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Wojciech Kossak: Erinnerungen, 1913

Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

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Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913
Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

Anders als die polnische (siehe PDF 1) erschien die deutsche Ausgabe ohne die Abbildung auf dem Einband, sondern als Halblederband mit marmorierten Buchdecken und ledernen Ecken (siehe PDF 2).[1] Bis auf einige Änderungen in der Kapiteleinteilung unterscheiden sich die beiden Ausgaben offenbar nur wenig. Sie sind durchgehend mit 92 (90) schwarzweißen Abbildungen illustriert, und zwar zeitgenössischen Fotografien, Reproduktionen von Gemälden, soweit sie in den textlichen Zusammenhang gehören, und eigens für die Buchausgabe geschaffenen Aquarellen und Skizzen, sowie mit 8 (9) Farbtafeln wiederum nach Ölgemälden des Künstlers. Beide Ausgaben sind seiner Mutter, Sophie von Kossak/Zofia z Gałczeńskich Juliuszowa Kossakowa, und seiner Frau, Marie von Kossak/Marya z Kisielnickich Wojciechowa Kossakowa, gewidmet, „den zwei polnischen Damen, die es verstanden haben, Künstlerfrauen zu sein“. Heute sind die Bände weltweit in mindestens einhundert Bibliotheken verfügbar.[2] Das Manuskript befindet sich in der Nationalbibliothek/Biblioteka Narodowa in Warschau im Wojciech-Kossak-Archiv/Archiwum Wojciecha Kossaka.[3]

Geboren wurde Wojciech Kossak[4] in der Silvesternacht 1856 in Paris, sein Zwillingsbruder Tadeusz (1857-1935) kurz darauf im neuen Jahr. Der Vater, Juliusz Kossak (1824-1899), hatte während seines Jurastudiums in Lemberg Malerei an der privaten Malschule des Porträt- und Genremalers Jan Maszkowski (1793-1865) studiert und war schon in jungen Jahren zum Porträt-, Jagd- und Pferdemaler avanciert. Nach der Heirat ging er 1855 nach Paris, wo er in den folgenden Jahren die Sammlungen der Museen studierte, enge Beziehungen zum Schlachtenmaler Horace Vernet (1789-1863) pflegte, mit einer Gruppe polnischer Maler unter der Leitung von Wojciech Gerson (1831-1901) arbeitete und wo seine Söhne, Wojciech, Tadeusz und Stefan, geboren wurden. Von 1861 bis 1868 war Juliusz Kossak künstlerischer Leiter der Zeitschrift Tygodnik Illustrowany in Warschau. 1868/69 studierte er erneut rund zehn Monate in München im Privatatelier des Schlachtenmalers Franz Adam (1815-1868) und pflegte dort intensiven Umgang mit den polnischen Malern Józef Brandt (1841-1915) und den Brüdern Aleksander (1850-1901) und Maksymilian Gierymski (1846-1874). Zurück in Polen siedelte er sich mit seiner Familie in Krakau an und wurde in der Folge als Historien- und Schlachtenmaler, Aquarellist und Illustrator bekannt.[5]

Vernet wurde Wojciechs Pate, „eine Art Verwandtschaft zwischen zwei bis jetzt in der Kunstgeschichte einzig dastehenden Malerdynastien“, wie Kossak schreibt (deutsche Ausgabe, S. 3). Schon seine frühesten Erinnerungen gelten dem Militär auf dem Vorplatz des Pariser Invalidenheims/Hôtel des Invalides, wo die kriegsversehrten Soldaten, illustriert in einem Gemälde von 1912, in den Kinderwagen des kleinen Wojciech schauten und mit dem masurischen Kindermädchen poussierten (Abb. 1). Der Vater pflegte Umgang mit alten, nach Frankreich emigrierten polnischen Politikern und Offizieren der polnischen Armee wie Fürst Adam Jerzy Czartoryski (1770-1861), Chef der polnischen Revolutionsregierung von 1830, oder General Władysław Zamoyski (1803-1868), dessen engem Vertrauten. Für den Vater waren „diese längst verschwundenen Soldatentypen ein unerschöpflicher Quell des Studiums“ (S. 7), die Erzählungen der alten Herren, vermutlich später vom Vater nacherzählt, für das Kind spannende Episoden aus der Hölle des Krieges.

