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Polnische Plakatkunst in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit

Jan Lenica, Wozzeck, 1964

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  • Abb. 1: Wojciech Fangor, Czarna Carmen (Carmen Jones) - Eines der rund 180 Plakate, die 1962 in München zu sehen waren
  • Abb. 2: Józef Mroszczak, Student żebrak (Der Bettelstudent) - Ebenfalls auf der Münchner Ausstellung vertreten
  • Abb. 3: Henryk Tomaszewski, Henry Moore - Eines der berühmtesten Beispiele polnischer Plakatkunst
  • Abb. 4: Kulturplakate in Polen - Allgegenwärtig – so jedenfalls wurde einem westlichen Publikum gerne suggeriert
  • Abb. 5: Ausstellungen polnischer Plakatkunst in der BRD 1964-1966, Übersicht - Übersicht
  • Abb. 6: Blick in die Ausstellung „Meisterwerke polnischer Plakatkunst“ - Darmstadt, Warenhaus Henschel&Ropertz, Oktober
  • Abb. 7: Blick in die Ausstellung „Meisterwerke polnischer Plakatkunst“ - Detailaufnahme 1
  • Abb. 8: Henryk Tomaszewski, 22 Lipca (22. Juli) -
  • Abb. 9: Józef Mroszczak - Fotografie von W. Zamecznik
  • Abb. 10: Józef Mroszczak, Don Carlos, 1963 -
  • Abb. 11: Roman Cieślewicz - Fotograf: W. Zamecznik
  • Abb. 12: Roman Cieślewicz, Zawrót głowy (Vertigo) - Ankündigung eines Hitchcock-Films
  • Abb. 13: Jan Lenica - Fotograf: W. Zamecznik
  • Abb. 14: Jan Lenica, Wozzeck - Ankündigung einer Theateraufführung
  • Abb. 15: Jan Lenica, Faust - Ankündigung einer Theateraufführung
  • Abb. 16: Jan Lenica, Otello - Ankündigung einer Opernaufführung
  • Abb. 17: Jan Lenica, Olympische Spiele München -
  • Abb. 18: Monatsschrift Polen, Ausgabe BRD, Nr. 12 - Artikel zur Plakatkunst
  • Abb. 19: Franciszek Starowieyski, Gombrowicz: Operetka - Ankündigung einer Musiktheateraufführung/ Musicalaufführung
  • Abb. 20: Franciszek Starowieyski, J. Słowacki: Samuel Zborowski - Ankündigung einer Theateraufführung
  • Abb. 21: Briefmarke zum Internationalen Friedensjahr der Vereinten Nationen - Entwurf Jan Lenica
  • Abb. 22: Tomasz Sarnecki, Solidarność - W samo poludnie [Zwölf Uhr mittags], 4. Juni 1989
  • Abb. 23: Zeitschrift „Jenseits der Oder“, Heft 6 - Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Kultur- und Wirtschaftsaustausch mit Polen. Aufgrund des aus Sicht der BRD ungeklärten Grenzstatus war der Titel der Zeitschrift eine Provokation.
  • Abb. 24: Jan Lenica, Wizyta starszej pani [Der Besuch der alten Dame] - Ankündigung einer Theateraufführung
  • Abb. 25: Leszek Hołdanowicz, Pasażerka - Filmplakat
  • Abb. 26: Leszek Hołdanowicz, Bariera - Filmplakat
  • Abb. 27: Erste Internationale Plakat-Biennale Warschau - Aufnahme in der Ausstellung
Jan Lenica, Wozzeck, 1964
Jan Lenica, Wozzeck, 1964

„Frisch, aggressiv, witzig und intellektuell anspruchsvoll“. Polnische Plakatkunst in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit


1. Hymnisches

„Zeitgemäß, frisch, modern und aggressiv, witzig und intellektuell anspruchsvoll“, „kühn experimentierend“, „avantgardistisch“, „geistig anregend und aufregend“ und völlig frei von „Banalität und Kitsch“ – mit diesen Worten feierte der Kunstkritiker der Süddeutschen Zeitung Erich Pfeiffer-Belli im März 1962 eine Ausstellung polnischer Plakatkunst, die damals in der Neuen Sammlung in München zu sehen war.[1] (Abb. 1-3)

Pfeiffer-Bellis enthusiastische Besprechung ist kein Einzelfall. Sie steht vielmehr stellvertretend für praktisch alle öffentlichen Reaktionen, die Ausstellungen polnischer Plakatkunst in der damaligen Bundesrepublik hervorriefen. Ausstellungen polnische Plakate waren ein Erfolgsrezept: Wer sie organisierte, konnte sich eines positiven, wenn nicht hymnischen Presseechos sicher sein. Der Erfolg kam nicht von Ungefähr. Das hohe künstlerische Niveau der polnischen Gebrauchsgrafik war international anerkannt; insbesondere die polnische Plakatkunst galt als führend auf diesem Gebiet, sie war ein Aushängeschild polnischen Kunstschaffens und genoss auch in der Bundesrepublik einen legendär guten Ruf. Bezeichnenderweise gestand man ihr hier auch ohne Wenn und Aber den Status einer Kunstform zu, der nicht-angewandten, freien Kunst ebenbürtig und ebenso museumswürdig wie diese, was zugleich für eine Aufwertung der Gebrauchsgrafik in der Bundesrepublik sorgte.

Westdeutsche Kritiker rühmten an den polnischen Plakaten wahlweise ihren „hintergründigen Witz“, die „sprühende Lust“ an der Ironie, das „intellektuell Herausfordernde“ oder auch den „herrlich respektlosen“ Umgang mit historischen Stilformen und Sinnbildern; man pries ihre Wandlungsfähigkeit, gestalterische Kühnheit und Experimentierfreude, manchmal das „Drastisch-Gewagte“ und manchmal auch ihren „polnischen Charme“.[2] Manche Rezensenten waren nahe daran, ein Loblied auf die sozialistische Planwirtschaft anzustimmen, denn, wie der Direktor der Neuen Sammlung München Hans Eckstein lakonisch feststellte: „Dort plakatiert nicht der Geschäftsmann“,[3] und so sei es selbst den Gebrauchsgrafikern möglich, frei von den Zwängen des Marktes und Kommerzes ihre Plakate zu gestalten. Dass sich die polnische Plakatkunst selbst in der stalinistischen Zeit der frühen 1950er Jahren gestalterische Freiheiten hatte herausnehmen können, die der nicht-angewandten Kunst unter der Doktrin des sozialistischen Realismus damals verwehrt blieben, machte sie zusätzlich interessant.

 

[1] Erich Pfeiffer-Belli, „Plakate aus Polen. Eine Übersicht in der Münchner Neuen Sammlung“, Süddeutsche Zeitung, 27.03.1962, S. 12. Es handelte sich um die Ausstellung „Plakate aus Polen“, München, Die Neue Sammlung, 22.3.-29.4.1962.

[2] Zitate aus: SZ, 27.03.1962, S. 12; FAZ, 10.11.1965, S. 9; FAZ, 28.2.1966, S. 11.

[3] Hans Eckstein, „Vorwort“, in: Plakate aus Polen (Ausst.kat.), München, Die Neue Sammlung, 1962, o. P.