Polens Weg in die Freiheit auf den SPIEGEL-Covern 1980 bis 1990
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Der sogenannte „Runde Tisch“ der politischen Opposition und der kommunistischen Regierung, der am 6. Februar 1989 offiziell eröffnet wurde, letztlich zu einem Durchbruch führte und die sukzessive Änderung des politischen Systems hervorrief, fand kein Interesse der Bildredaktion des SPIEGEL. Die westliche Öffentlichkeit und die westlichen Medien waren von der Gründung und der Entwicklung der Solidarność offenbar genauso überrascht, wie sie den Prozess des Niedergangs des kommunistischen Systems in den mittel- und osteuropäischen Staaten weitgehend vorausgesehen und wohl auch erwartet haben. Seit 1987 macht sich dann das Interesse an den Veränderungen, die nicht nur in Polen, sondern im ganzen Ostblock stattfinden, in den Prioritäten des Hamburger Magazins wieder mehr bemerkbar. Die demokratische Transformation in Mittel- und Osteuropa schritt vielerorts voran und strahlte breit aus. In diesem Kontext ist die letzte Titelseite, die sich der polnischen Thematik nur allgemein zuordnen lässt, als signifikant anzusehen. Papst Johannes Paul II. stand erneut im Mittelpunkt der Darstellung, die von dem bekannten französischen Schriftsteller und Illustrator Jean-Thomas „Tomi“ Ungerer geschaffen wurde. (Abb. 20) Sein Titelbild stellt eine Karikatur des damaligen Kirchenoberhaupts dar. Der Papst hält ein rosa Kondom in der Hand, dessen oberer Teil als Fratzenkopf stilisiert ist. Das Titelthema, in dem es in Hinblick auf die menschliche Sexualität kritisch um die herrschende Lehre der Kirche und des Papstes Johannes Paul II. geht, heißt „Der Papst und die Lust“. Alles in allem scheint es so gewesen zu sein, dass die politische und die gesellschaftliche Situation in Polen zu Beginn der 90er Jahre nicht so besorgniserregend war, dass sie auf das Cover der Zeitschrift hätte kommen können. 1989 und 1990 standen die sich immer mehr abzeichnende Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands, der Zerfall des Ostblocks sowie in dessen Folge auch das Auseinanderbrechen der UdSSR im Fokus der Bildredaktion des SPIEGEL.
Aleksander Gowin, Juli 2018
Quellen:
Stefan Aust (Hrsg.), Die Kunst Des Spiegel. Titel-Illustrationen aus fünf Jahrzenten, teNeues Publishing Group 2004.
Jochen Bölsche, Rudolf Augstein. Schreiben, was ist. Kommentare, Gespräche, Vorträge, Deutsche Verlags-Anstalt 2003.
Hans Dieter Jaene, Der Spiegel. Ein deutsches Nachrichten-Magazin, Fischer Bücherei 1968.
Dieter Just, Der Spiegel. Arbeitsweise – Inhalt – Wirkung, Verlag für Literatur und Zeitgeschehen 1967.
Peter Merseburger, Rudolf Augstein. Der Mann, der den Spiegel machte, Pantheon Verlag 2009.
Hans-Dieter Schütt, Oliver Schwarzkopf, Die Spiegel-Titelbilder 1947-1999, Schwarzkopf &Schwarzkopf Verlag 2000.
„Der Spiegel”, Sonderausgabe 1947-1997, Ausgabe 0/1997.