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Polnische Opfer im SS-Sonderlager Hinzert

Gedenkstätte SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert
Gedenkstätte SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert

Das SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert im nationalsozialistischen Lagersystem
 

Neben den „Eindeutschungspolen“, die in besonderen „Polen-Kommandos“ eingesetzt wurden, gab es noch zahlreiche andere Häftlingsgruppen im SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert. Zunächst war in Hinzert 1938 ein Lagerkomplex für Arbeiter, die zum Bau am „Westwall“ oder an der Reichsautobahn dienstverpflichtet worden waren, errichtet worden. Bereits 1939 wurden aber auch andere Menschen wegen arbeitsbedingter „Vergehen“ nach Hinzert ins „Arbeitserziehungslager“ gebracht, dazu trat die Funktion als „Polizeihaftlager“ und als „SS-Sonderlager“. Von Beginn an erhielt Hinzert dabei eine überregionale Funktion, denn andere neu errichtete Polizeihaftlager für straffällig gewordene Arbeiter wurden dem Lagerkommandanten des SS-Sonderlagers Hinzert unterstellt. Dieses System der „Westlager“ wurde mit den Erfolgen der Wehrmacht in Westeuropa bereits 1939/1940 obsolet. Das Lager wurde am 1. Juli 1940 der Inspektion der Konzentrationslager in Oranienburg unterstellt, die wiederum bis Februar/März 1942 in das neu entstehende SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt eingegliedert wurde. Die SS-Männer und Wachmannschaften wurden in die Waffen-SS übernommen. Seit diesem Zeitpunkt wurden zunehmend auch politische Gefangene aus den von Deutschland besetzten Ländern Europas nach Hinzert verschleppt. Der Arbeitseinsatz der Häftlinge wurde im SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt ganz der Kriegswirtschaft eingegliedert, bis hin zur „Vernichtung durch Arbeit“. Die Einsätze fanden zum ganz überwiegenden Teil in Außenkommandos unter teilweise allerschwersten Bedingungen statt und hier wie auch bei den Innenkommandos waren sadistische Schikane und Misshandlungen durch das Wachpersonal an der Tagesordnung. Über die Außenkommandos hinaus entwickelte sich seit Mitte 1944 ein Netz von Außenlagern.[1]

Es wurde das zentrale Lager für die Luxemburger Résistance. Auch politische Gefangene, die gemäß des „Nacht-und-Nebel-Erlasses“ vom 7. Dezember 1941 festgesetzt wurden, kamen ab Mai 1942 aus Frankreich nach Hinzert, insgesamt über 2.000, darunter neben französischen auch niederländische, belgische und luxemburgische Widerstandskämpfer. Frauen unter den „Nacht-und-Nebel-Häftlingen“ kamen zeitweise in das Frauenstraflager Flußbach bei Wittlich (heutiges Rheinland-Pfalz). Insgesamt drei Mal wurden Gruppen nur zum Zwecke ihrer Hinrichtung nach Hinzert gebracht. Dies geschah Mitte Oktober 1941 mit 70 sowjetischen Gefangenen, dem größten Massenmord in Hinzert. Im September 1942 wurden 20 Luxemburger und im Februar 1943 23 Luxemburger in Hinzert exekutiert. Sie wurden in Massengräbern im Wald verscharrt. Insgesamt wurden mindestens 13.600 Männer aus 20 Ländern zwischen September 1939 und März 1945 nach Hinzert deportiert.[2] Die Zahlen der gesicherten Todesfälle direkt in Hinzert, die bisher ermittelt werden konnten, beträgt 321, wobei verschiedene Quellen nahelegen, dass es tatsächlich mehr waren und nicht alle sterblichen Überreste aufgefunden werden konnten.[3] Wie viele Polen sich darunter befanden, ist bisher nicht zu klären gewesen. Der Hermeskeiler Lehrer Volker Schneider, der sich jahrzehntelang für die Aufarbeitung der Geschichte von Hinzert einsetzte, schrieb 2003 in Bezug auf die Erinnerung der Häftlinge an die Morde und das Verscharren der Leichen:

„Die Existenz von Massengräbern auf dem halboffiziellen Häftlingsfriedhof waren ab 1943 so gut wie jedem Lagerinsassen unter der Bezeichnung ‚Klein-Katyn‘ vertraut, wie überlebende Häftlinge noch heute [2003] bestätigen.“[4] 

 

[1] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 17–22, 33f [Außenlager: S. 43–74]. Für eine Liste der Außenlager und -kommandos mit grundlegenden Daten s. https://memorial-archives.international/entities/show/56bbb586759c0241b94067e6 (12.1.2022).

