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Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern Piasten: 1088 Władysław I. Herman

Emmeram-Evangliar/Ewangeliarz Emmeramski, Ende 11. Jahrhundert, Skriptorium des Klosters St. Emmeram in Regensburg im Auftrag von König Heinrich IV., möglicherweise Mitgift zur Hochzeit von Judith von Schwaben mit Władysław I. Herman, Inv. Nr. KP 208, fol. 2v, Bibliothek des Domkapitels zu Krakau/Biblioteka Krakowskiej Kapituły Katedralnej
Emmeram-Evangliar/Ewangeliarz Emmeramski, Ende 11. Jahrhundert, Skriptorium des Klosters St. Emmeram in Regensburg im Auftrag von König Heinrich IV., möglicherweise Mitgift zur Hochzeit von Judith von Schwaben mit Władysław I. Herman

1088 Władysław I. Herman (um 1043-1102), Herzog von Polen, heiratet in dritter Ehe Judith von Schwaben, Judith von Ungarn/Judyta Maria Salicka, Judyta Maria Szwabska (1047/54-nach 1105), Tochter von Heinrich III. (1016/17-1056), Kaiser des Römisch-Deutschen Reiches

Władysław I. Herman ist der zweitälteste Sohn von Kasimir I. Karl/Kazimierz I. Karol, Herzog von Polen, und Prinzessin Maria Dobronega von Kiew (vor 1012-1087), vermutlich Tochter von Wladimir I. dem Großen (um 960-1015), Fürst der Kiewer Rus. Die Großeltern väterlicherseits sind der polnische König Mieszko II. Lambert (990-1034) und die lothringische Grafentochter Richeza/Rycheza Lotaryńska (um 996-1063), eine Enkelin von Kaiser Otto II. und Nichte von Otto III., „die polnische Königin am Rhein“. Damit ist Władysław I. Herman mit dem ottonischen Herrscherhaus verwandt. Seinen zweiten Namen verdankt er seinem Großonkel, Erzbischof Hermann II. von Köln (um 995-1056).[1] Um 1070 heiratet er nach slawischem Ritus eine namentlich unbekannte Polin, möglicherweise Przecława aus der Familie Prawdzic. Nachdem die katholische Kirche diese Ehe nicht anerkennt, gilt der gemeinsame Sohn Zbigniew (um 1070-1112) als außerehelich und damit illegitim.

Die Herrschaft als Herzog von Polen übernimmt Władysław Herman um 1079/80 von seinem älteren Bruder Bolesław II. (1042-1081), als dieser nach einer bewaffneten Revolte ins ungarische Exil gehen muss. Während sich Bolesław II., der Kühne oder der Großzügige/Śmiały oder Szczodry, 1076 unter Umgehung des bedrängten deutschen Königs Heinrich IV. selbst zum König von Polen gekrönt hat, versäumt Władysław Herman, nach der Königswürde zu greifen. Mit seiner Amtsübernahme, also um 1080, trennt er sich von seiner ersten Frau, vermutlich um den Konflikt mit der katholischen Kirche zu beenden und um eine bereits bestehende Allianz mit dem böhmischen Herrscherhaus der Přemysliden zu erneuern. Er heiratet Judith, die Tochter seines Schwagers, des böhmischen Fürsten Vratislav II. (um 1035-1092), der seit 1062 mit Władysław Hermans Schwester Świętosława/Svatava verheiratet ist. Schon diese Ehe war dazu gedacht, die traditionell schlechten Beziehungen zwischen Böhmen und Polen zu verbessern. Trotz dieser zweifach abgesicherten Verbindung kommt es laufend zu Grenzkonflikten, weshalb Heinrich IV. 1071 in Meißen einen Friedensschluss zwischen Polen und Böhmen erzwingt, der aber keinen Bestand hat.

