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Maksymilian Gierymski

Andrzej Mniszech (1823-1905): Maksymilian Gierymski. Posthumes Porträt, 1878. Öl auf Holz, 61,5 x 58,5 cm.

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Andrzej Mniszech (1823-1905): Maksymilian Gierymski. Posthumes Porträt, 1878. Öl auf Holz, 61,5 x 58,5 cm.
Andrzej Mniszech (1823-1905): Maksymilian Gierymski. Posthumes Porträt, 1878. Öl auf Holz, 61,5 x 58,5 cm.

Tatsächlich bezeichnet man als Staffage „belebende, oft symbolisch gemeinte Menschen- und Tierfiguren, die das Bild bereichern, Tiefenabstände verdeutlichen und die Bedeutsamkeit des Bildes hervorheben können.“[7] Staffagen, die in Landschaftsgemälden des 18. und 19. Jahrhunderts in der Regel sehr viel kleiner ausfallen, sind Gierymskis Reiterszenen jedoch keineswegs. Seine Motive aus den polnischen Aufständen von 1830/31 und 1863/64 wie „Reiterangriff der Artillerie“ (Abb. 1), „Aufständischer von 1863“ (Abb. 6), „Ulan mit Depesche“ (Abb. 7) und „Patrouille der Aufständischen“ (Abb. 15) gingen auf eigenes Erleben zurück. Und nicht zuletzt waren diese Motive beim Münchner Publikum, das sie gleichermaßen als dokumentarisch wie „exotisch“ empfand, beliebt. Józef Brandt war mit ähnlichen Sujets berühmt und wohlhabend geworden. Schnell in Mode kamen auch Gierymskis „Zopfbilder“, also die Jagdszenen in Kostümen des 18. Jahrhunderts, weil der sogenannte „Zopfstil“, der Dekorationsstil des 18. Jahrhunderts, in den Interieurs des wohlhabenden Bürgertums als „Zweites Rokoko“ gerade modern geworden war.

Aber Gierymskis historische Reiterszenen waren nicht nur ein Zugeständnis an den Geschmack des Publikums. Er selbst wäre am liebsten, wie Aßmus berichtet, „Historienmaler geworden. Seine Ideale waren die Werke Peter v. Cornelius‘, Alfred Rethels, W. v. Kaulbachs und M. v. Schwinds, in denen sich die Größe der künstlerischen Gedankenwelt offenbart. Voll Begeisterung für ihre Werke hätte er diesen Meistern gern nachgestrebt.“[8] Sein Entwurf für die Szene vor dem Wirtshaus von Soplicowo (Abb. 3) nach dem polnischen Nationalepos „Pan Tadeusz oder Der letzte Einritt in Litauen“ (Pan Tadeusz, czyli Ostatni zajazd na Litwie) von Adam Mickiewicz (1798-1855) belegt diese Vorliebe. Besonderes Interesse entwickelte er auf Anraten seines Lehrers Franz Adam für die Malerei des französischen Schlachtenmalers Ernest Meissonier (1815-1891),[9]  eine Nähe, die auch den Zeitgenossen nicht verborgen blieb.[10]

Richtig ist aber auch, dass Gierymski eine besondere Vorliebe für die Darstellung der Natur entwickelte. Aßmus erinnerte sich: „Er sucht nicht lange nach Motiven zu seinen Bildern; meistens waren es die einfachsten Sujets, die er behandelte und an denen hundert andere Künstler gleichgültig vorübergingen. Befand man sich mit ihm im Walde oder auf der Landstraße […], so blieb er plötzlich stehen […] und schaute auf das Motiv, welches sich ihm gerade zeigte. Dann leuchteten seine Augen freudig beim Anblick der Natur: O wie schön, wie schön, rief er aus mit einer Erregung, mit einem kindlichen Entzücken, das aus dem innersten Herzen kam.“[11] Und später: „Gierymski pflegte öfters zu sagen, Bilder müssten auf den Beschauer den Eindruck machen, als ob dieser im Zimmer plötzlich das Fenster geöffnet hätte, hinaus in die Natur sehe und durch ihren Anblick überrascht werde. ‚Ah, das ist wie die Natur!‘ Ihm galt die möglichst treue Darstellung der Natur als die wichtigste Aufgabe, und insofern zählt G. zu den Realisten.“[12]

Die Realisten, das gilt bis heute als Terminus für die Maler der französischen Schule von Barbizon, Rousseau, Dupré, Daubigny, Diaz, Corot und Millet, die 1830 die Pariser Akademie verließen, um im Dorf Barbizon im Wald von Fontainebleau direkt vor der Natur zu malen und das einfache Landschaftsmotiv, die Paysage intime, in ihren Bildern festzuhalten. Wenn die deutschen Künstler nicht in Paris gewesen waren, so konnten sie die Gemälde der französischen Realisten und ihrer Nachfolger spätestens auf der I. Internationalen

[7] Lexikon der Kunst in fünf Bänden, herausgeben von Ludger Alscher und anderen, Band IV, Westberlin 1981, Seite 647

[8] Nekrolog 1874, Seite 358

[9] Vergleiche Ausstellungs-Katalog Maksymilian Gierymski, Krakau 2014, Seite 80

[10] „Nicht selten wurde Gierymski der Vorwurf gemacht, er behandle die Wiedergabe der Natur zu photographisch und lehne sich zu sehr an Meissoniers Werke an.“ (Nekrolog 1874, Seite 377)

[11] Nekrolog 1874, Seite 377

[12] Nekrolog 1874, Seite 378