Menu toggle
Navigation

Wojciech Kossak: Erinnerungen, 1913

Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

Mediathek Sorted

Mediathek
Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913
Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

Im Winter 1895 erschien plötzlich Fałat im Galaanzug und kündigte den Besuch des Kaiserpaars an, das wenig später in Begleitung von Offizieren und Hofdamen erschien. Kossak, unvorbereitet und in farbverschmiertem Kostüm, sah sich genötigt, den Kaiser zu begrüßen und die Schlachtenkomposition zu erläutern (Abb. 4). Dieser, offensichtlich von der künstlerischen Arbeit beeindruckt, erinnerte sich nicht nur an ein Gemälde von Kossak, das er im Kunsthandel gesehen hatte, sondern auch an dessen Militärszene im Lainzer Arbeitszimmer des Kaisers von Österreich. Eine von Kossak kontrovers geführte Diskussion über historische Details der Schlacht an der Beresina und die Rolle der polnischen Reiterkorps, eigentlich eine schwere Verletzung der Etikette, ließ der Monarch wohlwollend über sich ergehen und honorierte so die Ehrlichkeit des Künstlers.

In der Folge kam der Kaiser häufiger zu Besuch um die Fortschritte am Panoramagemälde zu begutachten und äußerte schließlich den Wunsch, dass Kossak, der unmittelbar nach der Fertigstellung nach Polen zurückkehren wollte, in Berlin bleiben möge. Nachdem der Kaiser bei Hofdiners und diplomatischen Empfängen über das Panorama berichtet hatte, drängten Besucher aus Kreisen der Berliner Gesellschaft und des diplomatischen Korps in das Panoramagebäude. Vor allem Angehörige der österreichischen, russischen und französischen Gesandtschaften wollten erkunden, ob die Rolle ihrer jeweiligen Länder in dem gemalten Schlachtengeschehen nach ihren Vorstellungen geraten sei (S. 95-108).

In der Folge bestellte Wilhelm II. „eine ganze Serie größerer Schlachtenkompositionen“ bei Kossak, die sich mit Kampfereignissen zwischen Preußen und Frankreich aus dem Siebenjährigen Krieg und den Befreiungskriegen Preußens und Russlands gegen die napoleonische Vorherrschaft in Europa beschäftigen sollten (S. 108). Den ersten Auftrag, ein Gemälde über den Sieg Napoleons über den preußischen Marschall Gebhard von Blücher und das Korps des russischen Generals Sachar Olsufiew bei Champaubert, Kossaks spätere „Schlacht bei Étoges/Bitwa pod Étoges“ (1898, Abb. 5)[14], erhielt der Maler unmittelbar nach der Fertigstellung des Beresina-Paroramas per Brief während eines Ferienaufenthalts in Zakopane. Wieder studierte Kossak historische Literatur und reiste schließlich nach Paris, um von Château-Thierry aus die Route, die Napoleon über etwa vierzig Kilometer bis Étoges zurückgelegt hatte, mit dem Fahrrad nachzuvollziehen und sich die Schauplätze der Schlacht anzusehen (S. 111). Nachdem Kossak, zurück in Berlin, eine Skizze des Gemäldes angefertigt hatte, benachrichtigte er den Kaiser, der zusammen mit der Kaiserin, seinem jüngeren Bruder, Prinz Heinrich von Preußen, und dessen Gattin, Adjutanten und Hofdamen den Maler in dessen Atelier in Charlottenburg aufsuchte. Die Gesellschaft unterhielt sich nicht nur über den bestellten Entwurf, sondern auch über bereits fertige Gemälde von Kossak, die im Atelier ausgestellt waren und Schlachtenszenen zwischen der polnischen Armee und russischen Truppen während des Novemberaufstands 1830/31 zeigten (S. 114-119).

Auf weitere von Wilhelm II. bei ihm in Auftrag gegebene Gemälde geht Kossak hier nicht ein, auch nicht auf das Monumentalgemälde „Schlacht bei Zorndorf“ (1899), zu dem er den Auftrag noch während der Arbeiten an der „Schlacht bei Étoges“ im März 1898 erhielt.[15] Zur Abwicklung der neuen Aufträge stellte der Kaiser dem Maler ein Atelier unweit des Stadtschlosses, „einen prachtvollen, riesigen Saal im Schlösschen Friedrichs des Großen, ‚Monbijou‘, als Arbeitsstätte zur Verfügung“ (S. 114). Schloss Monbijou am nördlichen Ufer der Spree diente seit 1877 als Hohenzollern-Museum. In diesem Atelier entstanden in den folgenden fünf Jahren zwei Reiterporträts des Kaisers sowie sechs Schlachtengemälde.[16]