Aus der Perspektive von Heinrich IV. ist diese Eheschließung jedoch ein Erfolg, denn Vratislav II. ist ein treuer Verbündeter in seinem Kampf gegen den amtierenden Papst Gregor VII. Sowohl der Wechsel auf dem polnischen Thron als auch die neue polnisch-böhmische Allianz stärken also den deutschen König und schwächen die Anhänger des Papstes. Die Ehe mit Judith von Böhmen stelle, so die Lubliner Mittelalterhistorikerin Joanna Sobiesiak, „eine Besiegelung dieser Übereinkunft und der neuen politischen Orientierung des Piastenhofes dar.“[2] Die Politik Władysław Hermans gegenüber Böhmen zeige aber auch „die beschränkte zeitliche Wirkung politischer Bündnisse, die durch Heiraten bekräftigt“ werden; denn Judith stirbt bereits 1086. Ihr Tod sowie eine neue Ehe von Władysław Herman 1088 mit Judith von Schwaben, außerdem ein Wechsel auf dem böhmischen Thron 1092 von Vratislav zu dessen Sohn Břetislav II. führen erneut zur Trennung der politischen Interessen der Přemysliden und der Piasten. Dies hat unter anderem zur Folge, dass Władysław Herman aufhört, Tribut für Schlesien zu zahlen, obwohl ihn Břetislav bei seiner Amtsübernahme dazu aufgefordert hat.[3]

 

[1] Röckelein 2006 (siehe Literatur), Seite 115, Anmerkung 72

[2] Sobiesiak 2015 (siehe Literatur), Seite 114. Vergleiche auch Maleczyński 2010 (siehe Literatur), Seite 17 f.

[3] Sobiesiak 2015 (siehe Literatur), Seite 114 f.

Die Hochzeit zwischen Władysław Herman und Judith von Schwaben, der Witwe des ungarischen Königs Salomon (1053-1087), im Jahre 1088 bedeutet für Polen eine erneute Hinwendung zum Römisch-Deutschen Reich. Denn die neue Ehefrau ist eine Schwester von Heinrich IV., der 1084 zum Kaiser gekrönt worden ist. Auch Judiths erste Ehe mit Salomon von Ungarn, die schon als Kleinkinder miteinander verlobt und schließlich um 1063 verheiratet worden sind, hatte politische Gründe. Judiths Vater Heinrich III. und Salomons Vater Andreas I. wollten durch diese Verbindung jahrelange Feindseligkeiten zwischen den Saliern und den Árpáden beilegen. Zwar war die Ehe unglücklich, doch Quellen berichten, dass Judith auf Politik und Wirtschaft in Ungarn Einfluss ausgeübt haben soll.[4] Als Salomon 1074 von seinen Cousins gestürzt wird, verlässt Judith Ungarn und lebt bis 1088 in Regensburg, ohne ihren Gatten jemals wiederzusehen. Dieser stirbt 1087 in Adrianopel (heute Edirne) während eines Feldzugs gegen das Byzantinische Reich.

Władysław I. Herman ist durch seine Großmutter Richeza und durch seinen Vater Kasimir I. Karl, der 1038/39 aus dem Exil in Brauweiler am Rhein nach Polen zurückgekehrt ist und die Herrschaft übernommen hat, offensichtlich mit dem deutschen Klerus und dem Kirchenbau in Deutschland bekannt und vertraut. Sowohl Kasimir als auch dessen Söhne Bolesław II. und Władysław Herman holen aus dem Rheinland Benediktinermönche als Missionare sowie Handwerker aus der Mainzer Dombauhütte für den Kirchenbau nach Polen.[5] Ab etwa 1080 lässt Władysław Herman auf dem Wawel in Krakau die dem heiligen Wenzel/św. Wacław gewidmete Kathedrale, den zweiten romanischen Vorgängerbau der heutigen Basilika, die sogenannte Hermans-Kathedrale/Katedra hermanowska, von rheinischen Bauleuten „konzipieren und ausführen“.[6] Sie wird erst 1142 geweiht. Ab 1079 errichten offenbar Bauleute aus dem niedersächsischen Raum die von dem Pfalzgrafen/Palatyn Sieciech gestiftete Kirche St. Andreas/Kościół św. Andrzeja w Krakowie, die Parallelen zur Stiftskirche St. Georg in Goslar aufweisen soll.[7]