[2] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 23–30.

[3] Ebenda, S. 35.

[4] Schneider, Volker: Oberkapo Eugen Wipf. „… ein Scheusal in Menschengestalt“. Zu einem KZ-Verfahren in der Schweiz im Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager „SS-Sonderlager Hinzert“, Online-Publikation [Neuhütten 2003], S. 80: https://studylibde.com/doc/9134586/oberkapo-eugen-wipf---des-gymnasiums-hermeskeil (12.1.2022). Die Bezeichnung wurde von SS-Personal und Häftlingen wohl seit Frühjahr 1943 verwendet – ebenda, S. 128.

 

Unter den Häftlingen gab es auch etwa 100 Juden, sowie Sinti und Roma, die überwiegend nicht aus rassistischen, sondern aus politischen Gründen nach Hinzert verschleppt worden waren. Etwa ein Drittel der jüdischen Häftlinge wurde auf brutalste Weise ermordet, im Falle der Sinti und Roma ließ sich bisher nur ein Mord an einem Roma-Häftling belegen.[5] Ein 1895 im polnischen Weislitz (Kreis Petrikau) geborener Jude, der nach Hinzert verbracht wurde, war Aron Silberstein. Er galt als staatenlos und wohnte in den 1940er Jahren in der Stadt Luxemburg. Silberstein musste beim Bau der Reichsautobahn bei Wittlich (heute Rheinland-Pfalz) Zwangsarbeit leisten. Am 25. Februar 1942 wurde er verhaftet unter dem Vorwurf, keinen „Judenstern“ getragen zu haben. Am 10. März wurde er nach Hinzert transportiert. Nach zwei Monaten Haft im SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert wurde er von der SS ins Konzentrationslager Buchenwald überführt und dort am 28. Mai 1942 ermordet. Sein Sohn Adolf (geb. 1928) wurde im April 1942 ins Konzentrationslager Izbica (Woiwodschaft Lublin) deportiert.[6] Die Ehefrau Esther kam im Juli 1943 in Theresienstadt ums Leben; über das weitere Schicksal der beiden Töchter, die im Mai 1944 im Alter von zehn und zwölf Jahren von dort in ein bisher unbekanntes Lager verbracht wurden, ist nichts bekannt.[7]

Im Juli 1941 wurde durch den Reichsführer-SS, Heinrich Himmler das Verfahren zur Androhung von Strafen, bis hin zur Todesstrafe, von polnischen Zwangsarbeitskräften bei vermeintlichen Vergehen geändert. Der Bestrafung sollte nun eine „rassische Beurteilung“ vorausgehen. Deren Ziel war die Feststellung einer möglichen „Wiedereindeutschungsfähigkeit“. So sollten aus Sicht der Nationalsozialisten so viele Arbeitskräfte wie möglich erhalten bleiben.[8]  Übergeordnetes ideologisch-rassistisches Ziel war ein „erwünschter Bevölkerungszuwachs“ für den „deutschen Volkskörper“, bei gleichzeitiger Entfernung der entsprechenden „rassisch wertvollen Familien“ aus den Eliten des „polnischen Volkstums“.[9] Das SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert wurde der zentrale Ort für die „Eindeutschung“ polnischer Männer im nationalsozialistischen Lagersystem der.

