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Polens Weg in die Freiheit auf den SPIEGEL-Covern 1980 bis 1990

Titelseite DER SPIEGEL 34/1980

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Titelseite DER SPIEGEL 34/1980
Titelseite DER SPIEGEL 34/1980

In den letzten Wochen der 1980er Jahre erscheint eine Serie aus fünf umfangreichen Beiträgen, die einen detaillierten Einstieg in die polnische Thematik bietet. Die Artikel stellen gewissermaßen einen geschichtsphilosophischen Filter dar, durch den die Redaktion die damalige Situation in Polen sah. Aus heutiger Sicht scheint die Artikelfolge, die unter dem Generaltitel „Wie Polen verraten wurde“[14] in fünf aufeinander folgenden Ausgaben publiziert wurde, fast eine prophetische Vorwegnahme der Brisanz der Veränderungsprozesse zu sein, die von den Ereignissen im August 1980 in Danzig (Gdańsk) ausgingen. Geboten wurde eine umfangreiche Analyse des polnischen Staatswesens in der jüngeren Geschichte des Landes, und zwar von der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1918 über den Hitler-Überfall 1939 bis hin zu der Neuordnung, die sich im Zuge der Konferenzen der „Großen Drei“ [Siegermächte - Anm. der Übers.] herausgebildet hatte. Abgesehen von dieser Rekonstruktion der Geschichte des polnischen Staats nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bieten die Artikel außerdem einen ebenso treffenden geopolitischen Abriss, in dem sich das tragische Schicksal des polnischen Staats in Folge der gegensätzlichen Interessen der Supermächte ergibt. Die Metaebene des historischen Prozesses und der geopolitischen Bedingungen, die dem Leser in dieser Artikelserie nahegebracht wurden, setzte den interpretatorischen Rahmen für die aktuelle, fast wöchentliche Berichterstattung aus Polen. Die Ursachen und Folgen der damaligen Geschehnisse ließen sich nicht mehr nur auf interne Krisen in der Gesellschaft, im Parteiapparat oder in der politischen Opposition reduzieren, sondern sie gingen in einem größeren Überbau politischer Interdependenzen der Supermächte auf. Das Interesse der Redaktion an polnischen Themen resultierte aber auch aus den Strukturen des Magazins. Der SPIEGEL hatte keine feste Kolumne, die sich mit Polen befasste. Die Häufigkeit der Berichterstattung orientierte sich daher an der Relevanz der gesellschaftspolitischen Ereignisse. Dabei war die Aufnahme polnischer Themen naturgemäß auch dem Wettlauf um gute News geschuldet, so dass es in Zeiten von Spannungen und Unruhen viel über Polen zu lesen gab und entsprechend weniger, wenn sich nichts Außergewöhnliches tat. Dieser Trend trifft sowohl auf die redaktionelle Berücksichtigung als auch auf die Titelseiten zu.

Vor diesem Hintergrund sucht man in den 20 Jahren seit der Gründung des Magazins vergeblich Artikel und Titelseiten, die sich unmittelbar und nur auf polnische Themen beziehen. Im kollektiven Gedächtnis der Deutschen lebt vor allem das Cover fort, das den symbolträchtigen Kniefall des Kanzlers der Bundesrepublik zeigt. Die schwarz-weiße Fotografie von Willy Brandts großer Geste 1970 in Warschau (Warszawa) zählt zu den am meisten gedruckten Pressefotos überhaupt und ist bis heute eines der bekanntesten Bilder des deutschen Kanzlers. (Abb. 5) Auch die Wahl eines Polen zum Papst wurde vom SPIEGEL mit einer Titelseite gewürdigt. Mit dem Porträt von Karol Wojtyła auf dem Cover der Ausgabe 43/1978 wird der Kardinal den deutschen Leser*innen direkt nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche vorgestellt. Dabei lässt die damals gewählte Überschrift: „Der Papst aus Polen – die Kommunisten herausgefordert“ keine Zweifel daran, dass der Ausgang des Konklaves von der Redaktion des Magazins auch in seiner politische Bedeutung für Polen und den ganzen Ostblock wahrgenommen wurde. (Abb. 6) Dem polnischen Papst wurden mehrere Titelseiten gewidmet. Eine weitere Gelegenheit ergab sich anlässlich der Pilgerreise, die Papst Johannes Paul II. vom 2. bis zum 10. Juni 1979 nach Polen unternahm. Dies war das erste Mal in der Geschichte des Heiligen Stuhls, dass sein Hüter in ein kommunistisches Land fuhr. Das Cover der Ausgabe 23/1979 vom 4. Juni drückt sowohl die symbolisch-religiöse als auch die politische Dimension aus, die dem Hamburger Magazin natürlich nicht entging. (Abb. 7)

Anfang der 1980er Jahre nahm das Interesse an polnischen Themen zu. Zwischen 1980 und 1990 widmete das Magazin fast 13 Titelseiten der gesellschaftlich-politischen Situation in Polen bzw. polnischen Persönlichkeiten. Allein 1980 nahm der SPIEGEL rund fünf Mal auf seinen Covern Bezug auf polnische Themen. Die Ereignisse an der polnischen Küste im August 1980 führten dazu, dass die westliche Presse und die westlichen Medien ihr Augenmerk auf die streikenden Arbeiter in den Staatsbetrieben im Norden des Landes richteten, insbesondere auf die Lenin-Werft in Danzig (Stocznia im. Lenina w Gdańsku). Das Titelthema der Ausgabe 34/1980 war eine schnelle Reaktion des Magazins auf die Streiks der Danziger Werftarbeiter und auf die gesellschaftliche Krise in Polen, die sich von Tag zu Tag verschärfte. Das Titelbild verarbeitet einen Ausschnitt aus einem Foto der Werftarbeiter bei einer Kundgebung. Über das Bild wurde die fett gedruckte Ankündigung des Titelthemas der Ausgabe gelegt: „Gierek in Not - Polens Arbeiter rebellieren“, wobei „Gierek in Not“ außerdem noch durch eine rote Unterstreichung hervorgehoben wurde. (Abb. 8)

 

[14] Wie Polen verraten wurde, fünfteilige Artikel-Serie, [in:] DER SPIEGEL, 48-52/1980.