Judith von Schwaben trifft in Polen im Jahr 1088 in Begleitung eines jungen Geistlichen mit Namen Otto ein, der aus schwäbischem Adelsgeschlecht stammt und im Auftrag von Heinrich IV. bereits am Zustandekommen der Heirat beteiligt gewesen sein soll. Er wird bis 1090 als Kaplan am Hof von Władysław Herman in Płock tätig sein. 1091 wird er an den Hof Heinrichs IV. zurückgerufen, 1097 mit dem Weiterbau des Doms zu Speyer betraut, 1102 zum Vorsteher der königlichen Kanzlei ernannt und noch im selben Jahr vom Kaiser als Bischof Otto I. von Bamberg eingesetzt. Ein Evangeliar, dessen Miniaturen Bildnisse deutscher Kaiser und Könige von Heinrich I. bis Heinrich IV. sowie Regensburger Bischöfe zeigt (Titelbild) kommt als Mitgift für Judith oder als späteres Geschenk von Heinrich IV. nach Polen und befindet sich heute in der Bibliothek des Krakauer Domkapitels. Es ist vermutlich von Heinrich IV. im Skriptorium des Klosters St. Emmeram in Regensburg in Auftrag gegeben worden.

[4] Vergleiche Bagi 2015 (siehe Literatur), Seite 140 f.

[5] Zygmunt Świechowski: Romanische Baukunst Polens und ihre Beziehungen zu Deutschland, in: Westfalen, Band 43, Seite 161-190; Zygmunt Świechowski: Romanesque Art in Poland, Warschau 1983, Seite 19 f.

[6] Röckelein 2006 (siehe Literatur), Seite 121

[7] Ebenda

 

Ähnlich wie in Ungarn wird Judith offenbar auch in Polen politisch aktiv. Sie unterhält ein enges, vermutlich sogar intimes Verhältnis zu Sieciech, dem Władysław Herman schon bald nach seiner Amtsübernahme 1080 die Regierungsgeschäfte übertragen hat, und mischt sich in die Thronfolge zwischen den Brüdern Zbigniew und Bolesław III. Schiefmund/Bolesław III Krzywousty (1086-1138), dem Sohn aus Władysław Hermans Ehe mit Judith von Böhmen, ein. Möglicherweise auf ihr Betreiben hin wird Zbigniew 1089 in das von Adelheid von Schwaben, einer Schwester von Judith von Schwaben und Heinrich IV., geleitete Damenstift nach Quedlinburg gebracht.[8] Ihr und Sieciech wird auch der Tod von Mieszko Bolesławowic, dem Neffen von Władysław Herman zugeschrieben, der 1086 aus dem ungarischen Exil seines inzwischen verstorbenen Vaters Bolesław II. nach Polen zurückgekehrt ist, eine Gefahr für die Thronfolge darstellt und 1089 vergiftet wird. Eine zwischen Zbigniew und Bolesław ausgelöste Bruderfehde endet erst 1100/01 mit der Vertreibung von Sieciech und mündet schließlich beim Tod von Władysław I. Herman 1102 in einer Teilung Polens, bei der Zbigniew Großpolen, Kujawien und Masowien erhält und Bolesław III. künftig über Schlesien und Kleinpolen herrscht.

