Matejko, Jan
Matejko, Jan Alojzy, polnischer Maler und Zeichner, Mitglied der „Münchner Schule“. 1858-59 Student der Akademie der Bildenden Künste München. *24.6. oder 28.7.1838 Krakau, †1.11.1893 ebenda. Sohn des Musiklehrers Franciszek Ksawery M. und seiner Ehefrau Joanna Karolina Rossberg, zehn Geschwister. Nach dem frühen Tod der Mutter 1845 kümmert sich deren Schwester, Anna Katarzyna Zamojska, Frau eines Goldschmieds, um die Familie. Jan Alojzy versagt in der Schule, beschäftigt sich aber früh mit dem Zeichnen. 1852-58 studiert er an der Krakauer Zeichen- und Malschule/Szkoła Rysunku i Malarstwa bei Wojciech Korneli Stattler (1800-1875) und Władysław Łuszczkiewicz (1828-1900); Freundschaft mit Izydor Jabłoński (1835-1905, Mitglied der „Münchner Schule“). Für ein Gemälde „Sigismund I. verleiht den Professoren der Krakauer Akademie ein Adelsprivileg“ wird er zum Studienabschluss mit einem zweijährigen Stipendium ausgezeichnet, das er für ein Auslandsstudium nutzt. Möglicherweise aufgrund einer Empfehlung von Jabłoński, der seit Januar 1858 an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München studiert, entscheidet er sich für ein Studium in der bayerischen Hauptstadt.Am 30.12.1858 tritt er in die Malklasse der Münchner Akademie ein, wo er bei dem Historienmaler Hermann Anschütz (1802-1880) studiert. Bis zum Frühjahr 1859 wohnt er bei Anschütz gegenüber der Akademie in der Neuhauser Straße, anschließend in der Brienner Straße bei dem Bildhauer Johann Evangelist Riedmüller (1815–1895). Gemeinsam mit Jabłoński unternimmt er zahlreiche Stadtbesichtigungen und fertigt Skizzen historischer Bauten an, die er später für seine Historienbilder zur polnischen Geschichte verwendet. In der Alten Pinakothek skizziert er nach der „Amazonenschlacht“ (um 1618) von Peter Paul Rubens, in der Neuen Pinakothek nach Gemälden von Carl Theodor von Piloty („Seni vor der Leiche Wallensteins“, 1855), deren neuartige Maltechnik ihn fasziniert, und von Wilhelm von Kaulbach („Die Erzgießerei in München“, 1854). In der Bibliothek der Akademie zeichnet er nach Vorlagenwerken historische Figuren, Kostüme und Porträts, die später ebenfalls in seinen Historienbildern Verwendung finden.1860 geht M.an die Wiener Akademie, bricht die Ausbildung aber nach wenigen Tagen ab. 1864 heiratet er Teodora Giebułtowska (1846-1896); das Ehepaar hat fünf Kinder. 1865 und 1867 Reisen nach Paris. 1866 reist er nach Wien, um im BelvedereWerke der italienischen Kunst der Renaissance und des Barocks zu studieren. Seit 1866 arbeitet er als Illustrator für die polnischen Zeitschriften Kłosyund Tygodnik Ilustrowany. Von 1873 bis zu seinem Lebensende ist er Direktor der Schule der Schönen Künste/Szkoła Sztuk Pięknych in Krakau. Ab 1875 leitet er zusätzlich den Fachbereich Kunst an den Höheren Frauenkursen/Wyższe Kursy dla Kobiet von Adrian Baraniecki (1828-1891). Er engagiert sich für die Erhaltung und Restaurierung von Krakauer Baudenkmälern, unter anderem 1875-79 für die Instandsetzung und den Umbau der Tuchhallen/Sukiennice. 1878 verleiht ihm der Krakauer Stadtrat für Verdienste um die polnische Kunst ein symbolisches Zepter. Er ist Ehrenmitglied von Akademien und Kunstvereinen in Krakau, Paris, Berlin, Urbino und Wien. Auf internationalen Ausstellungen erhält er zahlreiche Medaillen, unter anderem 1878 auf der Weltausstellung in Paris eine Große Goldmedaille. 1867 erhält er das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens, 1870 wird er Chevalier der Französischen Ehrenlegion, 1883 erhält er das Komturkreuz mit Stern des Pius-Ordens, 1887 die Medaille Pro litteris et artibus des österreichischen Kaiserhauses. 1898 wird in seinem Elternhaus in der Krakauer ul. Floriańska ein Gedenkmuseum eingerichtet (heute Dom Jana Matejki, Nationalmuseum Krakau/Muzeum Narodowe w Krakowie).
