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ZWEI BIOGRAPHIEN – EIN SCHICKSAL: Irena Bobowska – Bronisława Czubakowska

Gedenkstätte Berlin-Plötzensee, Hinrichtungsbaracke von Innen
Gedenkstätte Berlin-Plötzensee, Hinrichtungsbaracke von Innen

„Ihre Poesie sprach nicht nur den Leidensgefährtinnen und -gefährten Mut und Kraft zu, sondern auch den Häftlingen im KZ Auschwitz. Nach dem Krieg half sie den politischen Gefangenen in [Bydgoszcz-]Fordon zu überleben“, formulieren die Autorinnen der „Polkopedia“ [Online-Enzyklopädie der im Ausland lebenden Polinnen - Anm. d. Übers.].[6] Irena Bobowska verdankt ihre Bekanntheit in Berlin der aus Posen stammenden Anna Krenz, einer politisch und ökologisch engagierten Künstlerin, Initiatorin des Frauenrats „Polonijna Rada Kobiet/International Council of Polish Women“ und Gründerin der Gruppe Dziewuchy Berlin (Mädels Berlin).[7] Bobowskas Gedicht „Denn ich lerne...“ (polnisch „Bo ja się uczę…“) wurde in Berlin erstmals am 8. März 2021 in der deutschen Übersetzung von Ewa Maria Slaska rezitiert, und zwar anlässlich einer Performance von Dziewuchy Berlin im Zuge der Demonstration am Internationalen Weltfrauentag. Weitere Präsentationen folgten anlässlich der Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 2021 und im Zuge der Protestaktion zum internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen und Mädchen“ am 25. November 2021. Im Rahmen anderer Projekte zu Irena Bobowska und zur Erinnerungskultur wurden noch mehr Gedichte von ihr ins Deutsche übersetzt, jedes von einer anderen Frau.

In diesem Jahr setzen Anna Krenz und Ewa Maria Slaska das vom Berliner Senat geförderte Projekt „Irena Bobowska - Die vergessene Heldin“ um.[8] „Im September 2022 finden vier Aktionen statt, darunter eine Debatte zum Gedenken an Polen, vor allem aber an Polinnen in Berlin, eine Performance, die Leben und Tod von Irena Bobowska würdigt, und eine Ausstellung. Krönender Abschluss des Projekts wird eine Publikation sein und es wird damit begonnen, in Berlin eine Erinnerungsstätte für Irena Bobowska zu schaffen. Zu diesem Zweck wird eine Gedenktafel am Alt Moabiter Gefängnis und/oder an einem Baum auf dem Friedhof Altglienicke angebracht.“[9]

 

„Ich nehme an. Ich fühle mich nicht schuldig“

- entgegnete Bronisława Czubakowska dem Beamten der Staatsanwaltschaft, als er ihr die Nachricht überbrachte, ihre Enthauptung sei um einen Tag, auf den 15. August 1942 um 5:27 Uhr, verschoben worden.[10]

Bronisława Czubakowska kam am 9. Juli 1916 in der Kleinstadt Zgierz bei Lodz (Łódź) zur Welt. Ihr Vater war Arbeiter, die Mutter Hausfrau. Sie starb als Bronisława noch klein war. Am 9. November 1939 wurde Lodz, also auch die Gemeinde und die Stadt Zgierz, dem Reichsgau Wartheland angegliedert. Nach der deutschen Besatzung der Gebiete wurde ein allgemeiner Arbeitszwang für die polnische Bevölkerung eingeführt, wobei die deutschen Arbeitsämter zunächst nur Freiwillige zur Verschickung ins Reich angeworben haben. Doch schon im späten Frühjahr und im Frühsommer 1940 wurden bei der Rekrutierung billiger (und in vielen Fällen höriger) Arbeitskräfte, härtere Methoden angewandt, etwa indem es zu willkürlichen Festnahmen kam.[11] Zu den Opfern einer solchen „Menschenjagd“ zählte auch Bronisława Czubakowska, die schließlich der Fein-Jute-Garn-Spinnerei im rund 85 km von Berlin entfernten Brandenburg an der Havel zugewiesen worden ist.

In dieser Fabrik waren außer der deutschen Belegschaft 250 Zwangsarbeiterinnen aus Polen beschäftigt, um für zivile Auftraggeber:innen, aber auch für die Rüstungsindustrie zu fertigen. Außerdem unterhielt das Werk wirtschaftliche Beziehungen zu den Konzentrationslagern des Dritten Reichs und war somit ein „Kriegsgewinnler“.

 

[7] Die Gruppe Dziewuchy Berlin setzt sich seit 2016 in Berlin für die Frauenrechte in Polen und Deutschland ein. Sie organisiert Demonstrationen, Aktionen, Diskussionsrunden und Ausstellungen und sie setzt historische Projekte um, die im polnisch-deutschen Kontext an vergessene Frauen erinnert und der Erinnerungskultur gewidmet sind. Für ihr Engagement erhielt die Gruppe den feministischen Green Pussyhat Preis (2018) sowie dem Clara-Zetkin-Frauenpreis (2021).

[10] Ein polnisches Menschenschicksal. Das Leben und Sterben von Bronisława Czubakowska aus Zgierz, Ausstellungskatalog (im Rahmen eines deutsch-polnischen Schülerprojekts), zweisprachig: deutsch/polnisch, Potsdam 2006.

[11] Über die Arbeitsbedingungen der polnischen Zwangsarbeiter:innen schrieb ich im Beitrag „Meine Kinder aus Lodz“, in: „Porta Polnica“, Juni 2021, URL: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/meine-kinder-aus-lodz-moje-dzieci-z-lodzi

 

 

 

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  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    Hinrichtungsbaracke von Innen
  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    Hofansicht mit Gedenkmauer
  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    Hinrichtungsbaracke aus Sicht des nicht mehr existierenden Gefängnisflügels
  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    Infotafel über ein polnisches Ehepaar aus der Nähe von Konin, das wegen Hilfeleistung für einen russischen Kriegsgefangenen zum Tode verurteilt wurde
  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    Dokumentationssaal zur Geschichte des Gefängnisses und zur Rolle der Justiz im Dritten Reich
  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    Fotokopie einer „Kostenrechnung“ für die Angehörigen einer zum Tode Verurteilten Person
  • Gedenkstätte Berlin-Plötzensee

    nformationen über Bronisława Czubakowska, Archiv der Gedenkstätte
  • Bronisława Czubakowska

    Graphik aus dem Gedächtnis gezeichnet
  • Verfügung des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg über die Aufhebung des Todesurteils gegen Bronisława Czubakowska

    Verfügung des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg über die Aufhebung des Todesurteils gegen Bronisława Czubakowska (29.04.2005), Archiv von Klaus Leutner
  • Anna Krenz bei der Performance der Gruppe Dziewuchy Berlin für Irena Bobowska

    Berlin 8.03.2021
  • Anna Krenz bei der Performance der Gruppe Dziewuchy Berlin für Irena Bobowska

    Berlin 8.03.2021
  • Gedenktafel am Irena-Bobowska-Platz in Posen

    Skwer im. Ireny Bobowskiej, Poznań