Słubfurt und Nowa Amerika

Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“. Rechts: Andrzej Łazowski.
Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“. Rechts: Andrzej Łazowski.

Um dem Mythos der Gründerzeit nachzukommen, nannte man das Land „Neues Amerika“. Die Dörfer und Kolonien erhielten exotische Namen: New Hampshire, Neu Yorck, Florida, Maryland sowie Jamaika und Sumatra. Heute sind diese Namen auf keiner Landkarte mehr zu finden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Dorf Savannah in Czubkowo umbenannt, die Kolonie Pennsylvanien erhielt den Namen Polne, aus Hampshire wurde Budzigniew, aus Jamaica Jamno, aus Quebeck Boguradz und aus Florida Sadowice.[3] An die ungewöhnliche Geschichte der Kolonisierung im 18. Jahrhundert erinnert heute nur das von einer Änderung seines Namens verschont gebliebene Dorf Malta (Kreis Sulęcin, Woiwodschaft Lebus).

„Diese ungewöhnliche Geschichte hat uns dazu inspiriert, unseren neuen Raum, der das (...) Grenzland verbindet, Nowa Amerika zu nennen, das Land der Pioniere und Freiheitshungrigen, die einen neuen Raum als Bürgergesellschaft gemeinsam gestalten wollen und erkennen, dass dies unser Gelobtes Land ist.“ –soweit die Erschaffer von „Nowa Amerika“.[4]

2015 bekam dieser Begriff des „Gelobten Landes“ besondere Bedeutung. Als in diesem Jahr eine Flüchtlingswelle nach Deutschland kam, trafen viele Flüchtlinge in den grenznahen Orten ein. Auf beiden Seiten der Grenze wurden wachsende Vorurteile gegenüber den „neuen“ und „fremden“ Ankömmlingen spürbar, so dass die Künstler übereinkamen, das gesellschaftliche Misstrauen als Herausforderung zu betrachten. Es entstanden Projekte, die den Flüchtlingen halfen, sich in ihrer neuen Wirklichkeit wiederzufinden und den Einwohnern halfen, sich an die neuen Nachbarn zu gewöhnen. Mehrere Treffen mit Flüchtlingen unter dem Titel „Was sind das denn für welche?“ („Co to za jedni?“) brachten der lokalen Jugend die Lebensbedingungen, die Schicksale und die Herkunft der Migranten näher. In einem Workshop „Wir alle sind Migranten“ („Wszyscy jesteśmy migrantami“) befasste sich eine Gruppe aus dem Dorf Boruja Kościelna mit den Gründen für Grenzverschiebungen und Migration in der Region. Ähnliche Veranstaltungen wurden für die Flüchtlinge organisiert, die unter anderem in Bautzen die Kultur der Sorben kennenlernten.

Eine Sache liegt den „Nowoamerikanern“ besonders am Herzen: das schlechte Image des Grenzgebiets zu verbessern. „Alle beschweren sich, wie schlimm es hier ist und dass es keine Perspektiven gibt“, sagt Andrzej Łazowski, Fotograf und Mitbegründer von „Nowa Amerika“. „Die Deutschen fahren nach Westdeutschland und die Polen ziehen in die größeren Städte oder ins Ausland. Mit unseren Aktivitäten wollen wir zeigen, dass die deutsch-polnische Grenzregion ein toller Raum für Kreative ist. Man muss nur endlich aufhören zu meckern”. 

 

Monika Stefanek, Februar 2018

 

Słubfurt online: www.slubfurt.net

Nowa Amerika online: nowa-amerika.eu

 

 
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  • Michael Kurzwelly, der Gründer von Słubfurt und „Nowa Amerika“

    Michael Kurzwelly, der Gründer von Słubfurt und „Nowa Amerika“.
  • Die Stadtmauer markiert die Grenze von Słubfurt

    Die Stadtmauer markiert die Grenze von Słubfurt.
  • Spezieller Personalausweis

    Spezieller Personalausweis, der auf Wunsch der Słubfurter ausgestellt wird.
  • Michael Kurzwelly auf der Słubfurter Stadtmauer

    Michael Kurzwelly auf der Słubfurter Stadtmauer.
  • Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“

    Verhängung des Grenzpfostens mit der Fahne von „Nowa Amerika“. Rechts: Andrzej Łazowski.