– M. ist der bedeutendste polnische Historienmaler, der stilbildend auf mehrere Schülergenerationen wirkte. Hinzu kommt ein Werk an Porträtbildnissen, in denen er die von ihm gemalten Personen in historisierenden Gewändern und mit entsprechenden Accessoires als Protagonisten aus historischen Dramen inszeniert. M.s Interesse an national-polnischen Themen, die auf dem Studium historischer Quellen basieren, wird von seinem Lehrer Łuszczkiewicz an der Krakauer Zeichen- und Malschule geweckt. In der Folge verbindet er das Studium der Alten Meister in den großen europäischen Sammlungen (München, Wien, Paris) mit den Eindrücken der Münchner Historienmalerei von Wilhelm von Kaulbach (1805-1874) bis Carl Theodor von Piloty (1826-1886) und der Schulung in Technik, Kolorit und Komposition insbesondere mit der Verwendung von kostümierten Modellen und Requisiten („Die Vergiftung der Königin Bona“/„Otrucie królowej Bony“, 1859) durch seinen Lehrer Anschütz. Wenige Jahre später, in den 1860er/70er-Jahren, gehört M. bereits zu den führenden europäischen Historienmalern. Sein Schaffen reicht von wandfüllenden Monumentalformaten (siehe Titelbild) bis hin zu kleinformatigen Bildern mit historischen Anekdoten, die er bis zum seinem Lebensende malt. Auch Einflüsse der französischen Historienmalerei, etwa von Paul Delaroche (1797-1856), sind sichtbar („Stańczyk während des Balls am Hof der Königin Bona, als die Kunde vom Verlust von Smolensk eintrifft“/„Stańczyk w czasie balu na dworze królowej Bony wobec straconego Smoleńska“, 1862). Unter dem Eindruck des Januaraufstands 1863 steigert M. die Dramatik und Dynamik seiner Kompositionen, charakterisiert die Personen markanter und legt stärkeren Wert auf die realistische Wiedergabe historischer Details („Die Predigt von Skarga“/„Kazanie Skargi“, 1864). Dies bringt ihm Anerkennung im In- und Ausland ein. Seine kritische Sicht auf die polnische Geschichte („Rejtan. Der Niedergang Polens“/„Rejtan - Upadek Polski“, 1866) führt in Polen jedoch zu einem Sturm der Entrüstung. In der Folge schwächt er kritische Aussagen ab und konzentriert sich auf historisch ermutigende Szenen („Batory vor Pskow“/„Batory pod Pskowem“, 1872), die zunehmend ausdrucksvoller werden und sich an der Renaissance-Malerei von Tizian und Veronese orientieren („Die Schlacht bei Grunwald“/„Bitwa pod Grunwaldem“, 1878). Zunehmende Detailbehandlung führt schließlich zu einer Zersplitterung der Komposition („Der Tod von Sigismund August in Knyszyn“/„Śmierć Zygmunta Augusta w Knyszynie“, 1886). Der allgemeinen Beliebtheit der Genremalerei trägt M. durch Einführung kleiner Genreszenen und von Bauern in ihrer Tracht Rechnung („Die Schlacht bei Racławice“/„Bitwa pod Racławicami“, 1888). Ebenso verarbeitet er moderne Tendenzen in der Lichtführung und der Raumtiefe („Die Szujski-Zaren im Warschauer Sejm“/„Carowie Szujscy na sejmie warszawskim“, 1892). Große Popularität erlangt ein im Auftrag des Wiener Verlegers Moritz Perles (1844-1917) gezeichneter „Zyklus der polnischen Könige und Fürsten“/„Poczet królów i książąt polskich“ (1890-92) in imaginären Bildnissen, der für lange Zeit das Geschichtsbild der Polen prägt. Werke befinden sich unter anderem in den Nationalmuseen von Warschau, Krakau und Posen/Poznań, im Schlesischen Museum/Muzeum Śląskie in Katowice, im Universitätsmuseum/Muzeum Uniwersytetu Jagiellońskiego in Krakau, im Kunstmuseum Łódź/Muzeum Sztuki w Łodzi, in Budapest im Museum der bildenden Künste/Szépművészeti Múzeum, in der Nationalen Kunstgalerie Lviv sowie in den Vatikanischen Museen in Rom.