Doch polnische Zwangsarbeiter wurden, ebenso wie viele weitere aus West- und Osteuropa, auch aus anderen Gründen als dem „Wiedereindeutschungsverfahren“ nach Hinzert verschleppt. Stanislaus Kowalski, geboren 1912 in Hörde bei Dortmund, wurde nach Hinzert ins „Arbeitserziehungslager“ gebracht. Er und seine Eltern waren sogenannte Ruhrpolen. Die Familie ging in die Heimat der Eltern, nach Wielkopolska (Großpolen) zurück, wo Kowalski zuletzt im Kreis Śrem (Schrimm) lebte; er war verheiratet und hatte ein ca. 1936 geborenes Kind. Einige Monate nach der Besetzung Polens gelangte er unter ungeklärten Umständen Ende Mai 1940 als Arbeiter zur Grube Else II der Anhaltischen Kohlenwerke AG in Mücheln (südwestlich von Halle/Saale). Bereits ab September 1940 leistete Stanislaus Kowalski Zwangsarbeit im Westen des Reichs, auf mehreren Bauernhöfen. Im November 1942 floh er von seiner letzten Arbeitsstelle in Bad Kreuznach, da er die schwere Arbeit fern der Familie nicht mehr aushielt. Bald darauf wurde er aufgegriffen und zur Gestapo Koblenz gebracht, von dort schließlich am 17. Dezember 1942 nach Hinzert ins „Arbeitserziehungslager“. Am 25. Januar 1943 wurde Stanislaus Kowalski von Hinzert nach Natzweiler transportiert, wo er in einem sehr schlechten Allgemeinzustand ankam. In den Häftlingskrankenbau wurde er dennoch erst eine gute Woche später, am 3. Februar, aufgenommen. Dort starb er am 5. Februar 1943.[10]

 

[5] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 24.

[6] Der vor der deutschen Besatzung ganz überwiegend jüdische Ort wurde als Ghetto Izbica zu einem Durchgangslager für die Vernichtungslager Bełżec, Sobibór und Treblinka.

[7] Gedenkstätte SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert, Ständige Ausstellung.

[8] Klormann, Felix: „Eindeutschungs-Polen“ im SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert, in: Grotum, Thomas (Hrsg.), Die Gestapo Trier. Beiträge zur Geschichte einer regionalen Verfolgungsbehörde, Köln u. a. 2018, S. 115–128, hier S. 115–117.

[9] Schreiben des Reichsführers SS an die Höheren SS und Polizeiführer vom 3.7.1940 mit der Anordnung über den Einsatz von eindeutschungsfähigen Polen, in: United States Holocaust Memorial Museum (USHMM), RG-15.015 M, 259, zitiert in: Heinemann, Isabel: Rasse, Siedlung, deutsches Blut. Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, Göttingen 2003, S. 282.

[10] Vgl. Hennig, Joachim: Stanislaus Kowalski. „Tod durch Abgang!“ (Konzentrationslager Natzweiler-Struthof), der das Schicksal von Stanislaus Kowalski recherchierte und darauf aufmerksam machte. https://mahnmalkoblenz.de/index.php/2013-12-12-02-07-02/die-personentafeln/230-088-stanislaus-kowalski-aus-grosspolen-in-bad-kreuznach (12.1.2022). Die historischen Stationen lassen sich an verschiedenen Dokumenten aus dem Online-Archiv des Internationalen Suchdienstes (ITS) Arolsen nachvollziehen. S. etwa Der Lagerarzt K.L. Natzweiler an Politische Abteilung des K.L. „Tod des Polen Nr. 2280 Kowalski, Stanislaus“, Natzweiler 5.2.1943, in: ITS Online Archives 01012902 oS/Dok. 3190270.

