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Janina Musiałczyk – W drodze, unterwegs

Janina Musiałczyk, 2023

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  • Abb. 1: Begegnungen unterwegs 35, 1995 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 36x47,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 2: Hier und dort 20, 1984 - Schwarze und farbige Tusche auf Papier, 31,5x32 cm, Privatbesitz
  • Abb. 3: Hier und dort 21, 1984 - Schwarze und farbige Tusche auf Papier, 31,5x32 cm, Privatbesitz
  • Abb. 4: Geteilte Landschaft, gestaltete Landschaft 19, 1983 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 25x32 cm, Privatbesitz
  • Abb. 5: Unterwegs 13, 1996 - Acryl auf Leinwand, 46x33 cm, Privatbesitz
  • Abb. 6: Unterwegs 1, 1996 - Acryl auf Leinwand, 46x33 cm, Privatbesitz
  • Abb. 7: Hier und dort 8, 1986 - Gouache, Ölkreide auf Papier, 22x31,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 8: Menschen, Grenzen, Landschaften 30, 1986 - Gouache, Aquarell, weiße und schwarze Tusche, Mischtechnik auf Papier, 29,5x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 9: Hier und dort 25, 1984 - Schwarze Tusche auf Papier, 53x70 cm, Privatbesitz
  • Abb. 10: Hier und dort 10, 1986 - Buntstifte auf Papier, 24x32 cm, Privatbesitz
  • Abb. 11: Hier und dort 11, 1986 - Aquarell, schwarze Tusche auf Papier, 23,5x31 cm, Privatbesitz
  • Abb. 12: Hier und dort 22, 1984 - Schwarze und farbige Tusche auf Papier, 45x63 cm, Privatbesitz
  • Abb. 13: Hier und dort 23, 1984 - Schwarze Tusche auf Papier, 35x50 cm, Privatbesitz
  • Abb. 14: Hier und dort 24, 1984 - Schwarze und weiße Tusche auf Papier, 50x70 cm, Privatbesitz
  • Abb. 15: Hier und dort 18, 1983 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 20x29 cm, Privatbesitz
  • Abb. 16: Hier und dort 6, 1986 - Schwarze und weiße Tusche, Aquarell auf Papier, 27x37,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 17: Fortgang, Exodus 13, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 18: Begegnungen unterwegs (II) 3, 1999 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm
  • Abb. 19: Begegnungen unterwegs (II) 2, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 30,5x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 20: Begegnungen unterwegs (II) 3, 2000 - Schwarze Tusche, Aquarell auf Papier, 29x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 21: Begegnungen unterwegs (III) 3, 2013 - Schwarze, weiße Tusche, Gouache auf Papier, 29x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 22: Menschen, Grenzen, Landschaften 4, 1988 - Pastellkreiden auf Papier, 35x45 cm, Privatbesitz
  • Abb. 23: Begegnungen unterwegs (II) 6, 1998 - Schwarze Tusche auf Papier, 29x39 cm, Privatbesitz
  • Abb. 24: Hier und dort 23, 1984 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 20x28 cm, Privatbesitz
  • Abb. 25: Die Erde 5, 1974 - Schwarze Tusche auf Papier, 34x47 cm, Privatbesitz
  • Abb. 26: Die Erde 6, 1974 - Schwarze Tusche auf Papier, 40x50 cm, Privatbesitz
  • Abb. 27: Zusammen 6, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 28: Zusammen 8, 2000 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 29: Zusammen 4, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x40,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 30: Es taumelt (II) 3, 2001 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 31: Es taumelt (II) 6, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 32: Kommen, werden, gehen 28, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 70x50 cm, Privatbesitz
  • Abb. 33: Kommen, werden, gehen 21, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 42x29,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 34: Kommen, werden, gehen 13, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 42x29,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 35: Kommen, werden, gehen 20, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 42x29,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 36: Kommen, werden, gehen 15, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 42x29,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 37: Kommen, werden, gehen 12, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 42x29,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 38: Kommen, werden, gehen 29, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 58,5x80 cm, Privatbesitz
  • Abb. 39: Kommen, werden, gehen 30, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 39,5x56,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 40: Es taumelt 5, 1995 - Schwarze Tusche auf Papier, 29,5x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 41: Es taumelt 4, 1995 - Schwarze Tusche auf Papier, 29,5x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 42: Kommen, werden, gehen 27, 1993 - Schwarze Tusche auf Papier, 42x29,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 43: Mieträume 4, 1998 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 44: Es taumelt 21, 1996 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 45: Fortgang, Exodus 23, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 46: Fortgang, Exodus 41, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 47: Fortgang, Exodus 18, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Emigrationsmuseum Gdynia/Muzeum Emigracji w Gdyni
