Piotrowski, Antoni

Selbstporträt mit Palette/Portret własny z paletą, 1893. Öl auf Leinwand, 161 x 111 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie
Selbstporträt mit Palette/Portret własny z paletą, 1893. Öl auf Leinwand, 161 x 111 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie

Piotrowski, Antoni, polnischer Maler, Zeichner, Illustrator, Grafiker und Publizist, Mitglied der „Münchner Schule“. 1875-77 Student derAkademie der Bildenden Künste München. *7.9.1853 Nietulisko Duże bei Kunów, †12.12.1924 Warschau. Jüngstes von 13 Kindern des Gutsbesitzers (laut Münchner Matrikelbuch) bzw. Pächters und Bürgermeisters der Gemeinde Kunów (laut IPSB), Wincenty P., und seiner Ehefrau Marianna Zabierzewska. Nach dem Tod des Vaters 1854 lebt er mit der Mutter und Geschwistern in Radom. 1865 geht er mit der Mutter und einer Schwester nach Warschau, wo er am Institut für Gehörlose/Instytut Głuchoniemych arbeitet. Ab 1867 nimmt er Unterricht im privaten Atelier von Wojciech Gerson (1831-1901), ab 1869 in der von Gerson geleiteten Zeichenklasse/Klasa Rysunkowa und studiert dort bei Rafał Hadziewicz (1803-1883) und Aleksander Kamiński (Alexander Kaminski, 1823-1886); Freundschaft mit Józef Chełmoński (1849-1914, Mitglied der „Münchner Schule“). Daneben erlernt er die Technik des Holzschnitts bei dem Zeichner, Illustrator und Maler Michael Elwiro Andriolli (1836-1893)in der Holzschnitt-Werkstatt der Zeitschrift Tydodnik Ilustrowany; ab 1875 arbeitet er ständig als Zeichner für diese Zeitschrift. Ab Herbst 1873 teilt er sich mit Chełmoński und Stanisław Witkiewicz (1851-1915, Mitglied der „Münchner Schule“) Wohnung und Atelier im Hotel Europejski; gemeinsam unternehmen sie Malausflüge aufs Land. Im Oktober 1875 geht er zusammen mit Jan Owidzki (1852-1913) und Leon Wyczółkowski (1852-1936, beide Mitglieder der „Münchner Schule“) zum Studium nach München. Am 28.10.1875 Eintritt in die Naturklasse der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München, Studium bis 1877 bei dem Historien- und Figurenmaler Alexander Strähuber (1814-1882) und dem Figuren- und Genremaler Hermann Lindenschmit (1857-1939). Das Atelier teilt er sich mit Owidzki und Wyczółkowski; alle haben enge Kontakte zur polnischen Künstlerkolonie in München. Nach seiner Rückkehr nach Polen studiert er ab Ende 1877 an der Schule der Schönen Künste/Szkoła Sztuk Pięknych in Krakau bei Jan Matejko (1838-1893, Mitglied der „Münchner Schule“), dessen Art der Historienmalerei er jedoch nicht zu folgen vermag. 1878 geht er nach Paris, wo er etwa vier Jahre bleibt; Kontakt zu dem Bildhauer Cyprian Godebski (1835-1909) und dem Schriftsteller Henryk Sienkiewicz (1846-1916). 1884 eröffnet er in Krakau ein Atelier in der Villa des Architekten Tadeusz Stryjeński (1849-1943). Gleichzeitig unterrichtet er 1884-86 an den Höheren Frauenkursen/Wyższe Kursy dla Kobiet von Adrian Baraniecki (1828-1891); 1884 ist Olga Boznańska (1865-1940, Mitglied der „Münchner Schule“) seine Schülerin. 1885-86 ist er in Bulgarien im Serbisch-Bulgarischen Krieg als Kriegsmaler und Korrespondent für britische und französische Zeitschriften; Auftrag des Fürsten Alexander I. von Bulgarien für einen Gemälde-Zyklus über diesen Krieg für die Nationalgalerie in Sofia. Weitere Reisen nach Bulgarien folgen, 1890 nach Kreta, 1897-1903 in den Nahen Osten. 1897 Gründungsmitglied der Krakauer Künstlervereinigung Towarzystwo Artystów Polskich „Sztuka“.

