Kazimierz Odrobny

Fotografia portretowa Kazimierza Odrobnego (1904-1981) z 1947 r.
Fotografia portretowa Kazimierza Odrobnego (1904-1981) z 1947 r.

In den 1960er Jahren hatte Kazimierz Odrobny immer noch entscheidenden Einfluss auf die Personalpolitik des ZPU. Dieser Umstand hat die Organisation trotz einer Reihe handelnder Personen, die sein Vertrauen genossen, leider geschwächt. Insofern hatte sich Odrobny der folgenschweren Krise zu stellen, die in den Jahren 1967 und 1968 im ZPU ausbrach und die ihn dazu zwang, dem Zerfall der Organisation entgegenzuwirken, der nach der Abspaltung einer Gruppe von Funktionären um den Vorsitzenden des II. Bezirks, Dominik Marcol, drohte. Dieser wandte sich zusammen mit seinen Gefolgsleuten gegen den Vorstand des ZPU, und zwar vor allem gegen die Politik des Vorsitzenden des Verbands. Das Dilemma, vor das Odrobny gestellt wurde, machte seine Sorge um den Verband deutlich. Er hatte zu entscheiden, entweder die Abspaltung und damit auch den Niedergang des ZPU zu tolerieren oder die Organisationsstrukturen zu erhalten, beides im Zeichen der von der Bonner Regierung und vom Land Nordrhein-Westfalen bereitgestellten Subventionen. Odrobny hat diesen Kampf um den Status quodes Verbands letztlich gewonnen, allerdings zahlte er dafür einen sehr hohen Preis, da der Organisation daraufhin die Zuwendungen für das polnische Schulwesen vom Land Nordrhein-Westfalen entzogen wurden. In der Folgezeit gelang es Kazimierz Odrobny dann trotz entsprechender Bestrebungen nicht mehr, die Stärke des Verbands noch einmal wiederzuerlangen. Auch wenn er sein Gesicht vor den Funktionären und den Mitgliedern des Verbands damit wahrte, diskreditierte die Ab­spal­tung der Fraktion von Dominik Marcol seine Autorität in den Bonner Regierungskreisen. Indessenhat die Krise des Verbands seine Ambitionen nicht gemindert und er befasste sich weiterhin mit den Kriegsentschädigungen für die ehemaligen KZ-Häftlinge in Deutschland. Diesbezüglich gelang es ihm gemeinsam mit Rechtsanwalt Mieczysław Chmielewski, einen Beschluss zur Einrichtung eines großen und eines kleinen Entschädigungsfonds beim Hohen Kommissar für Flüchtlinge zu erwirken. In diesem Zusammenhang ermutigte er auch die ehemaligen Mithäftlinge, die in Polen lebten, Anträge zu stellen. Bei alledem sträubte er sich nicht gegen Kontakte zu Kreisen der Polska Zjednoczona Partia Robotnicza (PZPR), der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei. 

Dem Vorsitzenden Kazimierz Odrobny war nach Bewältigung der Krise durchaus bewusst, dass der ZPU ohne Zuwendungen für seine Arbeit nicht funktionieren konnte. Um diese schwere Zeit zu überdauern, hat er in den frühen 1970er Jahren eine Konferenz unter Beteiligung der Stowarzyszenie Polskich Kombatantów (Verband Polnischer Kombattanten), des ZPU und des Związek Polaków w Niemczech „Rodło”(Bund der Polen in Deutschland „Rodło”) initiiert. Trotz der Aufnahme dieser trilateralen Kooperation brachte das Bündnis jedoch keine zählbaren Ergebnisse hervor. Dafür wiesen die Funktionäre des ZPU ihren Vorsitzenden auf organisatorische Versäumnisse hin. Er selbst war freilich trotz gewisser Unterstützung durch das Sekretariat in Velbert nicht in der Lage, alle Aufgaben des Vorstands zu erfüllen. Dadurch blieben damals Aufgaben liegen, andere ging er gar nicht erst an. So kam es zu wachsenden Rückständen, die er Ende der 1970er Jahre nicht mehr aufarbeiten konnte. Vor diesem Hintergrund berief er bereits seit Ende der 1960er Jahre keine turnusmäßigen Ratssitzungen mehr ein, anlässlich derer die Delegierten neue Führung des Verbands hätten wählen können. Als offizieller Grund für diesen Zustand dienten die fehlenden Mittel, um die Zusammenkünfte zu finanzieren. Um die Situation zu retten und die Vorstandsarbeit fortzusetzen, nahm Kazimierz Odrobny selbst Geld zur Herausgabe des ZPU-Bulletins in die Hand, das in den polnischen Flüchtlingskreisen kursierte.

