Margarete Stokowski

Margarete Stokowski
Margarete Stokowski

Mit ihrer unverblümten Sprache, ihren kompromisslosen Meinungen und den kontroversen Themen wurde Stokowski schnell zu einer bekannten Feministin. Ihre Bücher stehen wochenlang auf den obersten Plätzen der Bestsellerlisten und sie wird gern zu Interviews und als Kommentatorin aktueller gesellschaftlicher Debatten eingeladen, wobei sie sich nicht nur darauf beschränkt, feministische Positionen zu besetzen. Phänomene wie Rassismus und Rechtspopulismus, aber auch der Klimawandel sind ihr ebenso wichtig. Einige Kritiker vergleichen Stokowski mit Alice Schwarzer, der Vorreiterin des deutschen Feminismus. Tatsächlich aber ist die Beziehung der beiden Frauen ziemlich unterkühlt: Stokowski wirft Schwarzer offen Rassismus und Islamophobie vor, indem sie die Aussagen der Nestorin der Frauenbewegung über den politisierten Islam und seinen Einfluss auf Deutschland und Europa in diesem Sinne kommentierte. Alice Schwarzer wiederum, pikiert über ihre von Stokowski wohl als Satire gemeinte Überzeichnung einer gebrechlichen Alten, die sich auf den Sesseln in Fernsehsendungen wundgesessen habe, hielt der jungen Feministin Frauenhass vor.

In ihren Beiträgen widmet sich Stokowski jedoch nicht nur eindeutig feministischen Themen, sondern auch solchen, die Probleme sozialer Ungleichheiten in anderen Lebensbereichen betreffen. So setzt sie sich in einem ihrer Texte mit dem Mythos der erwünschten Zweisprachigkeit auseinander und stellt dort fest, dass es in Deutschland „gute“ und „schlechte“ Sprachen gebe. In diesem Beitrag drücken sich die eigenen schmerzlichen Erfahrungen der Autorin aus: Als Kind dachte ich lange Zeit, bilingual aufzuwachsen heißt, dass man außer Deutsch auch noch Französisch oder Englisch zu Hause spricht und nicht das, was die ‚Polacken‘ und ‚Kanaken‘ tun. ‚Bilingual‘ klang wie etwas Wertvolles, während ich als Kind das Gefühl hatte, dass meine Muttersprache etwas ist, was ich besser loswerden sollte.[6]

Das zweite Buch von Margarete Stokowski, „Die letzten Tage des Patriarchats“, erschien im Oktober 2018 und enthält 75 Kolumnen und Essays aus den Jahren 2011 bis 2018, die vornehmlich für die „taz“ und „Spiegel Online“ geschrieben wurden. Diese Auswahl spiegelt deutlich die Entwicklung der Feministin wider. Die Texte decken die ganze Bandbreite von der ersten sexuellen Erfahrung bis zur Teilnahme an gesellschaftlichen Debatten wie „Regretting Motherhood“ (Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen) und die #MeToo-Bewegung ab. Im letzten Fall polemisiert Stokowski mit der These, dass einige Kommentatoren im Unrecht seien, wenn sie meinten, dass der in der Filmbranche ausgelöste Diskurs über den sexuellen Missbrauch von Frauen lediglich ein Luxusproblem privilegierter Schichten sei. Sie konstatiert: „Auch eine gebildete weiße Frau darf sich beschweren.“[7]

Im Vorwort zu diesem Buch verweist Margarete Stokowski auf einen weiteren Aspekt unserer Zeit: Hassreden. Mit diesen Auswüchsen wird die Autorin sowohl im Internet als auch im Alltag konfrontiert. „Es gibt Leser, die ihre Mutmaßungen zu psychiatrischen Diagnosen aufschreiben oder sie schicken Beleidigungen oder Drohungen, teilweise von ihren beruflichen Mailadressen, als Ingenieur, Anwalt oder Hochschuldozent. (…) Zynischerweise kommen die meisten Gewaltdrohungen nach Texten über Gewalt (dicht gefolgt von Migrationsthemen).“[8]

Margarete Stokowski besitzt jetzt schon einen hohen Wiedererkennungswert und sie blickt auf viele Erfolge zurück, doch sie scheint sich nichtsdestotrotz immer noch weiterzuentwickeln. Der Feministin gelingt es, in ihren Texten bewusst zu provozieren und in einer sehr direkten Art und Weise schwierige Fragen zu stellen. Indem die Autorin ihre Beobachtungen mit einer großen Dosis Ironie würzt, beweist sie, dass sich Humor, Wut und gesellschaftlich relevante Themen nicht ausschließen müssen.

 

Monika Stefanek, April 2019

 

[6] M. Stokowski, Gute Sprachen, schlechte Sprachen. In: Spiegel Online, vom 27.11.2018, https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/deutsch-tuerkisch-polnisch-g…

[7] M. Stokowski, Uns geht’s nicht gut. In: Spiegel Online, vom 14.08.2018, https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/aufschrei-metoo-metwo-kritik…

[8] M. Stokowski, Die letzten Tage des Patriarchats, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018, Seite 16f und 19.