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Sławomir Elsner – Präzision und Unschärfe

Sławomir Elsner in der Schausammlung des Museums Wiesbaden, 2021 (im Hintergrund Alexej von Jawlensky: Spanierin, 1913)

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  • Abb. 1: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb.2: From the series entitled “Slawomir”, 1999 - Photograph, 12.5 x 19 cm
  • Abb. 3: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb. 4: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb. 5: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb. 6: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb. 7: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - 1999, Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb. 8: Aus der Serie „Slawomir“, 1999 - Fotografie, 12,5 x 19 cm
  • Abb. 9: Slawomir, 1999 - 20 Fotografien, je 12,5 x 19 cm, Courtesy of the Artist und Galerie Gebr. Lehmann
  • Abb. 10: 1. November, 1999 - Aquarell, 58 x 86 cm, Sammlung Jörg Johnen, Berlin
  • Abb. 11: Ausstellungsansicht - Von links: Feuerwerk und Luftabwehr #1, 2004; 270 Kilotons, 2007; A4 Blatt 131, 2015; A4 Blatt 42, 2010; Landschaft, 2003; Warszawa, 2009, Museum Wiesbaden, 2021
  • Abb. 12: Windows on the World 5, 2008 - Farbstiftzeichnung, 168 x 110 cm, Privatsammlung Berlin
  • Abb. 13: Windows on the World 9, 2010 - Farbstiftzeichnung, 168 x 110 cm, Privatsammlung Schweiz
  • Abb. 14: Ausstellungsansicht - Von links: Windows on the World 9, 2010; Windows on the World 4, 2008; Windows on the World 5, 2008; Museum Wiesbaden, 2021
  • Abb. 15: Ausstellungsansicht - Von links: Windows on the World 11, 2010; Just Watercolors (001), 2020; Museum Wiesbaden, 2021
  • Abb. 16: Ausstellungsansicht - Von links: Just Watercolors (081), 2021; Just Watercolors (072), 2020; Just Watercolors (077), 2020; Just Watercolors (080), 2020
  • Abb. 17: Just Watercolors (004), 2015 - Just Watercolors (004), 2015. Aquarell auf Papier, 168 x 110 cm, Courtesy of the artist
  • Abb. 18: Just Watercolors (070), 2020 - Aquarell auf Papier, 146 x 116 cm, Privatsammlung Schweiz
  • Abb. 19: Just Watercolors (078), 2020 - Aquarell auf Papier, 140 x 110 cm, Courtesy of the artist und Galerie Lullin + Ferrari, Zürich
  • Abb. 20: Ausstellungsansicht - Von links: Just Watercolors (050), 2018; Waldinneres bei Mondschein, 2019; Der Schmetterlingsfänger, 2021; Just Watercolors (078), 2020; Just Watercolors (073), 2020
  • Abb. 21: Just Watercolors (050), 2018 - Aquarell auf Papier, 164 x 164 cm, Courtesy of the artist
  • Abb. 22: Just Watercolors (063), 2019 - Aquarell auf Papier, 84,4 x 60 cm, Courtesy of the artist und Galerie Gebr. Lehmann, Dresden
  • Abb. 23: Ausstellungsansicht - Von links: Just Watercolors (050), 2018; Just Watercolors (063), 2019
  • Abb. 24: Ausstellungsansicht - Von links: Just Watercolors (050), 2018; Just Watercolors (063), 2019; Portrait einer bekannten Dame, 2020; Bildnis des Tänzers Alexander Sacharoff, 2019; Spanierin (Frau vor grauem Hintergrund), 2021
  • Abb. 25: Ausstellungsansicht - Von links: Portrait einer bekannten Dame, 2020; Bildnis des Tänzers Alexander Sacharoff, 2019; Spanierin (Frau vor grauem Hintergrund), 2021
  • Abb. 26: Selbstbildnis, 2021 (nach Jawlensky) - Farbstifte auf Papier, 53,5 x 48,5 cm (nach Alexej von Jawlensky, 1912, Museum Wiesbaden), Courtesy of the artist und Galerie Gebr. Lehmann, Dresden
  • Abb. 27: Liebespaar, 2021 (nach Mueller) - Aquarell auf Papier, 110 x 85 cm (nach Otto Mueller, 1917/1919, Museum Wiesbaden), Courtesy of the artist und Galerie Gebr. Lehmann, Dresden
  • Abb. 28: Ausstellungsansicht - Von links: Der Turm der blauen Pferde, 2016 (nach Marc); Liebespaar, 2021 (nach Mueller)
  • Abb. 29: Ausstellungsansicht - Von links: Waldinneres bei Mondschein, 2019 (nach Friedrich); Der Schmetterlingsfänger, 2021 (nach Spitzweg)
  • Abb. 30: Das Mädchen mit dem Perlenohrring, 2018 (nach Vermeer) - Farbstifte auf Papier, 44,5 x 39 cm (nach Jan Vermeer van Delft, um 1665, Mauritshuis, Den Haag), Sammlung Dr. Claar
  • Abb. 31: Das Mädchen mit den Perlenohrringen, 2018 (in Anlehnung an Vermeer) - Farbstifte auf Papier, 44,5 x 39 cm (in Anlehnung an Jan Vermeer van Delft, um 1665, Mauritshuis, Den Haag), Courtesy of the artist
  • Abb. 32: Allegorie der Liebe, 2020 (nach Bronzino) - Farbstifte auf Papier, 146 x 116 cm (nach Agnolo Bronzino, um 154/45, National Gallery, London), Privatsammlung München, Courtesy Lullin + Ferrari, Zürich
  • Abb. 33: Bildnis des Farbenhändlers, 2019 (nach Titian) - Farbstifte auf Papier, 138 x 116 cm (nach Tizian, um 1561/62, Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Kunstmuseum Bonn
  • Abb. 34: Farbstift-Enden #2, um 1989 - Farbstift-Enden auf einem Sockel, Courtesy of the artist
  • Abb. 35: Blick ins Atelier - Ausstellungsinstallation, Museum Wiesbaden, 2021
  • Abb. 36: Außenwerbung - Außenwerbung, Museum Wiesbaden 2021
Sławomir Elsner in der Schausammlung des Museums Wiesbaden, 2021 (im Hintergrund Alexej von Jawlensky: Spanierin, 1913)
Sławomir Elsner in der Schausammlung des Museums Wiesbaden, 2021 (im Hintergrund Alexej von Jawlensky: Spanierin, 1913)