 

1900 lässt er sich in Warschau nieder und arbeitet seitdem unter anderem als Korrespondent der Londoner Zeitschrift Daily Graphic, für die er Kriegsereignisse in Rumänien, Serbien, Bulgarien und Griechenland dokumentiert. – P. malt Landschaften, Genreszenen aus dem bäuerlichen Leben der masowischen Dörfer und Volkstypen. Seit seinem Studium in München widmet er sich Szenen des Januaraufstands von 1863, die sich stilistisch an Maksymilian Gierymski (1846-1874) orientieren, unter dem Einfluss der in München ansässigen polnischen Maler Józef Brandt (1841-1915) und Alfred Wierusz Kowalski (1849-1915, alle Mitglieder der „Münchner Schule“) Pferdeszenen jeglicher Art („Am Abend der Hochzeit“/„Ślub wieczorem“, Öl, 1882, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie), die sich im realistischen Stil der „Münchner Schule“ durch erzählerische Vielfalt und detailreiche Widergabe von Kostümen und Gerätschaften auszeichnen. Eine umfangreiche Serie von Zeichnungen mit historischen, Genre- und Pferdeszenen (im Nationalmuseum Warschau) schafft er 1901 zu dem Roman „Ogniem i mieczem“/„Mit Feuer und Schwert“ (1884) von Sienkiewicz, der den Chmelnyzkyj-Aufstand 1648-57 gegen Polen-Litauen thematisiert. Seine Gemälde zum Serbisch-Bulgarischen Krieg, darunter Schlachtengemälde, Genrebilder und Porträts, sind für die Nationalgeschichte Bulgariens von Bedeutung und haben die Erinnerungskultur des Landes geprägt („Das Massaker von Batak 1874“, 1892, Öl, Nationale Kunstgalerie, Sofia). In den 1890er-Jahren widmet er sich symbolistischen Themen („Nymphen und Satyre“, 1890). Deckenmalereien schafft er 1898 im Palais des jüdischen Industriellen Jakub Hertz (1846-1929) in Łódź. 1894-96 arbeitet er in München unter der Leitung von Louis (Ludwig) Boller (1862-1896) und zusammen mit Stanisław Janowski (1866-1942), Teodor Axentowicz (1859-1938, beide Mitglieder der „Münchner Schule“) und anderenan einem „Panorama der Tatra“/„Panorama Tatr“ (Fragmente im Nationalmuseum Krakau/Muzeum Narodowe w Krakowie), das zunächst in München und später in Warschau ausgestellt wird. 1896 ist er in Berlin an dem Panorama „Napoleons Überfahrt über die Beresina 1812“ unter der Leitung von Julian Fałat (1853-1929) und Wojciech Kossak (1856-1942, beide Mitglieder der „Münchner Schule“) beteiligt. Im Bereich der Grafik schafft er Landschaften und Genreszenen als Radierungen und Aquatinten. Werke befinden sich in den Nationalmuseen von Warschau, Krakau. Breslau/Wrocław und Posen/Poznań, im Kunstmuseum Łódź/Muzeum Sztuki w Łodzi, in den Bezirksmuseenvon Rzeszów und Suwałki, im Museum der Landschaft Zawkrze in Mława/Muzeum Ziemi Zawkrzeńskiej w Mławie, im Masowischen Museumin Płock/Muzeum Mazowieckie w Płocku, in Warschau im Museum der Geschichte der polnischen Volksbewegung/Muzeum Historii Polskiego Ruchu Ludowego w Warszawie, in Białystok im Armeemuseu/Muzeum Wojska und im Museum von Podlachien/Muzeum Podlaskiego w Białymstoku, in Paris in der Société historique et littéraire polonaise und in Sofia in der Nationalen Kunstgalerie und im Militärmuseum.

