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Anja Antonowicz – ein deutscher Serienstar aus Polen

Anja Antonowicz
Anja Antonowicz

Anja, eigentlich Anna, Antonowicz wurde am 22. Dezember 1981 in Włocławek geboren und wuchs in Toruń (Thorn) auf. Am dortigen Wilam Horzyca-Theater gab sie auch ihr Debüt als Schauspielerin. Wie sie in einem Interview gestand, hat sie die „Magie der Bühne“ so begeistert, dass sie sich für diesen Beruf entschied.[1]

Ihr Studium der Schauspielerei an der Staatlichen Hochschule für Film, Fernsehen und Theater Łódź (Państwowa Wyższa Szkoła Filmowa, Telewizyjna i Teatralna, kurz PWSFTViT) nimmt Anna Antonowicz im Jahr 2000 auf und schließt es 2004 mit einem Diplom ab. Schon in dieser Zeit mach sie ihre ersten Schritte vor der Kamera, als sie 2001 in einer kleinen Rolle als Mädchen auf einer Schaukel in dem Film „Cisza“ („Die Stille“) von Regisseur Michał Rosa zu sehen ist. Von 2002 bis 2003 tritt sie in etlichen Folgen der polnischen Seifenoper „Na dobre i na złe“ („In guten wie in schlechten Zeiten“) auf, in der sie die Rolle der Ruda verkörpert. 2005 und 2006 wird sie in der Fernsehserie „Pensjonat pod różą” („Pension Zur Rose“) besetzt.[2] Daneben nimmt sie Engagements in Łódź (Teatr Nowy und Teatr Studyjny PWSFTViT) und am Teatr Syrena in Warszawa (Warschau) wahr.

Allzu viele Rollenangebote erhält sie allerdings nicht. Bei einem Casting erfährt die Schauspielerin von einer Regisseurin, dass sie „kein Typ für Polen“ sei. Schuld daran solle ihre charakteristische Erscheinung sein.[3] Gemeint waren wohl ihre langen roten, lockigen Haare, die heute ihr Erkennungszeichen sind. Antonowicz beschließt daraufhin, ihr Glück im Ausland zu suchen. Sie bewirbt sich mit ihren recht guten Deutschkenntnissen bei einer Schauspielagentur in Köln und wird zum Casting eingeladen, das sie für sich entscheidet.

Auf diesem Weg landet Anna Antonowicz am Hamburger Set der ZDF-Krimireihe „Bella Block“, die von den Erlebnissen der Titelfigur, einer Kriminalkommissarin, erzählt. In der 2005 ausgestrahlten Folge „Die Frau des Teppichlegers“ spielt sie die Rolle der Maria Kozłowska, einer Spargelstecherin aus Polen, die in aller Öffentlichkeit vergewaltigt wird, nachdem Passanten vor einem Einkaufszentrum nicht auf ihre Hilferufe reagieren. „Es war eine Rolle, in die ich sehr viel emotionale Arbeit hineingesteckt habe und die mir am meisten in Erinnerung geblieben ist. Ich bin stolz darauf, sagt Antonowicz in dem Gespräch für Porta Polonica. Diese Arbeit wurde in Deutschland bemerkt und gewürdigt. 2006 erfolgt die Nominierung der polnischen Darstellerin als beste Schauspielerin in einer Nebenrolle für den renommierten Deutschen Fernsehpreis.

Dieser Erfolg öffnet ihr die Tür für eine Karriere in Deutschland. 2005 steigt die Schauspielerin in die TV-Serie „Lindenstrasse“ des WDR ein, der ersten deutschen Seifenoper, die seit Mitte der 1980er Jahre bis 2020 einmal wöchentlich auf Sendung ging. Antonowicz spielt dort die moldawische Migrantin Nastya Pashenko. In Folge dieses Engagements zieht die Darstellerin nach Köln. Jetzt darf sie legal in Deutschland wohnen und arbeiten, obwohl der deutsche Arbeitsmarkt seinerzeit einstweilen noch für polnische Staatsbürger geschlossen ist. Ihr Abenteuer mit der „Lindenstrasse“ dauert dann mit Unterbrechungen ganze acht Jahre.

 

[1] Aleksandrowicz, Adrian: Kariera w Berlinie. Serce także w Toruniu. Anna Antonowicz: aktorka, po części niemiecka, zdecydowanie niepokorna, in: dzieńdobrytorun.pl, 28.10.2015, URL: https://ddtorun.pl/pl/14_kultura/1255_antonowicz-bunt-krnabrnosc-i-tesknota-mnie-tworczo-napedza.html (zuletzt aufgerufen am 08.01.2023).

[2] Anna Antonowicz, in: filmpolski.pl [Datenbank des polnischen Films], URL: https://filmpolski.pl/fp/index.php?osoba=1133559 (zuletzt aufgerufen am 08.01.2023).

[3] Widzyk, Anna: Anja Antonowicz: Rola w „The Crown“ to nieoczekiwany sukces, in: Deutsche Welle, 17.12.2022, URL: 8.01.2023 https://p.dw.com/p/4KuJe (zuletzt aufgerufen am 08.01.2023).

