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Paulina Lemke – Nestorin der Polonia in der Nachkriegszeit

Paulina Lemke, 2017.
Paulina Lemke, 2017.

Da sie nicht anstrebte, Lehrerin zu werden, zog sie 1945 nach Krakau (Kraków), wo sie unter 600 Studienbewerbern die Aufnahmeprüfung an der Fakultät für Malerei und Bildhauerei  der Kunstakademie bestand. Dort lernte sie Konrad Nałęcki, Andrzej Wróblewski und Andrzej Wajda kennen, der sie davon überzeugen wollte, mit ihm zusammen an die Filmhochschule in Łódź zu wechseln. Paulinas Liebe zur Malerei war jedoch für diesen Schritt zu groß. 1950 erlangte sie trotz finanzieller Probleme ihr Diplom und wurde dem Hauptstab der 5. polnischen Armee zugeteilt, wo sie eine Anstellung als Graphikerin erhielt. Seinerzeit hat sie auch geheiratet und bekam ihren einzigen Sohn Henryk Dechnik (1951-2018), den sie patriotisch erzog. Turbulenzen in ihrem Privatleben führten dazu, dass sie verschiedene Jobs annehmen musste, unter anderem in Nowa Huta und Krakau, bis ihr das legendäre Juliusz-Słowacki-Staatstheater in Krakau (Państwowy Teatr im. Juliusza Słowackiego w Krakowie) eine Stelle in der Werkstatt für Bühnenbilder bot, die sie später leiten sollte. Im Dezember 1963 siedelte Paulina Lemke mit ihrem Sohn nach Düsseldorf um, wo sie dann den Deutschen Georg Lemke ehelichte.

In der Fremde angelangt, gelang es Paulina Lemke sehr bald, eine Arbeit zu finden, und zwar in der Werbeabteilung der Düsseldorfer Niederlassung des größten Warenhauskonzerns, der Kaufhof AG. Dort blieb sie mit kurzen Unterbrechungen als Dekorateurin, Graphikerin und Malerin bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1985. Unter den 14 dort beschäftigten deutschen Graphikern war sie die Einzige mit einem Hochschuldiplom, so dass die Weiterbildung der Kollegen in ihre Hände gelegt wurde. Ihre technisch vielseitigen Entwürfe wurden in allen Niederlassungen der Warenhauskette in der Bundesrepublik umgesetzt und mitunter auch bei internationalen Ausstellungen der Branche prämiert, was sich jedoch leider finanziell nicht für sie ausgezahlt hat. Man teilte ihr sogar mit, dass sie nicht mehr verdienen würde, solange sie ihre [polnische] Staatsbürgerschaft beibehalte. Für Paulina Lemke aber spielte das Engagement für die Polonia eine viel wichtigere Rolle. Ihr Sohn Henryk bezeichnete ihre Wohnung als „Klein-Polen”. An diesen Ort pilgerten hunderte ihrer Landsleute, die sie nach ihrem Auszug aus der Heimat um Starthilfe in der neuen Wirklichkeit baten. Im kommunistischen Polen wurde mit Paulina Lemkes Adresse hoch gehandelt und damit kommentiert, sie sei reich und helfe jedem. Insofern kam es hin und wieder zu merkwürdigen und manchmal sogar bedenklichen Situationen. Paulina Lemke war keine Millionärin, sondern unterstützte die Bittsteller trotz ihrer bescheidenen Möglichkeiten nach Kräften, indem sie den Polen, die in Deutschland ankamen, nicht nur mit Rat zur Seite stand, sondern auch mit ihren deutschen und polnischen Freunden Medikamente kaufte, um Spenden warb und Pakete auf eigene Kosten verschickte.