 

Einzelausstellungen: 1896, 1900 Krakau, Tuchhallen/Sukiennice / Warschau: 1897, 1909, 1920, 1925 (posthume Retrospektive) Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych; 1901, 1906 Salon Krywult; 1907 Salon Kulikowski

 

Gruppenausstellungen: ab 1872 Krakau, Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych w Krakowie / ab 1874 Warschau, Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych / ab 1874 Lemberg (heute Lviv), Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych we Lwowie

 

Literatur: Polski słownik biograficzny, Band 26, 1981, Seite 461; Hans-Peter Bühler: Jäger, Kosaken und polnische Reiter. Josef von Brandt, Alfred von Wierusz-Kowalski, Franz Roubaud und der Münchner Polenkreis, Hildesheim/Zürich/New York 1993, Abbildung 42-44, 46, Seite 16, 48, 60, 100, 164;Halina Stępień/Maria Liczbińska: Artyści polscy w środowisku monachijskim w latach 1828-1914. Materiały źródłowe, Warschau 1994, Seite 12, 58; U. Makowska, in: Słownik Artystów Polskich i w Polsce działających, Band VII, Warschau 2003, Seite 210-219; Jerzy Malinowski: Malarstwo polskie XIX wieku, Warschau 2003; Martina Baleva: Nationalmythos Batak. Die Dekonstruktion eines Bildes und die Folgen, in: Kritische Berichte, 36. Jg., Nr. 2, 2008, Seite 21-30; Horst Bredekamp: Das Bild des bulgarischen Staatskörpers als Organ der Gewalt, ebenda, Seite 31-35; Martina Baleva: Fremde Künstler – eigene Mythen. Der polnische Künstler Antoni Piotrowski und das Massaker im bulgarischen Batak, in: Matthias Krüger/Isabella Woldt (Herausgeber): Im Dienst der Nation. Identitätsstiftungen und Identitätsbrüche in Werken der bildenden Kunst, Berlin 2011, Seite 373–397; Martina Baleva: Bulgarien im Bild. Die Erfindung von Nationen auf dem Balkan in der Kunst des 19. Jahrhunderts, Köln/Wien 2012; Egzotyczna Europa. Kraj urodzenia na płótnach polskich monachijczyków/Das exotische Europa. Heimatvisionen auf den Gemälden der polnischen Künstler in München, Ausstellungs-Katalog Muzeum Okre̜gowe w Suwałkach, Suwałki 2015; C. Rohrschneider, in: De Gruyter Allgemeines Künstlerlexikon, Band 96, Berlin/Boston 2017, Seite 18

 

Online: Matrikelbuch 2, Akademie der Bildenden Künste München, 03235 Antoni Piotrowski, https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1841-1884/jahr_1875/matrikel-03235

Werke im Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie auf Muzeum Cyfrowe, http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/results?action=SimpleSearchAction&type=-2&mdirids=1&ipp=20&p=0&q=Piotrowski,%20Antoni

Maria Zakrzewska, auf Internetowy polski słownik biograficzny, http://ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/antoni-piotrowski

Ausstellung Antoni Piotrowski 2010/11 im Bezirksmuseum Suwałki/Muzeum Okręgowe w Suwałkach, http://muzeum.suwalki.pl/wystawy-czasowe/antoni-piotrowski-1853-1924/

Zahlreiche Werke auf artyzm.com, http://artyzm.com/e_artysta.php?id=564&page=1

30 Werke beim Auktionshaus Agra Art, Warschau, http://www.agraart.pl/htdocs/english/new/gallery.php?off=0&curr=PLN&sch=1&ord=cu&s=1&gal=1&id_malarza=208

7 Werke beim Auktionshaus Desa Unicum, Warschau, https://desa.pl/pl/search/archive?q=Antoni%20Piotrowski

Zahlreiche Werke im Auktionshandel auf invaluable.com, https://www.invaluable.com/artist/piotrowski-antoni-33340cz6lz/sold-at-auction-prices/

Zahlreiche Werke im Auktionshandel auf onebid.pl, https://onebid.pl/pl/artist/Antoni-Piotrowski

Zahlreiche Werke im Auktionshandel auf artnet.com, http://www.artnet.com/artists/antoni-piotrowski/

(alle aufgerufen am 17.7.2018)

 

Axel Feuß, August 2018

Mediathek Sorted

Mediathek
  • Selbstporträt mit Palette, 1893

    Selbstporträt mit Palette, 1893. Öl auf Leinwand, 161 x 111 cm