Ausstellungen: Seit 1883 (Krakau, Wawel) zahlreiche polnische und internationale Einzelausstellungen
Literatur: Izydor Piotr Joachim Jabłoński Pawłowicz: Wspomnienia o Janie Matejce. Opracował krytycznie i komentarzem opatryzł ... Mieczysław Treter. Z portretem Matejki przez Jabłońskiego, Lemberg/Lwów 1912; Stanisława Serafińska: Jan Matejko. Wspomnienia rodzinne, Krakau 1958; Polski Słownik Biograficzny, Band 20, 1975; Jarosław Krawczyk: Matejko i historia, Warschau 1990; Jerzy Malinowski/Krystyna Sroczyńska: Obrazy olejne, Warschau 1993; Piotr Krakowski: Wokól Matejki. Materialy z konferencji „Matejko a malarstwo środkowoeuropejskie“ zorganizowanej w stulecie śmierci artysty, Krakau 1994; Halina Stępień/Maria Liczbińska: Artyści polscy w środowisku monachijskim w latach 1828-1914. Materiały źródłowe, Warschau 1994, Seite 7, 53; Marek Zgórniak: Matejko w Paryżu. Opinie krytyków francuskich z lat 1865-1870, Krakau 1998; Henryk Marek Słoczyński: Matejko, Wrocław 2000; Marek Zgórniak: Jan Matejko 1838-1893. Kalendarium życia i twórczości, Krakau 2004; Barbara Ciciora-Czwórnóg: Jan Matejko, Lesko 2005; Henryk Marek Słoczyński: Jan Matejko, Krakau 2005; Anna Straszewska: Kostium historyczny w twórczości Jana Matejki na tle malarstwa XIX wieku, Ausstellungs-Katalog Muzeum Narodowe w Warszawie, Warschau 2012; A. Straszewska, in: De Gruyter Allgemeines Künstlerlexikon, Band 87, Berlin/Boston 2015, Seite 516-518
Online: Matrikeldatenbank, Matrikelbuch 2, Akademie der Bildenden Künste München, 01556 Johann Matejko, https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1841-1884/jahr_1858/matrikel-01556
Zahlreiche Werke im Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie auf Muzeum Cyfrowe, http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/results?action=SimpleSearchAction&type=-2&mdirids=1&ipp=20&p=2&q=Matejko,%20Jan
Umfangreiche Übersicht zu Biografie, Werk und Literatur auf Pinakoteka Zascianek, https://www.pinakoteka.zascianek.pl/Matejko/Index.htm
Zahlreiche Werke auf artyzm.com, http://artyzm.com/e_artysta.php?id=677
Adam Bochnak, auf Internetowy polski słownik biograficzny, http://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/jan-alojzy-matejko
Ewa Micke-Broniarek (2004) auf culture.pl, https://culture.pl/en/artist/jan-matejko
Barbara Ciciora: Jan Matejko in München. Ein Überblick über die Ausbildung des Künstlers, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 2, auf zeitenblicke.de, http://www.zeitenblicke.de/2006/2/Ciciora
Zeichnungen, Dokumente, Schriften, Fotografien in der Nationalbibliothek Warschau/Biblioteka Narodowa w Warszawie auf polona.pl, https://polona.pl/search/?query=Jan_Matejko&filters=public:1
(alle aufgerufen am 5.11.2018)
Axel Feuß, August 2018