Radwański, Paweł (Paul Radwański, Radwanski), polnischer Jurist, 1895-98 Mitglied des Reichstags des Deutschen Kaiserreichs. *11.1.1854 Groß-Chelm/Chełm Śląski, †5.8.1929 Pszczyna/Pleß. Sohn des Viehhändlers Florian R. und dessen Ehefrau Agata, geborene Pawiec. Selbst katholisch, legte er das Abitur an der Evangelischen Fürstenschule (später Königliches Gymnasium) in Pleß ab. Bereits als Jugendlicher war er von dem polnischen Sozialaktivisten Karol Miarka (1825-1882) beeinflusst und verbreitete dessen Schrift „Jezus, Maria, Józef!“ (1872) in den umliegenden Dörfern von Pleß, was die preußischen Behörden zum Einschreiten gegen die Familie veranlasste. 1878-81 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Breslau. Nach bestandenem Assessor-Examen in Berlin ließ er sich 1887 als Rechtsanwalt in Pleß nieder. Ab 1889 war er an der Gründung der ersten polnischsprachigen Zeitung in Ratibor/Racibórz, Nowiny Raciborskie, beteiligt, zu deren Mitherausgeber, Józef Rostek (1859-1929), er auch später eine enge Verbindung pflegte. Anfang der 1890er-Jahre war er Mitglied der Polnisch-Katholischen Gesellschaft in Oppeln/Opole. Nach dem Tod des Reichstagsabgeordneten der Deutschen Zentrumspartei für den Wahlkreis Pleß-Rybnik, Thaddäus Conrad (1862-1895), wurde R. von polnischen Aktivisten als Nachfolger vorgeschlagen und in der Wahl vom 24.10.1895 mit einem Wahlergebnis von 99,21 % im Wahlkreis Pleß-Rybnik für die Deutsche Zentrumspartei in den Reichstag gewählt. Während seine Wahl von der polnischen Presse als Votum für ein polnisches Schlesien gefeiert wurde, drohten führende Mitglieder der Zentrumspartei, darunter der schlesische Abgeordnete Franz Graf von Ballestrem (1834-1910), mit Widerstand und Rücktritt. Dem Reichstag gehörte R. bis zum Juni 1898 an, war Mitglied im Ausschuss für Petitionen und meldete sich zu landwirtschaftlichen Themen zu Wort. Als Rechtsanwalt verteidigte er polnische Bürger in Prozessen gegen die preußischen Behörden, darunter 1895 den Abiturienten und späteren Journalisten Adalbert/Wojciech Korfanty (1873-1939) und im Jahr darauf Mitglieder der polnischen Gesangsvereinigung Lutnia/Laute. 1898 zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück, unterstützte jedoch die polnische Jugendarbeit und war Mitglied in der Schlesischen Wissenschaftshilfe/Towarzystwo Śląskiej Pomocy Naukowej. Im Wahlkampf 1902/03 trat er für die Abspaltung des polnischen Wahlkomitees von der Zentrumspartei ein. 1922 wurde er vom neu errichteten polnischen Staat zum Notar ernannt.

Literatur: Amtliches Reichstags-Handbuch, Nachtrag für die 9. Legislaturperiode, Berlin 1896, Seite 22; Reichstagsprotokolle 1895-1918, Register 150, 161; Polski Słownik Biograficzny, Band 30, 1987, Seite 29

Online:

Adam Galos, auf Internetowy polski słownik biograficzny, https://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/pawel-radwanski

Genealogie auf Sejm Wielki, http://www.sejm-wielki.pl/b/psb.25216.1

Parlamentarierportal, BIORAB Kaiserreich, http://zhsf.gesis.org  

http://www.reichstag-abgeordnetendatenbank.de

http://www.reichstagsprotokolle.de

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Axel Feuß, Januar 2020

Radwański, Paweł (Paul Radwański, Radwanski), polnischer Jurist, 1895-98 Mitglied des Reichstags des Deutschen Kaiserreichs. *11.1.1854 Groß-Chelm/Chełm Śląski, †5.8.1929 Pszczyna/Pleß. Sohn des Viehhändlers Florian R. und dessen Ehefrau Agata, geborene Pawiec. Selbst katholisch, legte er das Abitur an der Evangelischen Fürstenschule (später Königliches Gymnasium) in Pleß ab. Bereits als Jugendlicher war er von dem polnischen Sozialaktivisten Karol Miarka (1825-1882) beeinflusst und verbreitete dessen Schrift „Jezus, Maria, Józef!“ (1872) in den umliegenden Dörfern von Pleß, was die preußischen Behörden zum Einschreiten gegen die Familie veranlasste. 1878-81 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Breslau. Nach bestandenem Assessor-Examen in Berlin ließ er sich 1887 als Rechtsanwalt in Pleß nieder. Ab 1889 war er an der Gründung der ersten polnischsprachigen Zeitung in Ratibor/Racibórz, Nowiny Raciborskie, beteiligt, zu deren Mitherausgeber, Józef Rostek (1859-1929), er auch später eine enge Verbindung pflegte. Anfang der 1890er-Jahre war er Mitglied der Polnisch-Katholischen Gesellschaft in Oppeln/Opole. Nach dem Tod des Reichstagsabgeordneten der Deutschen Zentrumspartei für den Wahlkreis Pleß-Rybnik, Thaddäus Conrad (1862-1895), wurde R. von polnischen Aktivisten als Nachfolger vorgeschlagen und in der Wahl vom 24.10.1895 mit einem Wahlergebnis von 99,21 % im Wahlkreis Pleß-Rybnik für die Deutsche Zentrumspartei in den Reichstag gewählt. Während seine Wahl von der polnischen Presse als Votum für ein polnisches Schlesien gefeiert wurde, drohten führende Mitglieder der Zentrumspartei, darunter der schlesische Abgeordnete Franz Graf von Ballestrem (1834-1910), mit Widerstand und Rücktritt. Dem Reichstag gehörte R. bis zum Juni 1898 an, war Mitglied im Ausschuss für Petitionen und meldete sich zu landwirtschaftlichen Themen zu Wort. Als Rechtsanwalt verteidigte er polnische Bürger in Prozessen gegen die preußischen Behörden, darunter 1895 den Abiturienten und späteren Journalisten Adalbert/Wojciech Korfanty (1873-1939) und im Jahr darauf Mitglieder der polnischen Gesangsvereinigung Lutnia/Laute. 1898 zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück, unterstützte jedoch die polnische Jugendarbeit und war Mitglied in der Schlesischen Wissenschaftshilfe/Towarzystwo Śląskiej Pomocy Naukowej. Im Wahlkampf 1902/03 trat er für die Abspaltung des polnischen Wahlkomitees von der Zentrumspartei ein. 1922 wurde er vom neu errichteten polnischen Staat zum Notar ernannt.

Literatur: Amtliches Reichstags-Handbuch, Nachtrag für die 9. Legislaturperiode, Berlin 1896, Seite 22; Reichstagsprotokolle 1895-1918, Register 150, 161; Polski Słownik Biograficzny, Band 30, 1987, Seite 29

Online:

Adam Galos, auf Internetowy polski słownik biograficzny, https://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/pawel-radwanski

Genealogie auf Sejm Wielki, http://www.sejm-wielki.pl/b/psb.25216.1

Parlamentarierportal, BIORAB Kaiserreich, http://zhsf.gesis.org  

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Axel Feuß, Januar 2020