1105 soll Judith die Benediktinerabtei Tyniec bei Krakau durch Schenkung zweier Dörfer unterstützt haben. Ihren Lebensabend verbringt sie möglicherweise bei ihrer aus der Ehe mit Władysław Herman stammenden Tochter Adelajda/Adelheid in Cham, die vor 1118 Diepold III. von Vohburg (1075-1146), den Markgrafen auf dem Nordgau, geheiratet hat. Eine weitere Tochter heiratet vor 1108 den Fürsten der Wladimirer Rus, Jaroslaw I. Die dritte Tochter, Agnes (um 1090-1125), wird 1110/11 Äbtissin in den hochadligen Damenstiften Gandersheim und Quedlinburg. Judith wird nach übereinstimmenden Angaben in hohem Alter im Benediktinerstift Admont in der österreichischen Steiermark beigesetzt.

Axel Feuß, Juli 2021

 

Literatur:

Norbert Kersken / Przemysław Wiszewski: Neue Nachbarn in der Mitte Europas: Polen und das Reich im Mittelalter (WBG Deutsch-polnische Geschichte, 1: Mittelalter), Darmstadt 2020

Fernhändler, Dynasten, Kleriker. Die piastische Herrschaft in kontinentalen Beziehungsgeflechten vom 10. bis zum frühen 13. Jahrhundert, herausgegeben von Dariusz Adamczyk und Norbert Kersken, Wiesbaden 2015 (darin: Norbert Kersken: Heiratsbeziehungen der Piasten zum römisch-deutschen Reich, Seite 82 f., 90-92, 101 f.; Joanna Sobiesiak: Mulier suadens und andere Damen. Dynastische Heiraten in der Geschichte der polnisch-böhmischen Beziehungen des 10.-12. Jahrhunderts, Seite 112-115; Dániel Bagi: Genealogische Beziehungen zwischen Piasten und Árpáden im 11. und frühen 12. Jahrhundert, Seite 140 f., 153)

Eduard Mühle: Die Piasten. Polen im Mittelalter, München 2011, Seite 34-38

Karol Maleczyński: Bolesław III Krzywousty (1975), Krakau 2010

Hedwig Röckelein: Heiraten, ein Instrument hochmittelalterlicher Politik, in: Der Hoftag in Quedlinburg 973. Von den historischen Wurzeln zum Neuen Europa, herausgegeben von Andreas Ranft, Berlin 2006, Seite 99-136

Owald Balzer: Genealogia Piastów, 2. Auflage, Krakau 2005

Kazimierz Jasiński: Rodowód pierwszych Piastów, 2. Auflage, Poznań 2004, Seite 158-175, 199-203

Bernd Schneidmüller: Otto I., heilig, Bischof von Bamberg, in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 669 f. [Online-Version], https://www.deutsche-biographie.de/sfz74092.html#ndbcontent

Judyta Maria Salicka, in: Polski Słownik Biograficzny, Band 11, 1964/65, Seite 316

(alle Links wurden zuletzt im Juni 2021 aufgerufen)

 

[8] Maleczyński 2010 (siehe Literatur), Seite 22 f., 30. Vergleiche auch Roman Grodecki / Stanisław Zachorowski: Dzieje Polski średniowiecznej (1926), Band 1, Krakau 1995, Seite 129; Andrzej Garlicki: Poczet królów i ksia̜ża̜t polskich, 3. Auflage, Warschau 1984

 

Vollständige Abbildungsbeschreibung:

Emmeram-Evangliar/Ewangeliarz Emmeramski, Ende 11. Jahrhundert, Skriptorium des Klosters St. Emmeram in Regensburg im Auftrag von König Heinrich IV., möglicherweise Mitgift zur Hochzeit von Judith von Schwaben mit Władysław I. Herman, Inv. Nr. KP 208, fol. 2v, Bibliothek des Domkapitels zu Krakau/Biblioteka Krakowskiej Kapituły Katedralnej

 

 

 

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Piasten

Um 978 Mieszko I.

984 Bolesław I. Chrobry

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1018 Bolesław I. Chrobry

1115 Bolesław III. Schiefmund/Bolesław III Krzywousty

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