  • Abb. 48: Fortgang, Exodus 40, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 49: Fortgang, Exodus 61, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x41 cm, Privatbesitz
  • Abb. 50: Begegnungen unterwegs (III) 8, 2011 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 28x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 51: Begegnungen unterwegs (III) 12, 2012 - Schwarze Tusche, Gouache auf Papier, 28x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 52: Begegnungen unterwegs (II) 14, 1998 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 53: Begegnungen unterwegs (II) 17, 1998 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 54: Es taumelt 36, 1995 - Schwarze Tusche auf Papier, 29x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 55: Hier und dort 8, 1985 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 56: Von hier bis dort 3, 1996 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 57: Von hier bis dort 2, 1996 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 58: Kommen, werden, gehen (II) 39, 1998 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 59: Es taumelt 7, 1995 - Schwarze Tusche auf Papier, 29x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 60: Begegnungen unterwegs 12, 1995 - Buntstifte auf Papier, 29,5x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 61: Auf Reisen 23, 2000 - Schwarze Tusche auf Papier, 24x30 cm, Privatbesitz
  • Abb. 62: Begegnungen unterwegs (II) 29, 2000 - Bleistift, Buntstifte, schwarze Tusche auf Papier, 12x12 cm, Privatbesitz
  • Abb. 63: Unterwegs 9, 1998 - Schwarze Tusche auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 64: Geister und Häuser 13, 2015 - Acrylfarbe, Buntstifte auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 65: Geister und Häuser 3, 2015 - Acrylfarbe, Buntstifte auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 66: Geister und Häuser 16, 2015 - Acrylfarbe, Buntstifte auf Papier, 30x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 67: Begegnungen unterwegs 22, 1996 - Schwarze Tusche auf Papier, 31x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 68: Begegnungen unterwegs 24, 1996 - Schwarze Tusche auf Papier, 32x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 69: Begegnungen unterwegs 37, 1995 - Schwarze Tusche, Acryl, Kreide auf Papier, 29,5x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 70: Menschen, Grenzen, Landschaften 5, 1988 - Gouache, Buntstifte auf Papier, 31x39,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 71: Menschen, Grenzen, Landschaften 6, 1988 - Schwarze Tusche, Gouache, Kreide auf Papier, 31x47 cm, Privatbesitz
  • Abb. 72: Menschen, Grenzen, Landschaften 1, 1990 - Schwarze Tusche, Kreide, Buntstifte, Acryl auf Papier, 21x29 cm, Privatbesitz
  • Abb. 73: Menschen, Grenzen, Landschaften 5, 1987 - Schwarze Tusche, Bleistift, Acryl auf getöntem Papier, 30x44 cm, Privatbesitz
  • Abb. 74: ’81 13, 1981 - Bleistift, schwarze Tusche auf Papier, 16x24 cm, Privatbesitz
  • Abb. 75: Für den Jungen 38, 2000 - Bleistift auf Papier, 29x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 76: Für den Jungen 32, 1998 - Bleistift auf Papier, 29x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 77: Für den Jungen 35, 1998 - Bleistift auf Papier, 29,7x42 cm, Privatbesitz
  • Abb. 78: Weiter 15, 2021 - Acryl auf Leinwand, 30x30 cm, Privatbesitz
  • Abb. 79: Stufen (II) 9, 2019 - Acryl auf Leinwand, 40x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 80: Stufen 41, 2006 - Acryl auf Leinwand, 40x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 81: Stufen (II) 03, 2019 - Acryl auf Leinwand, 70x50 cm, Privatbesitz
  • Abb. 82: Stufen 7, 2009 - Acryl auf Leinwand, 70x50 cm, Privatbesitz
  • Abb. 83: Stufen 41, 2006 - Acryl auf Leinwand, 40x40 cm, Privatbesitz
  • Abb. 84: Stufen 41, 2006 - Acryl auf Leinwand, 24x30 cm, Privatbesitz
  • Abb. 85: Fortgang, Exodus 44, 2002 - Acryl auf Leinwand, 50x70 cm, Privatbesitz
  • Abb. 86: Mieträume 35, 2002 - Acryl auf Leinwand, 54x65 cm, Privatbesitz
  • Abb. 87: Stufen 33, 2006 - Acryl auf Leinwand, 24x30 cm, Privatbesitz
  • Abb. 88: Episoden A, 2000–2017 - Mischtechnik auf Papier, jeweils 15x17,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 89: Episoden B, 2000–2017 - Mischtechnik auf Papier, jeweils 15x17,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 90: Episoden C, 2000–2017 - Mischtechnik auf Papier, jeweils 15x17,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 91: Episoden D, 2000–2017 - Mischtechnik auf Papier, jeweils 15x17,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 92: Episoden E, 2000–2017 - Mischtechnik auf Papier, jeweils 15x17,5 cm, Privatbesitz
  • Abb. 93: Seh nicht, also ist nicht 1/2, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 1/2
  • Abb. 94: Seh nicht, also ist nicht 3/4, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 3/4
  • Abb. 95: Seh nicht, also ist nicht 5/6, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 5/6
  • Abb. 96: Seh nicht, also ist nicht 7/8, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 7/8
  • Abb. 97: Seh nicht, also ist nicht 11/12, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 11/12
  • Abb. 98: Seh nicht, also ist nicht 13/14, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 13/14
  • Abb. 99: Seh nicht, also ist nicht 15/16, 2022 - Nie widzę, więc nie ma, Hamburg 2022. Doppelseite 15/16
Janina Musiałczyk, 2023. Photo: Krzysztof Nast
Janina Musiałczyk, 2023