Der Beginn der „Kindheitsjahre in Warschau 1863-1866“ war für den Fünfjährigen durch Scharen von wilden Reitern geprägt, die während des Januaraufstands mit riesigen Pelzmützen, Krummsäbeln und langen Pistolen unter dem Balkon des Elternhauses von der Neue-Welt-Straße/ul. Nowy Świat zur Krakauer Vorstadt/Krakowskie Przedmieście galoppierten (S. 24), eine Szene, die Kossak farbig mit einem ebenfalls 1912 entstandenen Aquarell illustriert (Abb. 2). Einem Bombenanschlag auf den russischen Statthalter, Friedrich von Berg (1794-1874), entgingen die Zwillinge nur knapp. Zahlreiche Verwandte schlossen sich dem Aufstand an. Denunziationen, Wohnungsdurchsuchungen, von denen auch die Familie Kossak nicht verschont blieb, Verhaftungen, Deportationen von Verbannten und öffentliche Hinrichtungen gehörten bald zum Warschauer Alltag. Auf dem Gymnasium skizzierte Wojciech Schlachten, Pferde und Kürassiere. Als 1867 Russisch als Unterrichtssprache eingeführt wurde, ging das Ehepaar Kossak nach Krakau um seine Kinder auf polnischen Schulen ausbilden zu lassen (S. 32).

 

[1] Die polnische Ausgabe wird in einem Exemplar der Boston Public Library von dem gemeinnützigen Internet Archive in San Francisco zur Verfügung gestellt, https://archive.org/details/wspomnienia00koss/page/n9. Auch eine Neuauflage ist erschienen: Kazimierz Olszański (Herausgeber): Wojciech Kossak. Wspomnienia, Warschau 1971. Die deutsche Ausgabe stellt die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts der Freien Universität Berlin als PDF-Download bereit, https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/21436. Der Einband dieses Exemplars ist sicher original, da gleiche Stücke auch im Antiquariatshandel angeboten werden. Bei dem vorliegenden Exemplar handelt es sich um NS-Raubgut aus dem Eigentum des jüdischen Wiener Industriellen Eugen Herz (1875 Wien - 1944 Rimsting), http://lootedculturalassets.de/index.php/Detail/Object/Show/object_id/241231. Im Rahmen der „Arisierungsmaßnahmen“ der Nationalsozialisten waren im April 1938 dessen Haus in St. Gilgen beschlagnahmt und seine Bibliothek „sichergestellt“ worden. Herz selbst befand sich aufgrund einer schweren Erkrankung zu dieser Zeit zu einer Kur am Chiemsee, wo er 1944 verstarb. Seine Bibliothek wurde im April 1940 von den nationalsozialistischen Organen „zur Veräußerung“ freigegeben (Buchraub in Salzburg. Bibliotheks- und NS-Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek Salzburg, herausgegeben von Ursula Schachl-Raber und anderen, Salzburg 2012, Seite 201-203). Die vorliegenden „Erinnerungen“ von Kossak gehörten ausweislich des auf dem Innendeckel aufgeklebten und 1923 von dem Wiener Künstler Richard Lux (1877-1939) geschaffenen Exlibris zur Bibliothek von Dr. Eugen Herz.

[2] WorldCat weist die polnische Ausgabe weltweit in 64, die deutsche Ausgabe in 30 bedeutenden wissenschaftlichen Bibliotheken nach, https://www.worldcat.org

[4] Vergleiche auf diesem Portal die Biografie von Wojciech Kossak in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/kossak-wojciech, sowie den Beitrag von Axel Feuß: Wojciech Kossak: Schlacht bei Zorndorf (1758), 1899, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/wojciech-kossak-schlacht-bei-zorndorf-1758-1899

[5] Andrzej Ryszkiewicz: Fortunat Juliusz Kossak, Internetowy polski słownik biograficzny, https://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/fortunat-juliusz-kossak