Aufarbeitung und Erinnerung
 

In der Nachkriegszeit wurden einige Mitglieder der Wachmannschaften des KZ Hinzert vor Gericht verurteilt. Für seine im KZ Mauthausen begangenen Verbrechen wurde etwa der ehemalige Lagerarzt Waldemar Wolter nach Verurteilung durch ein US-Militärgericht in Landsberg am Lech gehenkt. Der Lagerkapo Eugen Wipf, ein Schweizer Staatsbürger, starb kurz nach der Verurteilung zu lebenslänglichem Zuchthaus durch das eidgenössische Schwurgericht in Zürich 1947. Hermann Pister, der Hinzert als SS-Sonderlager gegründet und dann geführt hatte, bevor er Kommandant des KZ Buchenwald wurde (und von dort aus die Leitung über Hinzert behielt), wurde 1947 im Buchenwald-Prozess von einem amerikanischen Militärgericht zum Tode verurteilt, starb aber vor der Vollstreckung. Vor dem obersten Gericht für die französische Besatzungszone, das in Schloss Rastatt eingerichtet wurde, dem Tribunal Générale Gouvernement Militaire de la Zone Française d’occupation en Allemagne et en Autriche, wurde 1948 in zwei Prozessen Anklage gegen insgesamt 22 Beschuldigte erhoben. Einige Angeklagte wurden nicht schuldig gesprochen, über andere Haftstrafen verhängt, darunter Lebenslange Haft für die Angeklagten Windisch und Heinrich. Die Angeklagten Pammer, Reiss, Schattner und Fritz wurden zum Tode verurteilt. Diese Urteile wurden anschließend in Lebenslange Haft umgewandelt, die Dauer der Haftstrafen der anderen verkürzt. Vor deutschen Gerichten wurden 1950 Georg Schaaf und Josef Brendel zu in Anbetracht der Taten kurzen Haftstrafen verurteilt (Landgericht Mannheim). Der zweite Kommandant von Hinzert, Egon Zill, der später Kommandant des KZ Natzweiler-Struthof und des KZ Flossenbürg wurde, wurde 1955 vom Schwurgericht München zu Lebenslangem Zuchthaus verurteilt, aber bereits 1961 entlassen. Es war dasselbe Jahr, in dem Josef Brendel wegen der zuvor nicht verhandelten Ermordung der 70 sowjetischen Kriegsgefangenen in Hinzert im Oktober 1941 wieder vor Gericht stand, dieses Mal in Trier. Er wurde vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord freigesprochen.[11]

Erst in den 1980er Jahren begann vor Ort das Interesse an der Geschichte des Konzentrationslagers zu wachsen, befördert durch die Aktivitäten politischer und kirchlicher Jugendorganisationen und die Katholische Akademie in Trier. Seit den 1950er Jahren wurde das ehemalige Gelände des Häftlingslagers, das seinen Vorbesitzern zurückgegeben worden war, wieder landwirtschaftlich genutzt. Auf dem ehemaligen Häftlingsfriedhof war im Oktober 1945 von ehemaligen Häftlingen das „Hinzerter Kreuz“ errichtet worden. Anfang der 1980er Jahre war die größte materielle Spur, die an das Lager erinnerte, der 1946 von der französischen Militärverwaltung auf dem Gelände des ehemaligen Lagers der Wachmannschaften angelegte „Ehrenfriedhof“, auf den 217 zuvor im Umfeld verscharrte Tote umgebettet wurden. Dort befindet sich auch eine 1948 errichtete Sühnekapelle, die auf Initiative eines deutschen Pfarrers entstand. Dass das Gedenken an Hinzert lange eine untergeordnete Rolle spielte, spiegelt sich auch in der historischen Aufarbeitung als solche und deren öffentlicher Bewertung wider. So war es lange umstritten, dass Hinzert den Rang eines eigenständigen Konzentrationslagers im nationalsozialistischen Lagersystem hatte. Am 2. März 1967 erfolgte im Rahmen eines Verzeichnisses der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos im Bundesgesetzblatt die offizielle Einstufung von Hinzert als Konzentrationslager.[12] Dennoch wurden die – teils zentralen – Funktionen, die Hinzert innegehabt hatte, von behördlicher Seite lange Zeit ignoriert und es wurde sich „nur“ auf die Geschichte als „Arbeitserziehungslager“ konzentriert.[13]

 

[11] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 37.

[12] Sechste Verordnung zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes vom 23. Februar 1967 (BGBl. I S. 233), die zuletzt durch § 1 der Verordnung vom 24. November 1982 (BGBl. I S. 1571) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet.de/begdv_6/BJNR002330967.html (13.1.2022).

[13] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 17, 38. Vgl. Klopp, Eberhard: Hinzert – kein richtiges KZ? Ein Beispiel unter 2000, Trier 1983.

