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Franciszek Liss 

Franciszek Liss 
Franciszek Liss 

Neben seinen priesterlichen, seelsorgerischen und organisatorischen Tätigkeiten verstand sich Liss auch als soziale Instanz und politischer Führer. Über die polnisch-katholischen Vereine nahm er direkten Einfluss auf das soziale Leben der polnischen Arbeiterschaft an der Ruhr. Er forderte die Vereine auf, in ihren Sitzungen und Veranstaltungen nationale und religiöse Inhalte in Form von Lesungen, Vorträgen, Gesängen und Theaterstücken in das Zentrum der Tätigkeit zu rücken und Bildungsmaßnahmen anzubieten. Die Begehung von kirchlichen Festen und nationalen Feiertagen sollte in anmutiger Form vonstattengehen, während auf Tanzveranstaltungen und den Verzehr von Alkohol verzichtet werden sollte – worauf manche Vereine mit Widerwillen reagierten. Gesellschaftspolitisch forderte er von den aus den ostpreußischen Provinzen zugewanderten Menschen die Überwindung der vorherrschenden Regionalismen zugunsten eines einheitlichen polnischen Nationalbewusstseins, selbstbewusstes Auftreten gegenüber den preußischen Behörden und Arbeitgebern, eine ultramontane und antisozialistische Haltung sowie die politische Bindung an die Zentrumspartei.

Das Wirken von Pfarrer Liss fiel in die Zeit der Reichskanzlerschaft von Leo von Caprivi, der gegen starke Widerstände konservativer Kräfte in der Innenpolitik auf Entspannung, Ausgleich und Versöhnung setzte, womit eine Zeit lang auch eine gewisse Abmilderung des antipolnischen Kurses in Preußen einherging. Konnte Liss anfangs noch relativ frei und beanstandungslos im Rahmen gesetzlicher Vorgaben wirken – wenngleich stets polizeilich überwacht – rief sein schneller und umfassender Erfolg bei wachsendem politischen Widerstand gegen den neuen Kurs des Reichskanzlers die preußischen Behördenvertreter auf Provinzebene auf den Plan. War es zu Beginn der Amtszeit von Liss als Polenseelsorger an der Ruhr noch lediglich der Präsident der Bezirksregierung in Arnsberg gewesen, der aufgrund der Berichte über Liss‘ Tätigkeit in Westpreußen die Übertragung der Polenseelsorge an ihn kritisiert und an seiner Stelle eine „andere Persönlichkeit von gemäßigter Richtung“ gefordert hatte, so drängte spätestens ab 1892 auch der Oberpräsident der Provinz Westfalen, Konrad von Studt, auf seine Ablösung. Er begründete dies damit, dass von Liss eine politische Gefahr ausging, und übte immer größeren Druck auf den neuen Paderborner Bischof Simar aus. Nachdem Simar Liss über eine längere Zeit erfolglos aufgefordert hatte, das Erscheinen des „Wiarus Polski“ einzustellen und seine gesellschaftspolitische Aktivität zu mäßigen, setzte er den unter den Ruhrpolen hochverehrten Geistlichen ab. Allerdings gelang es Liss zuvor noch, die von ihm gegründete Zeitung zum 1. April 1893 an Jan Brejski, einen ebenfalls aus Westpreußen stammenden polnischen Verleger und Politiker, zu verkaufen. Nach der Abberufung von Liss setzte die Diözese Paderborn keinen hauptamtlichen Polenseelsorger mehr ein.

Franciszek Liss verließ die Stadt Bochum, die infolge seiner vielfältigen Aktivitäten und Maßnahmen zum Zentrum des Polentums in Westfalen und im gesamten preußischen Staat diesseits der Elbe geworden war, im Sommer 1894 und kehrte in seine Heimatregion zurück. Zu diesem Zeitpunkt war er Patron von 46 der bereits über 100 polnisch-katholischen und anderen Vereine, die von polnischen Zuwanderern gegründet worden waren. Er hatte das Fundament für die weitere Entwicklung der Organisationen der polnischen Zuwanderer aus den preußischen Ostprovinzen gelegt, die unter Jan und Antoni Brejski als neuen Verlegern des „Wiarus Polski“ zu einer nie dagewesenen Blüte geführt werden sollte. Der Einfluss von Franciszek Liss auf die Ruhrpolen riss aber keineswegs ab. Angekommen in seiner westpreußischen Heimat, setzte er seine Arbeit als hauptverantwortlicher Redakteur des „Posłaniec Katolicki“ (und der „Nauka Katolicka“) fort und nahm so bis 1905 – nun vor allem in religiöser und moralischer Hinsicht – weiterhin Einfluss auf die an Rhein und Ruhr lebenden polnischen Erwerbsmigranten.

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  • Friedhof in Rumian

    Friedhof in Rumian, auf dem Franciszek Liss beigesetzt wurde.
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  • Das Grab von Franciszek Liss

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