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Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern. Radziwiłł: 1796 Anton Heinrich Radziwill

Prinzessin Louise und Prinz Anton Radziwill, gezeichnet von Fräulein W. von d. Borch, gestochen von Heinrich Sintzenich (1752-1812), Punktierstich/Radierung, 20,6 x 13,2 cm (Platte mit der Schrift), Sintzenichs Kunstverlag, Berlin 1798
Prinzessin Louise und Prinz Anton Radziwill, gezeichnet von Fräulein W. von d. Borch, gestochen von Heinrich Sintzenich (1752-1812), Punktierstich/Radierung, 20,6 x 13,2 cm (Platte mit der Schrift), Sintzenichs Kunstverlag, Berlin 1798

Die Besitzungen der Familie Radziwiłł liegen nach den Teilungen Polens über die Gebiete aller drei Teilungsmächte verstreut. Einige Güter befinden sich im österreichisch besetzten Galizien. 1813 erbt Anton Heinrich von seinem Cousin 4. Grades, Dominik Hieronim Radziwiłł (1786-1813), der auf Seiten der napoleonischen Truppen in der Schlacht bei Hanau tödlich verwundet worden ist, die Besitzungen und Fideikommisse des Familienzweigs von Nieśwież/Njaswisch und Ołyka/Olyka, da Dominiks Sohn und Tochter, Aleksander Dominik und Stefania, nicht erbberechtigt beziehungsweise noch im Kindesalter sind. Beide Familienzweige gehen auf den gemeinsamen Vorfahren Aleksander Ludwik Radziwiłł (1594-1654) zurück. Anton Heinrich Radziwill wird durch den Erbfall 12. Majoratsherr/Ordynat von Nieśwież und 11. von Ołyka. Beide Besitzungen, Njaswisch in Weißrussland und Olyka in der Ukraine (Bilder unten), liegen inzwischen auf russisch besetztem Gebiet und sind zunächst von Zar Alexander I. konfisziert worden. 1815 gelingt es Radziwill jedoch, aufgrund seiner Funktion als Berater des österreichischen Kaisers beim Wiener Kongress und durch seine Beziehungen zum preußischen Hof beide Anwesen zurückzuerhalten. Dadurch wird er zum größten Grundbesitzer der Region. Nieborów, das Schloss von Radziwills Eltern, gehört seit dem Wiener Kongress zum neu geschaffenen Königreich Polen (Kongresspolen).  

Ebenfalls 1815 wird Radziwill vom preußischen König zum Statthalter im Großherzogtum Posen ernannt, das nach dem Wiener Kongress als preußische Provinz neu gebildet worden ist und mehrheitlich von Polen bewohnt wird. Radziwill wird in den Rang eines Generalleutnants erhoben und später zum Mitglied des preußischen Staatsrats ernannt. Er hat vorwiegend repräsentative und beratende Funktionen, kann sich aber in die Beratungen des Provinzial-Landtags und die Ernennung von Beamten und Geistlichen einschalten, wobei er sich mehrheitlich für die polnische Seite einsetzt. Seine Beziehungen zur preußischen Militärführung gestalten sich dadurch schwierig. Beide Eheleute halten sich seit 1816 regelmäßig in Posen in der Statthalterresidenz, dem ehemaligen Jesuitenkolleg, auf. Luise gilt als wohltätig und sozial engagiert. Sie stiftet Speiseanstalten für Arme, gründet eine Mädchenschule und setzt sich bei Hof und beim preußischen Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg gegen polenfeindliche Maßnahmen der preußischen Verwaltung ein.