„Das Wohlwollen und die Huld des Kaisers wuchsen mit jeder Woche“, schreibt Kossak in dem Abschnitt „Ein Diner bei Hofe“, „mit jedem neuen für ihn gemalten Bilde, und seine Besuche in meinem Atelier wurden immer häufiger“ (S. 120). Ausdruck dieses „Wohlwollens“ war eine Einladung zum Abendessen ins Stadtschloss, bei dem außer dem Kaiserpaar und Kossak nur noch Hofdamen und Adjutanten anwesend waren. Das Tischgespräch drehte sich um die vom Kaiser geschätzten Schlachtenmaler der Zeit, Ernest Meissonier (1815-1891) und Adolph von Menzel (1815-1905), und die nach Ansicht des Kaisers verfehlte Ankaufspolitik des Direktors der Berliner Nationalgalerie, Hugo von Tschudi (1851-1911), der die französischen Impressionisten, Munch und Hodler bevorzugte (S. 125). Im Rauchzimmer, bei Likör und Zigarren, erlebte Kossak den Kaiser als interessierten und wissbegierigen Plauderer, der sich auch über die Musik in Europa zu unterhalten wusste und ihm schließlich im Stadtschloss die „Polnischen Kammern“ zeigte, die im 18. Jahrhundert für den Aufenthalt der sächsisch-polnischen Könige, Friedrich August des Starken und August III., geschaffen worden waren (S. 126). Abschließend berichtet Kossak über die abendlichen Gesellschaften der Fürstin Marie von Radziwiłł (1840-1915), geborene Comtesse de Castellane, im Palais ihres Mannes, des Fürsten Antoni Wilhelm Radziwiłł (1833-1904), eines Vertrauten Wilhelms I., am Pariser Platz, bei denen auch der Kaiser zugegen war (S. 127 f.).

 

[14] Das in Kossaks „Erinnerungen“ als „Gefecht vor dem Walde von Étoges/Odwrót Blüchera po bitwie pod Champaubert (walka o las d'Etoges)“ (dt. Der Rückzug Blüchers nach der Schlacht von Champaubert [Kampf beim Wald von Étoges]), in anderen Quellen als „Die Königsgrenadiere bei Etoges 1814“ (siehe unten, Anmerkung 16) bezeichnete Gemälde befand sich zuletzt in Privatbesitz und gehört zu den polnischen Kriegsverlusten des Zweiten Weltkriegs, http://www.dzielautracone.gov.pl/katalog-strat-wojennych/obiekt/?obid=62858

[15] Vergleiche Axel Feuß: Die Schlacht bei Zorndorf (1758), 1899, Seite 2, auf diesem Portal: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/wojciech-kossak-schlacht-bei-zorndorf-1758-1899?page=2#body-top. Der Entstehungsprozess des Gemäldes lässt sich anhand von nahezu täglichen Briefen von Kossak an seine Frau rekonstruieren, veröffentlicht von Kazimierz Olszański 1985 (siehe Anmerkung 13). Anna Baumgartner hat die Briefe ausgewertet und ins Deutsche übersetzt, Anna Baumgartner: Wojciech Kossak. Ein polnischer Schlachtenmaler am preußischen Hof in Berlin (1895-1902) zwischen Wilhelminismus, polnischem Patriotismus und dem Aufkommen der Moderne (unveröffentlichte Magisterarbeit, FU Berlin 2010). Vergleiche außerdem Anna Baumgartner: Ein polnischer Nationalmaler am preußischen Hof. Wojciech Kossak und sein wiederentdecktes Gemälde Schlacht bei Zorndorf (1899) , in: zeitenblicke 10, Nr. 2, [22.12.2011], http://www.zeitenblicke.de/2011/2/Baumgartner/index_html, Anm. 5, 7, 20.

[16] Meyers Großes Konversationslexikon, 6. Auflage, 11. Band, Leipzig/Wien 1905, Seite 529, Artikel „Kossak, Adalbert von, poln. Maler“, listet sieben dieser Gemälde auf: „Die Königsgrenadiere bei Etoges 1814“, „Die Attacke des Regiments Gardedukorps bei Zorndorf“, „Die 1. Leibhusaren bei Heilsberg 1807“, „Tod des Prinzen Ludwig Ferdinand bei Saalfeld“, „Die Leibgrenadiere bei Château-Thierry“, „Reiterbildnis des Kaisers in der Uniform der Königsulanen“, „Der Kaiser im Kaisermanöver in Westpreußen 1901“ (Online-Ressource: https://archive.org/details/meyersgrosseskon11meye/page/528).