Die aus dem Französischen übernommene Bezeichnung „Ehrenfriedhof“ – ein Begriff, der im Deutschen für die Bestattung von Militärangehörigen benutzt wird – trug nicht zum öffentlichen Gedenken bei, sondern verbarg eher den Charakter des Orts. Das änderte sich im Zuge des wachsenden Engagements in den 1980er Jahren. Die Erinnerung an das Konzentrationslager und die hier Ermordeten manifestierte sich schließlich auch im öffentlichen Raum, als am 11. Oktober 1986 eine Skulptur des Bildhauers Lucien Wercollier (1908–2002), ein ehemaliger Hinzert-Gefangener, errichtet wurde.[14] Wercollier, seit 1941 mit Ausstellungsverbot belegt, war im Widerstand organisiert, und wurde im Herbst 1942 für seine Teilnahme am Luxemburger Generalstreik mit vielen anderen verhaftet und nach Hinzert verschleppt. Von dort kam er später ins Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek. Er überlebte auch dieses Lager und konnte im Juni 1945 nach Luxemburg zurückkehren. Wercollier, der sich der abstrakten Darstellung zuwandte, wurde einer der renommiertesten zeitgenössischen Luxemburger Künstler.[15] Seine Bronzeplastik in Hinzert zeigt drei sich nach oben verjüngende Stelen. Die abstrahierten Formen gemahnen an Häftlingsgestalten. Sie sind gebeugt, einander und einer Feuerschale in ihrer Mitte zugewandt. Eine Inschrift in lateinischer und deutscher Sprache lautet: „Durchdrungen von Menschlichkeit, Frieden und Gerechtigkeit“.

Es gab auch Widerstände gegen die Gedenkarbeit, wie sie etwa der sehr aktive Hermeskeiler Lehrer Volker Schneider, der sich zusammen mit Schüler:innen engagierte, zu spüren bekam. Im Jahr 1989 gründete sich ein Förderverein für eine Dokumentations- und Begegnungsstätte, zwei Jahre später wurde die Pflege der KZ-Gedenkstätten zu einem Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung. So konnte eine Konzeption erarbeitet und 2002 ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden. Am 10. Dezember 2005 wurde schließlich das Dokumentations- und Begegnungsaus eröffnet, das eine von der Landeszentrale für politische Bildung konzipierte Dauerausstellung beherbergt.[16]

 

Julia Röttjer, Mai 2022

 

[14] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 38. Wercollier hatte auch bereits die Sühnekappelle mit einer Holzskulptur von Maria als „Trösterin der Betrübten“ (Maria Consolatrix afflictorum), der Landespatronin Luxemburgs, ausgestattet – Förderverein Gedenkstätte KZ Hinzert e.V. (Hrsg.): Schweigen durchbrechen. 20 Jahre Förderverein Gedenkstätte KZ Hinzert 1989 – 2009, Trier 2009, S. 11.

[15] Vgl. Muller, Joseph-Émile: Lucien Wercollier, Paris 1976.

[16] Bader, Uwe; Welter, Beate: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, in: Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 17–74, hier S. 38f. Webseite der Einrichtung: https://www.gedenkstaette-hinzert-rlp.de/ (12.1.2022).

Mediateka
  • SS-Offiziere inspizieren das Lager Hinzert

    rechts: Kommandant Hermann Pister, um 1940-41
  • Teil des ehemaligen Häftlingsfriedhofs im Lager Hinzert

    Hier wurden die toten Häftlinge halboffiziell begraben oder auch nur verscharrt, zum Teil in Massengräbern
  • Untersuchungsbogen von Stanislaus Kowalski

    Häftling des Lagers Hinzert, hier Arbeitserziehungslager, vom 17.12.1942 (Ankunft) bzw. 25.1.1943 (Abtransport)
  • Untersuchungsbogen von Stanislaus Kowalski (zweite Seite / Rückseite)

    Häftling des Lagers Hinzert, hier Arbeitserziehungslager, vom 17.12.1942 (Ankunft) bzw. 25.1.1943 (Abtransport)
  • „Ehrenfriedhof“ im ehem. Lager Hinzert

    1946 von der französischen Militärverwaltung angelegt, 217 zuvor im Umfeld verscharrte Tote wurden hierhin umgebettet
  • Sühnekapelle auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Hinzert

    1948 auf dem von der französischen Militärverwaltung angelegten „Ehrenfriedhof“ errichtet
  • Bronzeplastik des ehemaligen Häftlings Lucien Wercollier im Lager Hinzert

    1986 errichtet, drei abstrahierte Häftlingsgestalten, die sich über eine Feuerschale beugen
  • Gedenkstätte SS-Sonderlager/Konzentrationslager Hinzert

    Nach Jahrzehnten konnte schließlich 2005 das Dokumentations- und Begegnungshaus eröffnet werden