Weitere Serien der Neunziger- und Zweitausenderjahre thematisieren das Schwanken zwischen verschiedenen Seelenzuständen wie in der Folge „Es taumelt“, zwischen Bleiben und Gehen in Zeiten von Krieg, Zerstörung und Verfall (Abb. 40 . , 41 . ), zwischen Zeiten, in denen man den Boden unter der Füßen verliert (alle 1995, Abb. 54 . , 59 . ), einem letzten Aufschrei (1996, Abb. 44 . ) und Situationen, in denen man sich in widersprüchlichen Gefühlen verfängt (2000/01, Abb. 31 . , 30 . ). Die Folgen „Von hier bis dort“ (1996, Abb. 56 . , 57 . ), „Unterwegs“ (1996-98, Abb. 5 . , 6 . , 63 . ), „Auf Reisen“ (2000, Abb. 61 . ) und „Zusammen“ (2000, Abb. 27–29 . ) zeigen die Wanderer allein, in Gruppen und als Paare, eingezwängt, verschlungen oder in gegenseitigem Kampf. Sie fliehen während ihres „Fortgangs“ im „Ornament der Masse“ (Siegfried Kracauer) oder in ewig suchendem Hindernislauf (2000, Abb. 17 . , 45–49 . , 85 . ).

Musiałczyk überträgt in ihren seit 1981 entstandenen Serien eigenes Erleben in gezeichnete und gemalte Parabeln, die durch die stilistischen Mittel der Neuen Figuration, aber auch durch Rückbezüge zu Literatur, Mythologie und Kunstgeschichte Allgemeingültigkeit erlangen. Hohe kompositorische, zeichnerische und koloristische Qualität bewirken ein erzählerisches Niveau, das die Lesbarkeit der Bildszenen jenseits ihrer biografischen Verflechtungen ermöglicht – etwa wenn die Künstlerin die Bewegung der Figuren durch das Papierformat begrenzt (Abb. 53 . ), durch chaotische Strichlagen Dramatik erzeugt (Abb. 40 . ) oder durch eine besondere Art des Sfumato Beziehungen der Figuren untereinander oder zur Außenwelt charakterisiert (Abb. 28 . , 70 . ).

Wojciech Leder bezog sich 1998 in seinem Essay auf diese allgemeingültige Ebene: „Die Arbeiten meiner Lehrerin zeugen von einer ungewöhnlich subjektiven Wahrheit, die jedoch vielen Menschen gemeinsam ist. […] Diese Bilder sind ein einsamer Umgang mit […] der Zeit, die von der Sehnsucht nach vergangenen Orten, vergangenen Menschen […] geprägt ist. […] Der Intimitäts- und Aufrichtigkeitswert sickert von Empfindsamkeit zu Empfindsamkeit – beinah ein zärtliches Flüstern.“[69] Der seit 1983 in Hamburg ansässige polnische Schriftsteller und Essayist Janusz Rudnicki fühlte sich an eigene Erfahrungen erinnert: „An deinen Arbeiten hat mich aber etwas innehalten lassen. Bahnhof Mitte der sechziger Jahre, ich zehn Jahre alt, nach fünfzehn Uhr, Tag für Tag. Ich warte auf den Zug, auf Mutter, wie jeden Tag, sie kam damit von der Arbeit. Aus dem Zug ergießt sich ein Strom geklonter, grauer und gebückter Menschen. Als träten sie soeben aus einer Höhle hervor. Aus der Höhle nach Hause, ihr täglicher Marsch. Nicht auf etwas zu, sondern im Kreis. […] Es quälte mich: woher kenne ich diese menschenartigen Gestalten. […] Weißt Du, was es ist? Chromosomen. […] Zyklische Wandlungen, lange Ketten, fühlst du dich da nicht zu Hause?“[70]

