Słodki, Marceli

Marceli Słodki, 1934. Aus der Beilage Nasz Przegląd Ilustrowany/Unsere illustrierte Rundschau zur polnisch-jüdischen Zeitung Nasz Przegląd/Unsere Rundschau, 13. Jahrgang, Nr. 24, 17. Juni 1934
Marceli Słodki, 1934. Aus der Beilage Nasz Przegląd Ilustrowany/Unsere illustrierte Rundschau zur polnisch-jüdischen Zeitung Nasz Przegląd/Unsere Rundschau, 13. Jahrgang, Nr. 24, 17. Juni 1934

Słodki, Marceli (Marcel Slodki), polnisch-jüdischer Maler, Grafiker, Illustrator und Bildhauer. Mitglied der „Münchner Schule“. 1910-13 Student der Akademie der Bildenden Künste München. 1918-23 unter anderem als Bühnenbildner in Berlin tätig. *11.11.1892 Łódź, †20.12.1943 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet. Sohn des Bankdirektors Adolf S.; die Mutter stirbt, als er 13 Jahre alt ist. Gymnasialabschluss in Łódź. Am 31.10.1910 Eintritt in die Zeichenschule des Kirchenmalers und Zeichners Carl Johann Becker-Gundahl (1856-1925) an der Königlichen Akademie der Künste in München. Italienreise, Erkrankung an Malaria. 1913 geht er nach Paris. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wechselt er in die Schweiz vermutlich um einer Internierung zu entgehen und arbeitet als Zeichner in einem Architekturbüro in Zürich. 1915/16 schließt er sich der Gruppe avantgardistischer Künstler an, die – meist als Kriegsgegner –  aus verschiedenen europäischen Ländern zugezogen sind und um Hugo Ball (1886-1927), Emmy Hennings (1885-1948), Tristan Tzara (1896-1963) und dem Cabaret Voltaire die Gruppe DADA bilden. Für den ersten Rezitationsabend am 5.2.1916 gestaltet er das Plakat. Engeren Kontakt hat er zu Tzara und dem 1915 in die Schweiz geflohenen Münchner Maler Christian Schad (1894-1982). Im Juni 1916 zeigt er in einer DADA-Ausstellung im Cabaret Voltaire expressionistische Holzschnitte mit Szenen aus dem Kabarett, Zirkusmotive und Porträts von Tolstoi und Dostojewski, die auch in der von Franz Pfemfert in Berlin herausgegebenen Zeitschrift Die Aktion erscheinen. 1918 geht er nach Berlin. Zwischen 1921 und 1923 arbeitet er als Bühnenbildner an der Wilden Bühne, einem Kabarett im Keller des Theaters des Westens in der Berliner Kantstraße, in dem unter anderem die Schauspieler Trude Hesterberg (1892-1967) und Kurt Gerron (1897-1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet) auftreten. 1923 geht S. nach Paris und widmet sich der Malerei, unterhält aber weiterhin Verbindungen nach Polen. 1931 wird er Mitglied des Vereins jüdischer Künstler, Maler und Bildhauer in Krakau/Zrzeszenie Żydowskich Artystów Malarzy i Rzeźbiarzy w Krakowie. 1934 ist er vorübergehend in Polen um an Ausstellungen in Warschau, Łódź und Kazimierz Dolny teilzunehmen, wo auch Aquarelle mit Landschaften und Genreszenen entstehen. 1940 heiratet er die aus Saarbrücken stammende Malerin Macha Boulanger (†1947). Nach der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen versteckt er sich im Südwesten Frankreichs in Brive-la-Gaillarde, dann in den Bergen bei Chambery. Infolge einer Denunziation wird er am 14.12.1943 von der Gestapo verhaftet, am 17.12.1943 mit dem Transport Nr. 63 vom Sammellager Drancy nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort vergast. – Erste expressionistische Holzschnitte in einem kantigen Schwarzweiß-Stil erscheinen 1915/16 in der von Franz Pfemfert herausgegebenen Zeitschrift Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst (1915: Spalte 281 f., 329 f., 474, Nr. 43/44 [Titel, Tolstoi], 538 [Puschkin], 541 f. [Dostojewski]; 1916: 35 f. [Artist am Trapez]). Während seiner Pariser Zeit malt S. in einem für die École de Paris typischen Mischstil zwischen Spätimpressionismus und der farbigen Abstraktion der Fauves. Typisch sind Darstellungen von Clowns, Akrobaten und Pierrots, aber auch von Wanderern als Metapher des menschlichen Daseins. Repräsentative Interieurs zeigen Damen am Klavier und beim Lesen. Daneben entstehen Akte, Landschaften, Genreszenen mit Fischern und Stillleben. Als Bildhauer schafft er archaisch wirkende Aktstudien. Illustrationen zeichnet er zu literarischen Werken von Klabund („Pjotr“, 1923; Einband), Hans Janowitz („Asphaltballaden“, 1924), Anton Tschechow und Iwan Turgenew. Werke befinden sich in Warschau im Nationalmuseum/Muzeum Narodowe w Warszawie und im Jüdischen Historischen Institut/Żydowski Instytut Historyczny, im Museum of Art in Ein-Harod, im Tel Aviv Museum of Art, im Museum of Modern Art (MoMA) in New York und im Kunsthaus Zürich.

