Der erste Kongress der Polen in Deutschland 1938

Bühnenbild des Kongresses

Diese Sätze wurden zum „Dekalog“ der Polen in Deutschland. In den nächsten Monaten verbreiteten sie alle polnische Radiosender und die Presse. Im Senat der Republik Polen sprach am 9. März 1938 der Senator aus Posen, Witold Jeszke, wie folgt: „Der Kongress in Deutschland war ein stolzes und würdiges Fest. Auf diesem Kongress wurden die Wahrheiten der Polen feierlich verabschiedet. Von diesen Wahrheiten sollten sich nicht nur die nationalen Minderheiten leiten lassen, wo sie sich auch immer befinden, sondern sie sollten ein Beispiel für alle Polen sein…“.

Der Kongress sollte von einem Berliner Sender, dem Deutschlandsender, mit dem der Polnische Sender (Polskie Radio) einen Vertrag geschlossen hatte, aufgenommen werden. Die Mitarbeiter des Deutschlandsenders kamen erst Mitte des Kongresses. Am nächsten Tag informierten sie die verblüfften Veranstalter, dass aufgrund technischer Probleme mit den Aufnahmegeräten der „Verlauf des Kongresses nicht aufgezeichnet wurde“. Zum Glück hatten die Veranstalter parallel zu der Abmachung mit den Deutschen eigene Aufnahme veranlasst. Die Aufnahmegeräte wurden im Theatersaal geheim installiert. Im Berliner Studio der schwedischen Firma Mix / Goernes haben der Techniker Antoni Brzozowski und der Redakteur Edmund Osmańczyk das Material gesichtet und montiert: eine 30-Minuten-Reportage für den Radiosender und eine 60-Minuten-Dokumentaraufnahme für ein Schallplattenalbum. Eine Woche später wurde das Material gesendet und die Schallplatten in einer Auflage von 500 Exemplaren wurden in Deutschland und im Ausland vertrieben. Die politische Polizei, die Gestapo, war von dieser Aktion völlig überrascht. Nach Ausbruch des Krieges wurden diese Aufnahmen gesucht und von der Gestapo zerstört. Den Krieg überlebten nur zwei Exemplare. Eines dieser Exemplare schenkte der Bruder von Dr. Jan Kaczmarek, Edmund Kaczmarek, dem Historischen Museum in Oppeln (Opole).

Der Kongress stellte die Organisationsfähigkeiten des „Bundes der Polen in Deutschland“ sowie die Mobilisierung und die Einheit seiner Mitglieder unter Beweis. Er belebte die Tätigkeit der Organisation in den Regionen, manifestierte die Lebendigkeit der nationalen Zugehörigkeit der Polen in Deutschland. Obschon die deutschen Machthaber mittelbar die Vorbereitungen zum Kongresse erschwerten und ihre negative Einstellung gegenüber den Polen immer offensichtlicher wurde, konnte die legale Durchführung einer von einer nationalen Minderheit organisierten Großveranstaltung in der deutschen Hauptstadt, von der NS-Regierung als Beweis für ihre angeblich liberale Innenpolitik benutzt werden. Die erhoffte Wirkung des Kongresses weitere Repressalien gegen den „Bund der Polen in Deutschland“ und gegen die polnischen Minderheit im Deutschen Reich zu verhindern, wurde leider - wie die Folgejahre zeigten - nicht erreicht.

 

Krzysztof Ruchniewicz, Juni 2014

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