Eine Affinität der Künstlerin besteht zur polnischen Plakatkunst, die seit den 1950er Jahren auch in der Bundesrepublik Deutschland in Ausstellungen und Publikationen präsent war und seitdem in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten ist.[71] Bei Film-, aber auch bei Theater-, Opern- und Ausstellungsplakaten hatten polnische Kunstschaffende in der frühen Nachkriegszeit eine neue Ästhetik entwickelt, wobei die Themen anders als bei Hollywood-Plakaten nicht direkt ins Bild übertragen, sondern in abstrakten oder expressiven Zeichen und Figuren verschlüsselt wurden.[72] Während in den Sechzigerjahren und zu Anfang der Siebzigerjahre farbige Entwürfe mit puppenartigen Motiven vorherrschten, wurde die Bildwelt zum Ende der Siebzigerjahre und in den Achtziger- und Neunzigerjahren düsterer. Jetzt herrschten unbewegliche Gesichter und zerstörte Physiognomien vor. In Kästen eingezwängte Gesichter, wie wir sie von Musiałczyk kennen, finden sich bei Plakaten von Wiktor Sadowski, bandagierte und vollständig verbundene Physiognomien bei Andrzej Pągowski. Der schreiend aufgesperrte Mund aus Musiałczyks Folge „Es taumelt“ (1996, Abb. 44 . ), natürlich auch bekannt als Motiv von Munch, findet sich zuvor bei Krzysztof Bednarski, Wiesław Wałkuski und Pągowski. Umgekehrt wurden die separierten, unbeweglichen Gesichter aus Musiałczyks „Schauenden Steinen“ später, und zwar ab 1985 bis in die 2000er Jahre hinein, bei zahlreichen Künstlern wie Stasys Eidrigevičius, Jerzy Czerniawski, Sadowski, Leszek Żebrowski und Mieczysław Górowski geradezu zum Standardmotiv.[73]

Doch Musiałczyks figürliche Szenen sind nicht ausschließlich voller Melancholie und Traurigkeit, wie häufig geschrieben wird.[74] Ihre Figuren lassen Nähe zu, sind in Streit und Kampf nicht für immer getrennt, sondern auf ewig miteinander verbunden. Einzelne treten aus der Masse heraus und gehen ihren eigenen Weg. „Da ich Deine kleinen Zeichnungen betrachte und plötzlich sehe“, schrieb Piotr eL 1998 aus Częstochowa, „hier gibt es auch noch etwas Neues, das Zuversicht gewährt“.[75]

 

[69] Siehe Anmerkung 43.

[70] Janusz Rudnicki an Janina Musiałczyk anlässlich der Ausstellung Neue Zeichnungen im Pro Linguis Kulturforum, Hamburg, Januar 2001.

[71] Vergleiche auf diesem Portal Regina Wenninger: Polnische Plakatkunst in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit (2017), https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/polnische-plakatkunst-der-bundesrepublik-der-nachkriegszeit.

[72] Vergleiche auf diesem Portal Axel Feuß: Das Sammlerehepaar Joanna und Mariusz Bednarski redet über polnische Plakatkunst, https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/das-sammlerehepaar-joanna-und-mariusz-bednarski-redet-ueber-polnische, insbesondere Seite 3.

[73] Die umfangreiche Sammlung polnischer Plakate von Mariusz Bednarski (Berlin) findet sich auf seiner Verkaufsseite Pigasus Polish Poster Shop, https://polishpostershop.com/poster/polnische-filmplakate.html (zuletzt aufgerufen am 25.10.2023).

[74] „In manchen Bildern schafft Janina Musialczyk eine irritierende Melancholie, andere sind auf eine traurige Art poetisch, zuweilen bedrückend.“ (Larissa Wasserziehr 2019, siehe Anmerkung 34). – „Die Physiognomie ist nicht exakt deutbar, neigt jedoch eher zur Traurigkeit oder Melancholie.“ (Patrick Schmidt, Eröffnungsrede zur Ausstellung Federstriche für heute, Farbschichten für gestern. Janina Musiałczyk, Zeichnungen und Bilder, Künstlerhaus Bergedorf, Hamburg 1998).

[75] Piotr eL an Janina Musiałczyk, 17.11.1994 (Übersetzung aus dem Polnischen: F.L./Z.M.).