlichen Musikgymnasium (Państwowe Liceum Muzyczne) in Kraków statt. Sein Klassenkamerad ist der spätere Saxophonist, genialer Geiger und Komponist Zbigniew Seifert. Der Jazz beherrscht das Leben der beiden jungen Männer. Nach der Schule besuchen sie den neuen Jazzclub Helikon.

Das Abiturzeugnis von Janusz Stefański aus dem Jahr 1966 weist rund 28 Unterrichtsfächer allgemeiner, pädagogischer und musikalischer Natur aus. Im Fach Jazzensemble steht die Note „sehr gut“. Das Schlagzeug war sein Hauptinstrument. Mit ihm erhielt er die Abiturnote „sehr gut mit Auszeichnung“.

Das Studium an der Krakauer Staatlichen Musikhochschule (Państwowa Wyższa Szkoła Muzyczna) ist eine logische Folge. Es dauert zwei Jahre länger als üblich (von 1966 bis 1973), da Janusz Stefański in dieser Zeit bereits sehr aktiv in der Musikszene ist.
 

Vielseitig und avantgardistisch

Stefański tritt schon als Gymnasiast in der Ewa Demarczyk Band auf der Krakauer Kabarettbühne „Piwnica pod Baranami“ auf und begleitet die Chansonnette auch bei Konzerten in Frankreich. Zudem entwickelt er eine Zusammenarbeit mit dem Ensemble der modernen Musik MW-2 von Adam Kaczyński, in dem er unter anderem Werke von Bogusław Schäffer und John Cage zur Aufführung bringt. Die Komponistin Krystyna Moszumańska-Nazar schreibt für Stefański die Stücke „Interpretacje“ (Interpretationen) und „Etiudy koncertowe“ (Konzertetüden), zwei Solowerke für Perkussion. Der Musiker trägt sie auf renommierten Musikfestivals vor, etwa anlässlich des „Warszawska Jesień 68“ (Warschauer Herbst 68) und des „Festiwal Muzyki Współczesnej“ (Festival Moderner Musik) in Wrocław (Breslau). Mit den „Etiudy na perkusję solo“ (Etüden für Perkussion) von Krystyna Moszumanska-Nazar gab Stefański am 19. November 1972 in der Krakauer Philharmonie das Abschlusskonzert seines Studiums.

Als geschätzter Interpret moderner Musik nimmt er 1968 und 1969, also noch als Student, zusammen mit dem Zbigniew Seifert Quartet (Jan Jarczyk, Jan Gonciarczyk) am Festival „Jazz nad Odrą“ (Jazz an der Oder) teil, bei dem die Formation den ersten Preis als Band und Stefański den ersten Solisten-Preis erhält. Dies wiederholt sich 1969 beim Festival im ungarischen Nagykörös. Das Seifert-Quartett ist die Visitenkarte der avantgardistischen Krakauer Jazzschule. Hier ist man auch bald der Meinung, dass die Band die Tonalität des polnischen Jazz verändert. In einem Interview im polnischen Magazin „Perkusista“ (Der Schlagzeuger) erinnert sich Janusz Stefański an sein damaliges Spiel mit der Combo wie folgt:

„Meine erste Bandstation war das Quartett von Zbyszek Seifert, mit dem wir untypische Jazzstandards spielten. Wir sprengten die Formen, brachen das Timing und bauten sie komplett auf unsere Art und Weise wieder auf. Dabei phrasierten wir sehr intuitiv. Es klang alles nicht so klar wie bei den amerikanischen Musikern. Erst später wussten wir, wie wir sie richtig zu interpretieren hatten. Mich hatte immer schon die Spielweise von Elvin Jones fasziniert und sie tut es bis heute. Um der Ästhetik seines Umgangs mit den Drums näher zu kommen, studierte und analysierte ich sein Spiel. Ich liebe es, mich durch den Taktstrich zu drängen, um zu synkopieren, und Lawinen dunkler Töne auszurollen, um Spannungsbögen zu erzeugen. Solche musikalischen Aktionen sind nur zusammen mit reifen, mutigen und starken Musikern, die gefühlsgeladen und beseelt sind, möglich.”

Im Zuge der Teilnahme am Warschauer Jazz-Festival „Jazz Jamboree 67“ beginnt Stefańskis langjährige Zusammenarbeit mit dem Jazzstudio des Polnischen Rundfunks (Studio Jazzowe Polskiego Radia) unter der Leitung von Jan Ptaszyn Wróblewski. Stefański beschränkt sich damals allerdings nicht auf Jazz. In diese Zeit fallen auch seine Aufnahmen mit Marek Grechuta und Czesław Niemen.