Lichtphänomene stehen auch im Zentrum mehrerer Serien von Farbstiftzeichnungen, die zwischen 2003 und 2010 nach eigenen oder fremden Fotografien entstanden und von denen einzelne Beispiele in der Wiesbadener Ausstellung zu sehen sind. Die abgebildeten Lichtspektakel gehen auf Katastrophen zurück wie die neunzehnteilige Serie „Landschaft“ (2003) und die 2004-05 entstandene zwölfteilige Folge „Feuerwerk und Luftabwehr“, die nach Aufnahmen von Silvesterfeuerwerk und nach Kriegsfotografien aus dem Kosovo und dem Irak gezeichnet sind. Letztere zeigen abwechselnd und in mittelgroßem Format Licht- und Farbeffekte von friedlicher Pyrotechnik und von kriegerischen Handlungen, die kaum voneinander zu unterscheiden sind. 2005-07 übertrug Elsner in siebzehn Arbeiten mit dem Serientitel „Unsere Sonnen“ die Lichterscheinungen von Atomexplosionen aus Pressefotos in das Medium der Farbstiftzeichnung. Analog zu den Fotografien bleiben die vom gleißenden Licht überstrahlten Flächen weiß, wie die in der Ausstellung gezeigte Arbeit „270 Kilotons“ zeigt. Das Bild eines in dunkler Nacht in Warschau brennenden Automobils gehört zu einer 2009 entstandenen dreiteiligen Serie mit dem Titel „Paris, Berlin, Warszawa“ (alle Abb. 11 . ). Mit lapidaren Titeln, die alle Möglichkeiten der Interpretation offen lassen, arbeitet Elsner hier an einer Ästhetik des Schreckens, deren Thematik an Andy Warhols Serie „Death and Disaster“ (1962-65) und vor allem an dessen mehrfach variierte und ebenfalls nach Pressefotos gearbeitete Siebdrucke „Atomic Bomb“ und „Car Crash“ erinnert.

Größere Distanz als nur durch die Titel schuf Elsner in seinen Arbeiten zu der im kollektiven Gedächtnis wohl am tiefsten verankerten Katastrophe der vergangenen Jahrzehnte, den Terroranschlägen auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001. Anstatt auf die bekannten Pressebilder der brennenden und schließlich einstürzenden Twin Towers griff er in seiner 2008 bis 2010 geschaffenen großformatigen Farbstiftserie „Windows on the World“ auf eigene, wenige Monate vor dem Anschlag entstandene Fotografien zurück. In der elfteiligen Serie, von der vier Arbeiten in Wiesbaden zu sehen sind (Abb. 12-15 . ), verwendete er Aufnahmen als Vorlagen, die er selbst 2001 aus den Fenstern des gleichnamigen Clubs Windows on the World im 107. Stockwerk des Nordturms der Gebäude in alle Himmelsrichtungen über New York sowie im Inneren des Bar-Restaurants fotografiert hatte. Auch hier bilden die Lichteffekte und die aus den Nachtaufnahmen resultierenden Unschärfen und Farbverfälschungen den Gesamteindruck.

Während sich Warhol in den Sechzigerjahren für die Popularisierung von Bildmedien und die aus ihnen entstehende Sensationslust interessierte und aus dieser Thematik neue ikonische Bildwelten schuf, analysiert man heute die Erzählstränge und Headlines schlagkräftiger Bilder in ihren Beziehungen zu den verschiedenen Ebenen des kollektiven Gedächtnisses. In der aktuellen überbordenden Medien- und Informationswelt stehen Bildikonen eher als Auslöser für Erinnerungen und Emotionen, zu denen sich in Printmedien und im Internet mehr oder minder austauschbare Erzählungen, Analysen und Subtexte hinzugesellen. Elsner hinterfragt und analysiert solche Bildikonen, Pressebilder und Privatfotografien mit künstlerischen Mitteln, indem er ihre Komposition, ihre Farbigkeit und ihren emotionalen Gehalt minutiös, in wochenlanger Arbeit und mit hoher Konzentration in dichte Schraffuren aus präzisen Linien mit immer neuen Farbstiften und in großes Format überträgt.