In der Zeit ist Antonowicz auch in anderen deutschen Fernsehproduktionen zu sehen. 2007 erhält sie eine kleine Rolle in „Nightwatching – Das Rembrandt-Komplott“, einer internationalen Koproduktion unter der Regie von Peter Greenway. Dort spielt sie die Nachbarin von Rembrandt, die an wichtigen Momenten im Leben des Malers und seiner Frau partizipiert. Ihr Part besteht zwar nur aus drei Sequenzen, doch wie sie in einem Interview betont, erfüllt sie allein die Möglichkeit, mit Peter Greenway arbeiten zu dürfen, mit Stolz.[4]

Bei den Figuren, die Antonowicz in den ersten Jahren in Deutschland verkörpert, handelt es sich vor allem um osteuropäische Frauen. „Das Rollenspektrum war sehr begrenzt, gesteht sie, entweder waren es Prostituierte, Putzfrauen, Kindersitterinnen oder Altenpflegerinnen.“ Um andere Rollen zu bekommen, muss sie lupenreines Deutsch sprechen, das weiß sie. Inzwischen ist sie auf dem besten Weg, den Akzent fast ganz abzulegen, dank spezieller Kurse, Sprachübungen mit einem Logopäden und ihrer eigenen Arbeit am Ausdruck.[5]

Entgegen der Empfehlung ihrer deutschen Agenturen, den polnischen Familiennamen aufzugeben, um sich auf dem deutschen Markt leichter zu tun, will sie ihn beibehalten. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich meine Herkunft verleugnen könnte“, sagt sie in einem ihrer Interviews.[6] Der Kompromiss, den sie eingeht, ist die Verwendung des deutschen Vornamens „Anja“, der phonetisch wie „Ania“ klingt, also wie die polnische Verkleinerungsform von Anna.

Seit 2014 wird Antonowicz in der deutschen Kult-Krimireihe „Tatort“ besetzt, die bereits seit über 50 Jahren am Sonntagabend in der ARD zu sehen ist. Die polnische Schauspielerin ergänzt das Kieler Ermittler-Team um Kommissar Klaus Borowski (gespielt von Axel Milberg) als Gerichtsmedizinerin Dr. Kroll. Außerdem spielt sie in vielen weiteren Fernsehproduktionen mit, unter anderem in den Serien „SOKO“ und „Das Traumschiff“. 2018 stößt sie zum Darsteller-Team der dritten Staffel der Us-amerikanischen Agenten-Serie „Berlin Station“. In zwei Folgen der ZDF-Filmreihe, die auf den romantischen Geschichten der britischen Schriftstellerin Rosamunde Pilcher beruhen, schlüpft sie 2019 und 2022 sogar in Hauptrollen.

In einigen Produktionen arbeitet Anja Antonowicz mit dem deutschen Regisseur Christian Schwochow zusammen, beispielsweise in der Fernsehserie „Bad Banks“, dem sie auch die Mitwirkung in der fünften Stafel der Netflix-Serie über die britische Königsfamilie, „The Crown“, verdankt. Antonowicz tritt dort in der episodischen Rolle der Alexandra Fjodorowna auf, der Frau des letzten russischen Zaren, Nikolaus II., und erscheint in der dramatischen Szene der Erschießung der Zarenfamilie durch die Bolschewiki. Und obwohl die Rolle sehr klein ist, betrachtet die Schauspielerin ihren Auftritt in der weltweit erfolgreichen Serie als großen Erfolg: „Ich durfte Teil eines wunderbaren Projektes sein. Es war eine großartige Arbeit und eine unvergessliche Zeit.“

Anja Antonowicz lebt heute mit ihrem vierzehnjährigen Sohn und ihrem zweiten Ehemann, einem Deutschen, in Berlin. Sie betont, dass sie sich als Botschafterin der polnischen Kultur fühlt und dass sie versucht, für sie zu werben. Außerdem bemüht sie sich, sowohl den deutschen Stereotypen über Polen, als auch den polnischen Vorurteilen gegenüber den Deutschen entgegenzuwirken. Sie ist überzeugt davon, dass Polen und Deutschland mehr miteinander verbindet und dass sie mehr miteinander gemeinsam haben, als wir denken. Beide Länder brauchen sich gegenseitig, sagt sie. Und obwohl sie nicht darüber sinniert, nach Polen zurückkehren zu wollen, räumt sie ein, dass sie eines Tages gerne wieder Mal in Polen spielen würde.[7]

 

Anna Widzyk, Januar 2023

 

 

Die Homepage von Anja Antonowicz: https://anja-antonowicz.de/cinema/

 

 

[4] Czajkowska, Agnieszka: Portrety kobiet. Anna Antonowicz, aktorka, in: wysokieobcasy.pl, 6.11.2006, URL: https://www.wysokieobcasy.pl/wysokie-obcasy/7,53662,3715192.html (zuletzt aufgerufen am 02.01.2023).

[5] Widzyk, A.: Anja Antonowicz: Rola w „The Crown”…, URL: https://p.dw.com/p/4KuJe

[6] Widzyk, A.: Anja Antonowicz: Rola w „The Crown”…, URL: https://p.dw.com/p/4KuJe

[7] Widzyk, A.: Anja Antonowicz: Rola w „The Crown”…, URL: https://p.dw.com/p/4KuJe