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Ferdinand Matuszek – wie an polnische Zwangsarbeiter erinnert wird

Ferdinand Matuszek auf dem Hof der Körtners in Rehme, 2013.

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  • Oliver Nickel, Ferdinand Matuszek und Friedhelm Schäffer  - Oliver Nickel, Ferdinand Matuszek und Friedhelm Schäffer (v.l.n.r.), 2014.
  • Matuszek und Schäffer im Interview - Ferdinand Matuszek und Friedhelm Schäffer während eines Zeitzeugeninterviews, 2013.
  • Ferdinand Matuszek im Gespräch - Ferdinand Matuszek während des Zeizeugeninterviews, 2013.
  • Ferdinand Matuszek auf dem Hof der Körtners - Ferdinand Matuszek auf dem Hof der Körtners in Rehme am Fenster seines ehemaligen Zimmers, 2013.
  • Ferdinand Matuszek - Ferdinand Matuszek am Grab des sowjetischen Kriegsgefangenen Ponomorow, der vor seinen Augen erschossen wurde, 2014.
  • Ferdinand Matuszek in Rehme  - Ferdinand Matuszek auf dem Hof der Körtners in Rehme, 2013.
  • Michael Grunert als Ferdinand Matuszek - Michael Grunert als Ferdinand Matuszek im Theaterstück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht", 2018.
  • Michael Grunert als Ferdinand Matuszek - Michael Grunert als Ferdinand Matuszek im Theaterstück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht", 2018.
  • Trailer zum Theatertsück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht" - Trailer zum Theaterstück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht", Grunert/Berges, 2018. 

    Trailer zum Theatertsück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht"

    Trailer zum Theaterstück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht", Grunert/Berges, 2018. 
Ferdinand Matuszek auf dem Hof der Körtners in Rehme, 2013.
Ferdinand Matuszek auf dem Hof der Körtners in Rehme, 2013.

Matuszek hat lange versucht, sich möglichst wenig mit seinen Erfahrungen mit den Nazis auseinanderzusetzen:

„Ich habe mir 1945, also nach der Befreiung, viele Gedanken gemacht. Aber ich war innerlich beruhigt, weil ich gewusst habe, dass sich so etwas nicht wiederholen wird. Ich fühlte mich irgendwie geborgener. Erst einmal war Frieden und die Nazis waren weg.“[19]

Matuszek brauchte Zeit, bis er das Erlebte verarbeitet hatte und mit anderen darüber reden konnte. Mit seiner Familie hat er nie über seine Zeit als verschleppter Zwangsarbeiter gesprochen. Eine Auseinandersetzung mit seinen NS-Erlebnissen erfolgte beispielsweise im heimischen Fotografieclub. Allerdings zeigte sich schnell, dass die anderen Mitglieder einen Diskurs mit der NS-Vergangenheit scheuten. Fotografien des Konzentrationslagers Dachau, welches er und seine Frau besucht hatten, wurde beispielsweise nicht in eine Ausstellung des Clubs in Bad Oeynhausen integriert. Die Absage hatte Matuszek damals auf persönlicher Ebene getroffen.

Auf eine Anerkennung als Zwangsarbeiter wartete Matuszek ebenfalls vergeblich. Matuszek erhielt nie eine finanzielle Entschädigung vom west- und später gesamtdeutschen Staat. Auch „für die verpasste Schulbildung und den Verlust der Heimat“[20] sei er nie entschädigt worden. Die Gründe für die lückenhafte Entschädigung von Zwangsarbeitern waren vielfältig. Zum einen rückte das Schicksal der sog. Displaced Persons (DPs)[21] aufgrund anderer politischer Konflikte in den Hintergrund. Eine gezielte Lobbyarbeit vonseiten der DPs war wegen der lokalen Zerstreuung nicht möglich. Bis in die 80er-Jahre hinein kam es auf diese Weise zu keinerlei gesellschaftlichen Aufarbeitung oder Auseinandersetzung mit dem Thema. Auf erinnerungskultureller Ebene stand zudem vor allem der Holocaust im Mittelpunkt des Diskurses. Auch finanzielle Gründe verhinderten die Aufarbeitung: Der Staat versuchte, teure Entschädigungszahlungen schlicht zu vermeiden. Erst in den 80er-Jahre kam es sukzessive zur Aufarbeitung der Geschichte der Zwangsarbeiter, angefangen bei den großen Werken wie Daimler-Benz oder VW.

Matuszek persönlich brachte das nicht mehr viel. Eine Geldzahlung erfolgte nicht, weil er nicht nachweisen konnte, dass er aus rassistischen oder religiösen Gründen verfolgt wurde. Sein letzter Versuch wurde in den 2000er-Jahren erneut abgelehnt:

„Da ich in der Landwirtschaft tätig war, hatte ich mein Essen, meine Unterkunft, mein Auskommen. Die in den Lagern untergebracht waren wie auf der Weserhütte, die hatten einen Anspruch darauf.“[22]

Seit 1998 lebte der 1983 pensionierte Matuszek in Löhne-Gofeld mit seiner Lebensgefährtin. Er starb am 11. Juli 2014 mit 88 Jahren ebenda.

 

[19] Schäffer/Nickel, Matuszek, S. 178.

[20] Schäffer/Nickel, Matuszek, S. 188.

[21] Der Begriff Displaced Persons (DPs) umfasst alle ausländischen Zivilisten, die sich aufgrund des Krieges außerhalb ihres Ursprungslandes befanden. Darunter fielen ehemalige Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene sowie weitere Arbeitskräfte. Die alliierten Besatzungsmächte waren an einer schnellen Rückkehr der DPs in ihre Heimatländer interessiert. Aufgrund von Konflikten mit der UdSSR  und den von ihr annektierten Gebieten war dies nicht immer möglich. Vgl. Juliane Wetzel: Displaced Persons (DPs); in: Historisches Lexikon Bayerns, publiziert am 26.03.2013. URL: historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Displaced_Persons_(DPs) (15.02.2019).

[22] Schäffer/Nickel, Matuszek, 189.