Menu toggle
Navigation

Wojciech Kossak: Erinnerungen, 1913

Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

Mediathek Sorted

Mediathek
Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913
Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

Das Kapitel „Krakau“ führt den Leser in die Zeit der ersten Studien an der Krakauer Schule für Zeichnung und Malerei/Szkoła Rysunku i Malarstwa, ab 1873 Schule der Schönen Künste/Szkola Sztuk Pięknych, die Wojciech besuchte, nachdem er das Gymnasium mit Erlaubnis des Vaters mit vierzehn Jahren verlassen durfte. Unter der Leitung des Historienmalers und Kunsthistorikers Władysław Łuszczkiewicz (1828-1900), dieser „ohne jedes künstlerisches Talent“, wie Kossak schreibt (S. 38), lernte der junge Kunststudent das Zeichnen und Malen nach männlichen und weiblichen Aktmodellen und nach der Natur. An der Schule herrschte eine lockere, fröhliche Atmosphäre. Die Studenten, deren Eltern nicht in Krakau wohnten, die junge polnische „Bohème“, lebten jedoch in bitterem Elend.

Schon nach einem Jahr brachte der Vater Wojciech zur weiteren Ausbildung nach München und stellte ihn dort „unter die Vormundschaft einer ganzen Plejade“ älterer polnischer Künstler wie Maksymilian Gierymski, Józef Brandt, Stanisław Witkiewicz, Józef Chełmoński und Władysław Czachórski, daneben „weniger bekannte, weniger berühmte“ wie Władysław Malecki, Ludwik Kurella, Antoni Kozakiewicz und Franciszek Streitt: „die angenehmsten Kollegen und Genossen, frei von jedem Berufsneid“. Außerdem nennt Kossak in seinem Kapitel „München“ jüngere polnische Maler, „die sich nach der Arbeit zu ihnen gesellten“: Alfred (Wierusz-)Kowalski, Henryk Piątkowski, Franciszek Kostrzewski, Stanisław Czachórski, Jan Rosen, Tadeusz Ajdukiewicz, Włodzimiersz Łoś, Wojciech Piechowski, Roman Szwoynicki, Antoni Piotrowski und Michał Pociecha. Unter ihnen habe eine „wundervolle Harmonie“ geherrscht, „die Älteren waren den Jungen aufrichtig gewogen und die Jungen fühlten das“ (S. 41).[6]

Zweimal am Tag, so Kossak, seien die Künstler ohne Ausnahme auf einen Kaffee im Café Carlsthor, abends auf eine Partie Billard im Café Tambosi[7] zusammengekommen. Mittelpunkt des Kreises sei der Maler Josef/Józef Brandt gewesen. Zu dieser Zeit sei das von Münchner Kunsthändlern geprägte Bildmotiv der „polnischen Landschaft“ aufgekommen und geradezu massenhaft verkauft worden: „Wer irgendeinen flachen Horizont mit grauem Himmel malte, hatte, wenn er das Ganze noch mit ein paar Wölfen aufputzte, ein sicheres Geschäft gemacht, wie immer die Arbeit auch beschaffen war.“ „Ungeheure Mengen“ solcher Landschaften seien nach Amerika exportiert worden. Viele Maler hätten sich „während dieser paar goldenen Jahre eine materielle Unabhängigkeit für den Rest ihres Lebens“ gesichert (S. 42). Er selbst habe die Münchner Kunstakademie, an der er bei Alexander Strähuber (1814-1882) studierte,[8] kaum verlassen und abwechselnd Szenen aus der antiken Mythologie und im Abendunterricht weibliche und männliche Akte gezeichnet (S. 43). Das Dienstjubiläum des Akademiedirektors Wilhelm von Kaulbach (1805-1874), das von den Studentenverbindungen gefeiert wurde, habe er ebenso erlebt wie zahlreiche Opernaufführungen und philharmonische Konzerte. Schließlich habe er „München ohne das geringste Bedauern, doch bereichert an technischem Wissen“, wieder verlassen (S. 44).

Etwas mehr als die Schilderung der künstlerischen Ausbildung in Krakau und München, nämlich zehn Seiten, nehmen Kossaks Erinnerungen an seine „militärische Dienstzeit“ 1876/77 ein, erwähnt deshalb, weil sie in der Entwicklung seiner „Eigenart als Maler eine entscheidende Rolle“ gespielt habe. Seine Schilderung des Militärdienstes „bei den Ulanen, einem echten polnischen Krakauer Regiment“ ist eine Huldigung an das „polnische Kavalleristen-Material an Menschen und Pferden“ (S. 47) und an einen besonderen polnischen Soldatentypus: wettergegerbt, voller Tatkraft und Entschlossenheit, mit achtsamem Auge, geradem Rücken und dem typischen „Masurenschnurrbart“, „das Pferd macht ihn gelenkig und behend“ (S. 49). Eine ausführliche Anekdote schildert Kossak und seinen Zwillingsbruder beim Exerzieren und Vorführen von Galopp, Attacke und Rückzug, wiederum illustriert mit passenden Aquarellen.

 

[6] Die Mehrzahl dieser in München arbeitenden und studierenden polnischen Künstler ist mit ausführlichen Biografien auf diesem Portal in der Encyclopaedia Polonica vertreten, aufgelistet unter https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/muenchner-schule-1828-1914. Mit den von Kossak genannten polnischen Künstlern der Münchner Schule befassen sich zahlreiche weitere Beiträge und Online-Ausstellungen auf diesem Portal: Polnische Künstler in München 1828-1914, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/polnische-kuenstler-muenchen-1828-1914; Aleksander Gierymski, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/aleksander-gierymski; Maksymilian Gierymski, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/maksymilian-gierymski; Alfred Wierusz-Kowalski, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/alfred-wierusz-kowalski; Józef Brandt, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/jozef-brandt; Ateliers polnischer Maler in München um 1890, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/ateliers-polnischer-maler-muenchen-um-1890

[7] Kossak schreibt „Tambozzi“, S. 42

[8] Kossak schreibt „Striehuber“, S. 43; außerdem studierte er bis 1876 bei Sándor (Alexander von) Wagner (1838-1919) und Wilhelm Lindenschmit (1829-95).