Lukas Podolski – das polnische Herz des deutschen Fußballs

Lukas Podolski 2019
Lukas Podolski 2019

Sein sympathischer und vor allem in den Pressekonferenzen oft erlebbarer Ausspruch „Tor schießen und ab nach Hause“ (strzelić gola i do domu) stammt direkt aus der polnischen Straßenkickerszene. Seine Karriere als Fußballstar in Deutschland und seine mediale Präsenz in beiden Ländern sind einmalig. Ist staatlich geförderte Integration von Zugereisten heute noch notwendig? Diese Frage stellt sich gleichsam automatisch angesichts des Gesamtphänomens „Lukas Podolski“. Fußballweltmeister, Liebling der Sportpresse, Krisenmanager, Entertainer, medialer Star, Werbe-Ikone, Sprücheklopfer und rheinischer Lokalpatriot durch und durch – diese Attribute treffen wohl nur ungefähr das Profil des 1985 im polnischen Gliwice (dt.: Gleiwitz) als Łukasz Józef Podolski geborenen Kölners.

1987 kam die Familie Podolski aus dem polnischen Oberschlesien im Rahmen des Spätaussiedlernachzugs nach Deutschland. Sie lebte zunächst in Bergheim bei Köln. Der 2-jährige Lukas wurde allerdings polnisch sozialisiert und hat seine Bindung nach Polen nie verloren. Seine Großfamilie, die bis heute in beiden Ländern lebt, hat auf diesem Weg sicherlich eine entscheidende Rolle gespielt. Seine Eltern waren in Polen im Leistungssport tätig. Vater Waldemar wurde 1980 in Bytom (dt.: Beuthen) mit dem Verein Szombierki Bytom polnischer Meister, die Mutter spielte Handball im Verein Sośnica Gliwice in Podolskis Wohnbezirk in Gliwice. Es ist also kein Wunder, dass der heranwachsende Lukas in seiner neuen Heimat rasch den Weg zum Leistungssport gefunden hat. Nach dem fußballerischen Anfang in Bergheim wechselte er als 10-Jähriger in die Jugendmannschaft des 1. FC Köln. Hier begann sein sagenhafter Aufstieg als Angreifer. Hier fand er seine sportliche Heimat und das Sprungbrett in das Profilager der Bundesliga. Bald wurde er für den Kölner Verein unverzichtbar und genoss bereits in jungen Jahren einen Status, der später zur Legende werden sollte.

Schon als 17-Jähriger war er als Nationalspieler im Gespräch und stand vor der Entscheidung, für welches der beiden Länder, Deutschland oder Polen, er spielen sollte. Immer wieder hat er später behauptet, dass ihm der polnische Fußballverband zur damaligen Zeit kein Angebot gemacht hat. Seit 2004 spielt „Poldi“ folglich regelmäßig für die deutsche Nationalmannschaft, mit der er als Krönung seiner Kariere 2014 Weltmeister wurde. Unvergesslich bleibt sein letztes Tor für Deutschland im Freundschaftsspiel gegen England 2017, das gleichzeitig seinen Abschied aus dem Nationalteam markierte: Seine gewaltige Schusstechnik demonstrierte er noch einmal eindrucksvoll mit einem unhaltbaren Tor aus der Distanz. Wie er die markante Wucht der leichten Beugung im kurzen, aber explosiven Anlauf beim Schießen nutzte, wird sicher in die Lehrbücher des Fußballs als Podolski-Moment eingehen.

Nicht weniger beeindruckend ist seine Karriere im Profifußball. Nach den sportlichen Stationen u.a. beim 1. FC Köln, bei Bayern München, Arsenal London, Inter Mailand und Galatasaray Istanbul hat er allerdings immer wieder betont, dass er sich gut vorstellen könne, eines Tages im polnischen Kultverein Górnik Zabrze (auf Deutsch wörtlich: Bergmann Hindenburg) in der Nachbarstadt seines Geburtsortes zu spielen. 2021 hat sich sein Traum verwirklicht.

Inmitten seiner sportlichen Karriere galt Poldi immer wieder als Vorbild im Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund gerade im „Meltingpot“ Köln. Stets mit Charme, Humor und medialem Können engagierte er sich dort vor allem für die Straßenkickerszene unter den Zugereisten und sozial Schwachen. Dies sicherte ihm eine geradezu unglaubliche Beliebtheit und Popularität, die immer noch legendär ist. Diesen Umstand wusste er offenbar auch im unternehmerischen Bereich gut zu nutzen: Bei der Eröffnung seiner Eisdiele in Köln musste die Verwaltung wegen des großen Andrangs Platzverweise erteilen.

Bei der teilweise ausufernden Euphorie um seine Person ist Poldi dabei immer bodenständig und sympathisch geblieben und hat sich letztendlich von den Medien nicht vereinnahmen lassen. Auch dann nicht, als Vorwürfe laut wurden, seine Rolle in der Nationalmannschaft gleiche einem gut gelaunten Maskottchen. Durch seine sportlichen Leistungen und unzählige spektakuläre mediale Auftritte hat Podolski gekonnt das Gegenteil bewiesen und sein Image endgültig etabliert: als Sympathieträger mit polnischem Touch. Dazu gehören nicht nur seine klassische rheinische Frohnatur, sondern eben auch ein Stück polnischer humorvoller Optimismus mit einem starken Gefühl fürs Absurde, der oft unverbesserlich, aber stets authentisch wirkt.

Eine Persönlichkeit mit einem derart ausgeprägten Charakter war nicht nur in den sehr oft angespannten deutschen Fußballkreisen ein erfrischendes Novum. Sie bedeutete gleichzeitig eine Eigenschaft, die sich insbesondere bei den sportlichen Herausforderungen und in Krisensituationen sehr oft bezahlt gemacht hat. War dies auch Podolskis Anteil am Weltmeister-Titel der deutschen Fußballnationalmannschaft 2014?

Lukas Podolski wird nicht nur in Deutschland und Polen geachtet, geehrt und geliebt: Den Wikipedia-Beitrag über ihn gibt es in 67 Sprachen.

 

Jacek Barski, November 2022

 

Die offizielle Website von Lukas Podolski: https://www.lukas-podolski.com/