Einzelausstellungen: 1919 Zürich, Galerie Bollag / 1932 Zürich, Galerie Forter / 1933 Paris: Galerie Bing; Galerie Bonaparte / 1934 Łódź, Hotel Savoy / 1938 London, Bloomberg Gallery

Gruppenausstellungen: Zürich: 1917 Galerie Corray: Dada; 1918 Kunstsalon Wolfsberg: Dada / Paris 1930-1937: Salon d’automne

Literatur: Hersh Fenster: Undzere farpaynikte kinstler. Vorwort von Marc Chagall, Paris 1951, Seite 162; Georges Hugnet: Dictionnaire du Dadaïsme, 1916-1922, Paris 1976, Seite 32-36, 99; Le Mémorial de la déportation des juifs de France, herausgegeben von Béate und Serge Klarsfeld, Paris 1978; Jerzy Malinowski: Marceli Słodki, in: Polski słownik biograficzny, Band 38, Wrocław 1998, Seite 638-40; Nadine Nieszawer / Deborah Princ und andere: Artistes juifs de l’École de Paris 1905-1939 / Jewish Artists of the School of Paris, Paris 2015, Seite 309 f. / 450; Artistes d’Europe. Montparnasse déporté, Ausstellungs-Katalog Musée du Montparnasse, Paris 2005

Online: Matrikeldatenbank, Matrikelbuch 3, Akademie der Bildenden Künste München, 03963 Marcelli Slodki (sic!), https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1884-1920/jahr_1910/matrikel-03963

Jerzy Malinowski: Marceli Słodki, auf: Internetowy polski słownik biograficzny, https://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/marceli-slodki

The Central Database of Shoah Victim’s Names, Yad Vashem, The World Holocaust Remembrance Center, https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=en&s_lastName=Slodki&s_firstName=Marcel&s_place=&s_dateOfBirth=&cluster=true

1 Radierung im Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, auf MNdigital, http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/results?q=Marceli+S%C5%82odki&action=SimpleSearchAction&mdirids=1&type=-2

5 Werke im Museum of Modern Art in New York, https://www.moma.org/s/ge/collection_ge/artist/artist_id-41149_thumbs.html

(alle Links wurden zuletzt im Dezember 2019 aufgerufen)

 

Axel Feuß, Dezember 2019

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  • Marceli Słodki, 1934

    Marceli Słodki, 1934. Aus der Beilage Nasz Przegląd Ilustrowany/Unsere illustrierte Rundschau zur polnisch-jüdischen Zeitung Nasz Przegląd/Unsere Rundschau, 13. Jahrgang, Nr. 24, 17. Juni 1934