Mit seinem Amtsantritt in der Provinz Posen erwirbt Radziwill ein Landgut im Dorf Przygodzice bei Ostrów Kaliski in Großpolen (heute Ostrów Wielkopolski), wo er 1822-24 von dem Berliner Architekten Karl Friedrich Schinkel das nach dem neuen Besitzer benannte Jagdschloss Antonin (Bilder unten) errichten lässt. 1817 trifft der zwanzigjährige Prinz Wilhelm von Preußen Radziwills Tochter Elisa, die erst vierzehn Jahre alt ist, bei Empfängen der Hohenzollern in Berlin. Bei einer Zusammenkunft in Posen verlieben sich die jungen Leute ineinander. Als sich zu Beginn des Jahres 1820 Wilhelms Besuche im Palais Radziwill in Berlin häufen, beginnen langjährige Intrigen am Berliner Hof um eine Hochzeit des Paars zu verhindern. Um Elisa zu schützen reist ihre Familie 1822 nach Schloss Ruhberg im Hirschberger Tal in Schlesien, das Luise in diesem Jahr erwirbt, und beschließt in der Folge nicht mehr nach Berlin zurückzukehren. Stattdessen lässt sie sich für die folgenden acht Jahre in der Statthalterresidenz in Posen nieder.

Ähnlich wie das Palais Radziwill in Berlin gestalten Fürst und Fürstin Anton und Luise Radziwill auch die Posener Residenz zum kulturellen Mittelpunkt der Stadt. Der Fürst gründet ein Orchester, in dem er selbst mitspielt und für das er einen der führenden Violinisten seiner Zeit, Karol Lipiński (1790-1861), als Konzertmeister gewinnt. Auch die legendäre italienische Opernsängerin Angelica Catalani und der Geiger Niccolò Paganini, ein Freund von Lipiński, treten in Posen auf. Intensive Beziehungen pflegt der Fürst zu dem Pianisten und Komponisten Frédéric Chopin, den er in Antonin und in Posen beherbergt, mit dem er zusammen auftritt und der ihm ein Trio für Klavier, Violine und Violoncello widmet. Zu den regelmäßigen Besuchern in Posen gehört Wilhelm, der seine Beziehung zu Elisa pflegt und dem der König diese Reisen in der Folge mehrfach verbietet. Dennoch besucht Wilhelm im Februar 1825 Elisa erneut und verlobt sich heimlich mit ihr. Gegen das endgültige Heiratsverbot seines Vaters kann er sich jedoch nicht durchsetzen.

Media library
  • Schloss Nieborów bei Łowicz, 2006

    Erbaut ab 1694 durch den Architekten Tylman van Gameren (1632-1706), erneuert ab 1774.
  • Karol Antoni Simon (?-1841): Xiążę Antoni Radziwiłł Namiestnik w Wielkim Xięstwie Poznańskiem/Prinz Anton Radziwill, Gouverneur des Großherzogtums Posen, 1824/30

    Lithographie, 17,3 x 15,3 cm (Bild ohne die Schrift), Nationalbibliothek Warschau/Biblioteka Narodowa w Warszawie, Bild-Magazin/Magazyn Ikonografii (G.10388/III)
  • Gustav Schwarz (um 1800-1876): Das fürstlich Radziwill’sche Palais, 1833

    Stahlstich, gestochen von Hans Fincke (1800-1849), 9,7 x 14,8 cm, Verlag von George Gropius, Berlin
  • Fürstin Luise Radziwiłł

    Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842): Fürstin Luise Radziwiłł, geborene Luise von Preußen (1770-1836, seit 1796 verheiratet mit Antoni Henryk Radziwiłł), 1801. Öl auf Leinwand, 80,5 x 64 cm, Privatsamml...
  • Schloss Radziwiłł, Nieśwież (heute Njaswisch, Belarus)

    Errichtet nach Zerstörungen im Jahre 1706 auf den Mauern einer Burganlage der Zeit nach 1586
  • Grabkirche der Familie Radziwiłł, Nieśwież (heute Njaswisch, Belarus)

    Errichtet 1587-1603, mit 72 Särgen von Mitgliedern der Familie
  • Schloss Radziwiłł, Olyka (Ukraine)

    Errichtet 1540-1564, im 17. und 18. Jahrhundert erweitert und barock überbaut
  • Jagdschloss Antonin, Kreis Adelnau, Provinz Posen (heute Przygodzice, Powiat ostrowski)

    Aus: Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie …, herausgegeben von Alexander Duncker, 3. Band, Berlin 1860/61
  • Jagdschloss Antonin, Przygodzice, 2013

    Foto: Sławomir Milejski, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Poland