Die 1970erJahre hielten neue Herausforderungen bereit, darunter den Generationswechsel der engsten Mitarbeiter. Personen wie Czesław Brunner, Leopold Sanicki, Dr. Tadeusz Zgaiński, Dr. Henryk Bogdański, Jan Feldt und viele anderen Aktiven aus den Reihen der SN und des ZPU, die bis dahin die Politik von Kazimierz Odrobny mitgetragen haben, traten zurück, während es keine Nachfolgekandidaten für die vakanten Stellen gab. In dieser Situation berief der Vorsitzende jüngere Mitglieder des Verbands und Gefolgsleute, die seine Anschauungen teilten, in die Führung, um die Kontrolle über die Organisation zu behalten. Trotz dieser informellen Personalpolitik gelang es ihm jedoch nicht, die Mitglieder von Reisen in die Volksrepublik Polen abzuhalten. Er selbst vertrat in der gesamten Zeit seines Vorsitzes die Meinung, dass politische Flüchtlinge aus Polen nicht in das Land reisen sollten, aus dem sie geflohen waren oder in das sie nicht zurückkehren wollten. Diese rigide Auffassung verdankte sich möglicherweise seiner eigenen Überzeugung, da er nach dem Ende des Krieges kein einziges Mal nach Polen reiste. Auch als einer seiner Brüder anlässlich eines Besuchs in Velbert versuchte, ihn zur Rückkehr zu bewegen, ließ er sich nicht auf diese Entscheidung ein. In seinen Gedanken hat er die Option, nach Polen zurückzukehren, gewiss erwogen, wobei ihn allerdings das in Westdeutschland gepflegte Gerücht von Entführungen der Rückkehrer in die Volksrepublik Polen beeinflusst haben wird. Unabhängig davon hat er seine Familie und seine Bekannten, die ihn besuchen wollten, immer gern in seiner Bleibe aufgenommen. So unterhielt er bis zu seinem Tod sehr guten Kontakt zu Izabela Zięba, der Schwester von Zofia Odrobna, mit der er seit Anfang der 1980er Jahre in Briefkontakt stand. 

Mediathek
  • Kazimierz Odrobny (1904-1981), 1947.

    Kazimierz Odrobny (1904-1981), 1947.
  • Studentenverbindung K! Gedania Posnaniensis, Kazimierz Odrobny links außen

    Mitglieder der Studentenverbindung K! Gedania Posnaniensis, Kazimierz Odrobny links außen, 1930er Jahre.
  • Kazimierz Odrobny mit Lehrerkollegium der Schule für polnische DPs

    Lehrerkollegium der Schule für polnische DPs in Lippstadt, Kazimierz Odrobny rechts außen, um 1947/1948.
  • Beerdigung von Zofia Odrobna

    Beerdigung von Zofia Odrobna auf dem Friedhof in Düsseldorf-Eller, 24.09.1960
  • Titelblatt einer Publikation unter Mitwirkung von Kazimierz Odrobny

    Titelblatt einer Publikation unter Mitwirkung von Kazimierz Odrobny, Philadelphia 1974.
  • Kazimierz Odrobny in der Privataudienz bei Papst Johannes Paul II

    Kazimierz Odrobny in der Privataudienz bei Papst Johannes Paul II, Rom, 11.11.1979.