Wildflecken

Kreuz auf dem Friedhof
Kreuz auf dem Friedhof

Ende März 1945 verließen die letzten Einheiten der Wehrmacht den Bereich des Übungsplatzes und ließen dabei verletzte deutsche Soldaten im Lazarett sowie einige hundert Kriegsgefangene zurück. Am 7. April erreichten Einheiten der 3. US-Armee das Gelände. Die amerikanische Militärverwaltung organisierte auf dem Kasernenbereich ein Lager für Displaced Persons (befreite Kriegsgefangene, ehemalige KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter). Im November 1945 kam das Lager unter die Verwaltung von der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) und dann 1947 der IRO (International Refugee Organization), einer Abteilung der UN, die mit der Betreuung der Ausländer, die sich infolge des Krieges in Deutschland befanden, und der Organisierung ihrer Rückkehr oder Emigration beschäftigt war. In den ersten Nachkriegsmonaten kehrten die Staatsbürger der Westalliierten in ihre Heimatländer zurück. Als danach Russen und Ukrainer in andere, national einheitliche Lager verlegt wurden, blieben ungefähr 20.000 Polen zurück. Sie stammten überwiegend aus den Ostgebieten des Landes, waren also in doppelter Hinsicht ihrer Heimat beraubt: zunächst wegen der deutschen und sowjetischen Aggression, dann infolge der Beschlüsse der Konferenz von Jalta.

Auf dem Friedhof ruhen in einzelnen Gräbern 544 Polinnen und Polen, 116 Erwachsene und 428 Neugeborene. Die zu Beginn schriftlich verfasste Liste der Bestatteten beginnt mit dem Namen:

 

OLSZEWSKI STANISŁAW

* 3.4.1907 Sługocinek (auf der Friedhofsliste Konin)

† 28.8.1945 Zugunglück auf der Heimfahrt

 

Über Jahrzehnte hinweg war das Thema von jenseits des Eisernen Vorhangs bestatteten Kriegsopfern ein unbequemes Thema für die Machthaber der Polnischen Volksrepublik und wurde nur marginal behandelt. Genaue Informationen über Stanisław Olszewskis letzte Ruhestätte erhielt seine Familie im Herbst 2008. Im November desselben Jahres besuchte die Tochter des Unteroffiziers zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern den Friedhof. Über 63 Jahre nach dem tragischen Tod erfüllte sich der langjährige Wunsch der Tochter, am Grab ihres Vaters zu beten.

In den 70er Jahren erneuerte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. den Friedhof, der zunehmend verfiel, und baute ihn um. Die Einzelgräber wurden auf dem gesamten Bereich durch eine Grünfläche ersetzt, auf dem Sockel des Kreuzes und einigen Metalltafeln wurden die Namen von 119 dort bestatteten Erwachsenen angebracht. Neben dem mit Kopfstein gepflasterten Weg befindet sich auf dem Rasen eine Informationstafel aus Metall mit folgendem Text auf Deutsch und Polnisch:

 

DEM GEDENKEN DER HIER RUCHENDEN 428 POLNISCHEN KINDER DIE AN DEN FOLGEN DES KRIEGES IHR KAUM ERWACHTES LEBEN LASSEN MUSSTEN

 

Eine Friedhofskapelle wurde errichtet, deren Inneres ein Wandgemälde ziert, das von Prof. Wejman von der Krakauer Universität entworfen und mit Hilfe seines Sohnes umgesetzt wurde. Das Hauptmotiv ist ein Friedensengel, der die Seelen der verstorbenen Kinder über die Mauer und den Stacheldraht in ein besseres Leben an der Seite Gottes des Vaters bringt.

 

Die Informationstafel hat einen Text auf Deutsch und Polnisch:

 

NACH DEM UNTERGANG DES DRITTEN REICHES MUSSTEN IN EINEM IRO-LAGER AUF DEM TRUPPENÜBUNGSPLATZ WILDFLECKEN DICHTGEDRÄNGT BIS ZU 20 000 POLEN ZUSAMEN LEBEN. VIELE KINDER WURDEN GEBOREN. 428 STARBEN IM ZARTESTEN ALTER. AUCH 116 ERWACHSENE ENTSCHLIEFEN. ACHTUNG VOR DEM MENSCHLICHEN LEBEN SCHUF IHNEN DIESE RUHESTÄTTE

 

Die Gesamtheit der Arbeiten, die das ursprüngliche Aussehen des Friedhofes veränderten, rundet der sogenannte Kreuzweg der Nationen ab, der aus zehn Stationen in Form von Steinplatten besteht, die den Weg zum Gelände säumen und der Opfer beider Weltkriege gedenken.

In den nahegelegenen Kasernen der Bundeswehr (Rhön-Kaserne) gibt es ein kleines Museum, das der Geschichte der Garnison, dem Übungsplatz, des ehemaligen Lagers für Diplaced Persons und dem polnischen Friedhof gewidmet ist.

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