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Stefan Kuczyński (1894–1969). Der „patriotische Arzt“ aus Breslau

Foto von Stefan Kuczyński, Sammlung von Dr. Krystyna Świderska, aus https://krotoszyn.naszemiasto.pl
Foto von Stefan Kuczyński

Am 18. Juni 1942 wurde Kuczyński verhaftet und musste seine Praxis aufgeben. Er wurde beschuldigt, „Aktivitäten von hochverräterischem Charakter“ organisiert zu haben. Der Vorwurf bezog sich u.a. auf die Zusammenarbeit mit der in Breslau tätigen Organisation „Olimp“ (einer 1941 gegründeten polnischen Untergrundorganisation, die sich auf die Integration der Pol:innen, die Selbsthilfe und die Durchführung von Sabotageakten konzentrierte). Fast ein Jahr später fand der Prozess statt, in dem einige der Anklagepunkte aufgehoben wurden. Kuczyński wurde freigesprochen und konnte seine Arbeit wieder aufnehmen. Während des Krieges half er der Gruppe „Lotos“ der Polnischen Heimatarmee in Kobylin, die kranke Pol:innen versorgte.

Angesichts des Vormarschs der Roten Armee wurde Breslau, zusammen mit anderen deutschen Städten, am 25. August 1944 zu einer Festung erklärt. Im Januar 1945 änderte sich die Lage in der Stadt und man begann sich auf die Verteidigung vorzubereiten. Stefan Kuczyński wurde zwei Einrichtungen zugeteilt: der Praxis für Innere Medizin in der Wallstraße 20/22 (heute Ulica Włodkowica) und der chirurgischen Versorgungsstelle im Bunker in der Posener Straße (heute Ulica Poznańska). Mit dem Vormarsch der Roten Armee wurde die Evakuierung der Zivilbevölkerung angeordnet. Kuczyński, ausgebildeter Arzt, sollte in der Festung bleiben und medizinische Hilfe leisten. Seine Frau und seine Kinder sollten die Stadt umgehend verlassen. Kuczyński gelang es jedoch, seine Familie vor der Flucht aus der Stadt bei 20 Grad Kälte zu bewahren.

Während der Kämpfe um Breslau half er den Pol:innen, die sich in der Stadt befanden. In der Bergstraße (heute Ulica Góralska) gab es eines der vielen Lager, die trotz der Kämpfe in der Stadt weiterhin bestanden. In den Baracken befanden sich mehrere tausend Pol:innen, die ständigem Beschuss ausgesetzt waren. Dank einer Intervention beim Oberarzt der Festung und unter dem Vorwand eines übermäßigen Verbrauchs an Verbandsmaterial gelang es Kuczyński die Deutschen davon zu überzeugen, dass die Lagergefangenen in der Bergstraße evakuiert werden müssen. Da zu dieser Zeit die medizinische Versorgung in Breslau ernsthaft gefährdet war, erschien es den Verteidigern vorteilhafter, die Gefangenen an einen sichereren Ort zu verlegen. 

Stefan Kuczyński hat die blutigen Kämpfe um die Festung Breslau überlebt und erinnert sich an den Tag, an dem keine Schüsse mehr in der Stadt zu hören waren, wie folgt: 

„Schließlich ist der 7. Mai gekommen. Siegesrufe waren in der ganzen Stadt zu hören. Wir haben die ersten polnischen Soldaten gesehen. Auf ihren Helmen waren weiße Adler zu sehen, für uns ein heiliges Symbol. Mit angehaltenem Atem und unterdrücktem Schluchzen begrüßten wir sie. Das ‚eiserne Tor‘, das uns den Weg zu unseren neuen Aufgaben versperrte, war aufgebrochen. Wir mussten das sich ausbreitende Feuer löschen, Typhus und Cholera bekämpfen, Menschen in der Stadt ansiedeln, Recht und Ordnung herstellen und schließlich das polnische Wrocław aus den Trümmern erheben.“ (Festung Breslau, S. 57)

Nach Kriegsende war Kuczyński am Wiederaufbau des Gesundheitswesens beteiligt und gehörte zu denjenigen, denen wir die „Errichtung der Stadt aus Trümmern“ verdanken. 1957 wurde er zum Vorsitzenden der Gesellschaft der Niederschlesischen Ärzte (Stowarzyszenie Lekarzy Dolnośląskich) gewählt. Er wurde u.a. mit dem Ritterkreuz des Ordens Polonia Restituta und mit der Rodło-Medaille ausgezeichnet. Bis zu seinem Tod arbeitete er in einer Bezirksklinik. Er starb 1969 und hat, wie Prof. Świderski betonte, „bei Marcinkowski seine Schuld für das Stipendium für sein gesamtes Medizinstudium mehr als zurückgezahlt.“ (Doktor medycyny, S. 15)

 

Kacper Rosner-Leszczyński, Mai 2023

 

 

Literaturverzeichnis

Bruziewicz-Mikłaszewska Barbara, Doktor Ludwik Stefan Kuczyński (1894–1969) i jego rola w międzywojennym Wrocławiu oraz odtworzeniu samorządu lekarskiego, [in:] Aktywność polskich lekarzy w dwudziestoleciu międzywojennym – w stulecie powołania Izb Lekarskich, Red. Bożena Urbanek, Magdalena Paciorek, Maria Ciesielska, Warszawa 2020, S. 89–94.

Gleiss Horst, Breslauer Exodus 1946. Beiträge zur Dokumentarchronik einer Stadt und ihrer Menschen, Rosenheim 2003.

Konieczny Alfred, Polska grupa konspiracyjna „Olimp” w wojennym Wrocławiu, Wrocław 1989. 

Kuczyński Stefan, Festung Breslau, [in:] Trudne dni (Wrocław 1945 r. we wspomnieniach pionierów) Bd. 1, bearb. von Mieczysław Markowski, Wrocław 1960, S. 43–57.

Kuczyński Stefan, Gdy Polska odzyskała niepodległość, [in:] Do nich przyszła Polska, bearb. von Anna Zawisza (2. Auflage), Wrocław 2018, S. 157–171.

Świderski Gerwazy, Doktor medycyny Stefan Kuczyński – legendarna postać Wrocławia (1896−1969), „Medium. Gazeta Dolnośląskiej Izby Lekarskiej” Nr. 10 (207) 2007, S. 15. 

Zawisza Alicja, Studenci Polacy na Uniwersytecie Wrocławskim (1918–1939). Katalog zachowanych archiwaliów, Wrocław 1972.

 

Online-Publikationen

https://krotoszyn.naszemiasto.pl/nasi-powstancy-dr-ludwik-stefan-kuczynski-ze-smolic-zdjecia/ar/c1-7600819 [Zugriff: 16.05.2023] 

Media library
  • Stefan Kuczyński

    nach: Alicja Zawisza, Studenci Polacy na Uniwersytecie Wrocławskim (1918–1939). Katalog zachowanych archiwaliów, Wrocław 1972, S. 37
  • Foto von Stefan Kuczyński

    Sammlung von Dr. Krystyna Świderska
  • Foto von Stefan Kuczyński

    Sammlung von Dr. Krystyna Świderska
  • Ulica Nowa in Wrocław

    Ansicht aus dem Jahr 2023
  • Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung

    Ausgestellt von Stefan Kuczyński am 20. September 1946
  • Gedenktafel beim Ärzteclub (Klub Lekarza) in Wrocław

    Ulica Kazimierza Wielkiego 45
  • Gedenktafel

    Am Standesamt in Wrocław
  • Denkmal für die Organisation „Olimp“ in Wrocław

    Ulica Aleksandra Zelwerowicza 46