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Wojciech Kossak: Erinnerungen, 1913

Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

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Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913
Autor w r. 1895/Der Autor im Jahre 1895, Frontispiz in Wojciech Kossak: Wspomnienia, Warszawa, Lublin, Łódź, Kraków, New York 1913 und in Adalbert v. Kossak: Erinnerungen, Berlin 1913

Ohne Erwähnung in Kossaks „Erinnerungen“ bleiben seine Wiederansiedlung in Krakau und seine Aufenthalte in Wien 1903/04 und in London 1905-07. Erst die Vorbereitung und Durchführung des Huldigungsfestzugs anlässlich des sechzigsten Regierungsjahrs Kaiser Franz Josephs I. am 12. Juni 1908 in Wien schildert der Autor im vorletzten Kapitel (S. 303-316). Nach der Ermordung des Statthalters von Galizien, Andrzej Kazimierz Potocki (1861-1908), am 12. April des Jahres in Lemberg war der polnische Anteil an der historischen Sektion des Festzugs von den galizischen Verbänden abgesagt worden. Lediglich zwei ethnographisch motivierte Gruppen sollten Polen repräsentieren, eine „Krakauer Hochzeit“, vorbereitet durch die Maler Henryk Uziemblo (1879-1949) und Włodzimierz Tetmajer (1861-1923), und eine „Abteilung masurischer Reiter“, entworfen von Kossak (S. 304). Als der Wiener Festausschuss jedoch im historischen Teil des Zuges eine Gruppe zur Geschichte des polnischen Königs Johann III. Sobieski plante, wurde Kossak von galizischer Seite gebeten, nach Wien zu reisen, die Vorbereitung der Kostüme zu überwachen (S. 306 f.) und schließlich die polnische Abteilung in der Rolle König Johanns als Reiter anzuführen (Abb. 8). Anschaulich berichtet Kossak über die Gestaltung der Dekorationen, eine durch seinen Einsatz gescheiterte Intrige, die polnische Gruppe ans Ende des Marsches zu verbannen, sowie den festlichen Aufzug vor dem Kaiser auf dem Wiener Opernring (S. 308-315).

In einem abschließenden Kapitel berichtet Kossak ohne inneren Zusammenhang und genaue Datierung über seine Teilnahme an einem Kavalleriemanöver in dem galizischen Dorf Chłopy (heute Peremoschne) bei Komarno (heute im Rajon Horodok/Ukraine) unweit von Lemberg (heute Lviv), das Kaiser Franz Josef I. vermutlich im September 1907 mit vierzehntausend Mann abhalten ließ (S. 319).[22] Quartier nahm der Kaiser im Schloss des Grafen Karol de Brzezie Lanckoroński (1848-1933). Der greise Monarch begrüßte Kossak persönlich und zeigte sich über dessen Weggang aus Berlin hinreichend informiert (S. 321). Der Maler revanchierte sich mit einer Reihe aquarellierter Menükarten mit humorvollen Szenen „aus dem Soldaten- und Lagerleben“, die er täglich für den Kaiser anfertigte (S. 322). Bildreiche Beschreibungen der am Manöver beteiligten Reiter und Pferde gipfeln auch in diesem Kapitel mit Lobreden über die polnische Kavallerie, die Kossak österreichischen und preußischen Offizieren in den Mund legt (S. 324). Den Schluss bildet ein Brief des Adjutanten von Kaiser Wilhelm II., des späteren Generals August von Mackensen (1849-1945), der Kossak in Chłopy erreichte und in dem dieser Kossaks Gemälde „Die Leibgrenadiere bei Château-Thierry“ im Berliner Stadtschloss lobte: „Seine Majestät teilten mein Entzücken … Soll das Ihr letzter Pinselstrich zum Ruhme der preußischen Waffentaten sein?“ (S. 326)

Wer in Kossaks „Erinnerungen“ weitreichende Hinweise zu einzelnen Gemälden, zu dessen Malstil oder zu Kunstströmungen der Zeit erwartet, wird enttäuscht. Einzelne Hinweise zur Fertigungstechnik der kommerziell vermarkteten Schlachten-Panoramen, zu Kossaks Bemühungen, die in den Panoramen und Schlachtengemälden geschilderten Szenen durch Literaturstudium und Reisen an die Originalschauplätze historisch getreu wiederzugeben sowie die ständige Überwachung der Arbeiten durch den Monarchen sind jedoch wertvoll für die Geschichte der Historienmalerei. Insgesamt rückt Kossak jedoch seine militärische Aufgaben und Erlebnisse, seine engen Verbindungen zu Monarchen, Adligen und Offizieren der Zeit in den Vordergrund: „Das Schicksal hat es mir vergönnt, durch mein Schaffen in Kreise und Situationen zu gelangen, denen man Interesse entgegenbringt.“ Bestätigungen seiner polnischen Herkunft und seiner Liebe zum Vaterland, die das von ihm in Polen entstandene negative Bild zurechtrücken sollen, bekräftigt er mit dem Wunsch, künftig in seiner Heimat leben und arbeiten zu wollen (S. 330). Eine fotografische Aufnahme vor dem Eingang seines Ateliers in Zakopane schließt die „Erinnerungen“ ab (Abb. 9).

Axel Feuß, April 2019

 

[22] Das Manöver muss vor 1908, also noch vor dem Huldigungsfestzug für Franz Joseph I., stattgefunden haben, denn Kossak erwähnt den in diesem Jahr beim Attentat ums Leben gekommenen Statthalter von Galizien, Andrzej Potocki: „An einem schönen warmen Septembertage waren wir in Marschadjustierung […] An der Schwelle des Pavillons warteten: der Hausherr, Graf Lanckoroński in Kontusz und Zupan und weiland der Statthalter Graf Andreas Potocki mit der Gräfin Lanckorońska.“ (S. 320)