Kosmopolen in Bochum: Europäische Kultur mit polnischem Akzent aus dem Ruhrgebiet

Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012
Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012

Seit 2008 ist es auf Plakaten zu Konzerten, Lesungen und Ausstellungen zwischen Dortmund und Krefeld zu lesen: das Wort „Kosmopolen“, oft in der zackig-geschwungenen und selbstbewussten Magneto-Type. Was verbirgt sich dahinter und wieso verbindet es solch unterschiedliche Aktionen? Kosmopolen ist eine „Kulturmarke“, unter der sich ganz unterschiedliche Künstler*innen (aber nicht nur) aus dem Ruhrgebiet (aber nicht nur) mit polnischen Wurzeln (aber nicht nur) versammeln, um Kultur zu schaffen – aber, natürlich, nicht nur. Erwähnenswert sind etwa die Musik- und Leseveranstaltungen für Kinder „Kasienki & Tuwim“, das Musikfestival „New Polished Tunes“ und zahlreiche Autorentreffen und Lesungen.

Klingt vielseitig bis verwirrend? Umso mehr sollte man sich genauer ansehen, was hinter den Kosmopolen steckt, denn es gibt viele Spuren polnischer, deutscher und ruhrdeutscher Kultur zu entdecken.

 

Der Verein und die Initiative

Dass Kosmopolen ein eingetragener Verein (e. V.) war, sei eigentlich eine Formalität gewesen, erklärt Emanuela Danielewicz, die Gründungsmitglied und Vorsitzende bis zur Auflösung war. Praktisch war sie der Kopf und das Herz der Initiative. Überhaupt sei deshalb Initiative ein besseres Wort als Verein, das habe den Dünkel verstaubter Vereinsmeierei, erklärt die Fotografin, die ein Atelier und eine Galerie am Springerplatz 29a in Bochum hat. Manchmal benutzt sie auch das Wort Kollektiv, meist aber heißt es „die Kosmopolen“ hätten dieses oder jenes auf die Beine gestellt, dann sind einzelne Mitglieder gemeint.

Der Verein hatte zeitweise 35 Mitglieder, die meisten von ihnen Künstler*innen. Musiker*innen wie Vitold Rek, Robert Kusiolek und Benjamin Garcia; Autor*innen wie Artur Becker, Schauspieler*innen wie Joachim Król und Monika Bujinski.

Offiziell wurde der Verein 2019/2020 aufgelöst. Das mit der Vereinsmeierei hat anscheinend nicht so geklappt, obwohl die Veranstaltungen bisweilen immer größer und beliebter wurden. Aus dem jährlichen Innenstadtfestival „Bochumer Musiksommer“ etwa sind Kosmopolen nicht wegzudenken. Aber das Label lebt weiter. Es ist sogar eingetragene Marke: Kosmopolen®. Darum wird es bei zukünftigen Bochumer Musiksommern auch weiter eine von den Kosmopolen gestaltete Bühne geben.

Die Satzung des Vereins enthält die üblichen Phrasen eines Kulturvereinssatzung, die Behörden gerne lesen wollen: Die „Förderung von Kunst und Kultur“ sei ein Ziel. Interessanter sind drei weitere Punkte: die Mitglieder verstehen sich als „Wegweisende für die neue Generation verstehen in Musik, Kunst und Literatur“. Austausch und Offenheit sind ihnen dabei ganz besonders wichtig, denn „Innovation und Inspiration kommen immer von außen“. Darum wollte Kosmopolen den „Dialog zwischen dem, was war, dem, was ist, und dem, was sein wird, fördern“.[1]

Die Satzung sieht „die Förderung der Verständigung zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk“ vor, doch im Gespräch erklärt Emanuela Danielewicz, dass es um mehr geht. Die Ruhrgebietskultur, betont sie, sei ein verbindendes Element. Manche Kosmopolen sind in Deutschland geboren (so wie der Schauspieler Joachim Król, der gebürtiger Herner ist), andere kamen als Kinder nach Deutschland, wie Danielewicz selbst, die über Berlin schließlich in Bochum gelandet ist. Wieder andere kamen zum Studium (wie die Jazzsängerin Kasia Bortnik) oder als gestandene Erwachsene nach Deutschland. Andere haben keine polnischen Wurzeln, wie der Musiker Benjamin Garcia.

Keimzelle des Kooperative war Bochum, Wohn- und Wirkstätte von Vereinsgründerin Danielewicz. Andererseits sind nicht alle Mitglieder „Ruhris“ gewesen. So trugen sie aber immerhin die kosmopolnische Idee nach Hannover, Berlin und Köln. Und überhaupt sei das Polnische europäisch, wie später noch ausgeführt wird. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es für Danielewicz, die untergegangene jüdische Kultur sichtbar zu machen. Auch sie ist europäisch, und sie verbindet auch die deutsche und die polnische Kultur.

 

[1] Kosmopolen e. V., Satzung, in: Kosmopolen.org, Stand: 04.11.2017, http://kosmopolen.org/verein-organisation/.

Mediathek
  • Erster Vorstand, 2008

    Der erste Vorstand des Vereins Kosmopolen e. V., 2008.
  • Jazz in der Maschinenhalle, 2012

    Jazz in der Maschinenhalle der Zeche Hannover (LWL-Industriemuseum), 2012: Klaus Kugel, Mark Tokar und Robert Kusiolek.
  • Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012

    Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012.
  • Kasia Bortnik Trio, 2012

    Kasia Bortnik Trio, 2012.
  • Kasia Bortnik, 2012

    Kasia Bortnik, 2012.
  • Kasienki & Tuwim, 2012 Duisburg

    Kasienki & Tuwim, 2012 Duisburg.
  • Kasienki & Tuwim, 2012

    Kasienki & Tuwim, 2012.
  • Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012

    Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012.
  • Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012

    Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012.
  • Kosmopolen-Aktion im Künstlerhaus, Dortmund 2012

    Kosmopolen-Aktion im Künstlerhaus, Dortmund 2012.
  • Kasienki & Tuwim-Plakat, 2013

    Kasienki & Tuwim-Plakat, 2013.
  • "5 Jahre Kosmopolen"-Plakat, 2013

    "5 Jahre Kosmopolen"-Plakat, 2013.
  • Artur Becker: Die Kunst der Übersetzung, Bochum 2013

    Artur Becker: Die Kunst der Übersetzung, Bochum 2013.
  • Kosmopolen, 2013

    Die Kosmopolen in 2013.
  • Elena Chekanova, Plakat, 2014

    Elena Chekanova, Plakat, 2014.
  • Kasia Bortnik, 2014

    Kasia Bortnik von "Kasienki & Tuwim", 2014.
  • Kasienki & Benjamin, Plakat, 2014

    Kasienki & Benjamin, Plakat, 2014.
  • Katrin Mickiewicz von "Kasienki & Tuwim", Plakat, 2014

    Katrin Mickiewicz von "Kasienki & Tuwim", Plakat, 2014.
  • New Polish Tunes, Plakat, 2014

    New Polish Tunes, Plakat, 2014.
  • Vitold Rek & John Tchichai – The Polish Folk Explosion

    Vitold Rek & John Tchichai – The Polish Folk Explosion
  • Polski Bluesrap, Plakat, 2015

    Polski Bluesrap, Plakat, 2015.
  • Kroke, 2019

    Kroke, 2019.