Ihren Aktivitäten für die Polonia, die sie nun seit 55 aufrechterhält, maß sie immer die größte Bedeutung bei. In diesem Zusammenhang entwarf sie das Emblem des Bundes der Polen in Deutschland „Zgoda” und die Abzeichen seiner Mitglieder. Außerdem schuf sie unter anderem Medaillen, Pokale und Illustrationen für die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Vereinsfahne des Bundes, die von Papst Johannes Paul II. geweiht wurde. Daneben entstanden viele weitere Arbeiten auch im Auftrag des Bundes der Polen in Deutschland „Rodło”[4]. Zugleich publizierte sie in der Polonia-Presse, etwa im „Głos Polski” (Polnische Stimme) und in „Forum Polonijne” (Forum der Polonia). In ihrer Eigenschaft als stellvertretende Vorsitzende und Sekretärin des Baukomitees für das Polnische Haus in Recklinghausen (Społeczny Komitet Budowy Domu Polskiego) hat sie zehn Jahre lang Geld für das Projekt gesammelt, wobei sie auch selbst beträchtliche Beträge und Bilder zur Verfügung gestellt hat. Zudem hat sie in ihrer gemeinnützigen Arbeit viele Spendenaufrufe zur Unterstützung von Menschen in Polen organisiert.

 

 

[4] Der Bund der Polen in Deutschland „Rodło“ wurde 1922 in Berlin als Verein eingetragen. Das Wort „Rodło“ setzt sich aus Buchstaben der polnischen Worte „rodzina“ (Familie) und „godło“ (Wappen) zusammen.

Media library
  • Paulina Lemke, 2017

    Paulina Lemke, 2017
  • Kennkarte von Paulina Lemke

    Kennkarte von Paulina Lemke (Kukiełka), ausgestellt in Zamość, 1942
  • Ausweis des Verbands Polnischer Künstler von 1957

    Ausweis des Verbands Polnischer Künstler in Krakau (Związek Polskich Artystów Plastyków) von Paulina Lemke (Dechnik), ausgestellt 1957 in Warschau.
  • Bilder in der Düsseldorfer Wohnung von Paulina Lemke

    Bilder in der Düsseldorfer Wohnung von Paulina Lemke
  • Lebensgeschichte

    Lebensgeschichte von Paulina Lemke in Fotos
  • Sohn Henryk Dechnik mit seinen Töchtern, Ausschnitt eines Fotos aus den 1980er Jahren

    Sohn Henryk Dechnik mit seinen Töchtern, Ausschnitt eines Fotos aus den 1980er Jahren
  • Weiß-rot geschmückter Weihnachtsbaum bei Paulina Lemke

    Weiß-rot geschmückter Weihnachtsbaum bei Paulina Lemke
  • Paulina Lemke signiert ein Buch

    Paulina Lemke signiert das Buch von Ireneusz J. Kamiński über ihr Leben und ihr Werk
  • Buchcover mit Emblem

    Buchcover mit dem Emblem des Bundes der Polen in Deutschland „Zgoda“ nach dem Entwurf von Paulina Lemke, 1976
  • Vereinsfahne Bundes der Polen in Deutschland „Zgoda“

    Vereinsfahne Bundes der Polen in Deutschland „Zgoda“ nach dem Entwurf von Paulina Lemke
  • Vereinsfahne Bundes der Polen in Deutschland „Zgoda“

    Vereinsfahne Bundes der Polen in Deutschland „Zgoda“ nach dem Entwurf von Paulina Lemke
  • Paulina Lemke mit Tadeusz Sokołowski, 2017

    Paulina Lemke mit Tadeusz Sokołowski, 2017
  • Tadeusz Sokolowski bei Paulina Lemke 2017

    Tadeusz Sokolowski in der Düsseldorfer Wohnung von Paulina Lemke, 2017.
  • Glückwunschkarte von Paulina Lemke an Tadeusz Sokołowski

    Glückwunschkarte von Paulina Lemke an Tadeusz Sokołowski aus Dortmund (Spiritus Rector und Vorsitzender der Polnischen Kulturgesellschaft in den 1970er Jahren)