Das polnisch-jüdische Bethaus in Remscheid 1928-1933

Die Ostseite des Bethauses, rechts der Thoraschrein, links Zitate aus dem Tehillim, Psalm 150,3
Die Ostseite des Bethauses, rechts der Thoraschrein, links Zitate aus dem Tehillim, Psalm 150,3

Auch die Remscheider polnisch-jüdischen Familien traf diese Abschiebung. Während in anderen Städten ganze Familien abgeschoben wurden, waren es in Remscheid fast nur Männer. Heinrich Mandelbaum, der die Bildnisse im Bethaus geschaffen hatte, wurde am 28. Oktober 1938 verhaftet und nach Neu-Bentschen an der deutsch-polnischen Grenze abgeschoben und schließlich in der polnischen Grenzstadt Zbąszyń interniert. Der Sohn Heinrich Mandelbaums, Felix, war als Jugendlicher bereits 1933 nach Palästina emigriert. Seit Jahren versuchte er Einreisevisa für seine Eltern und den Bruder zu erhalten. Im November 1938 erhielt er endlich die erhofften Papiere. Während Mandelbaums Frau Riva und sein Sohn Hans von Remscheid über Holland und Frankreich nach Jaffa gelangten, wurde Heinrich Mandelbaum die Durchreise durch das Deutsche Reich verwehrt. Ihm gelang es schließlich über Rumänien Palästina zu erreichen.[12] Er gehört zu den wenigen polnischen Juden, denen es nach ihrer Abschiebung gelang, in ein außereuropäisches Land zu emigrieren. Die meisten in Zbąszyń internierten Remscheider Juden und ihre Familien, die in den Folgemonaten ebenfalls aus Deutschland ausgewiesen worden waren, wurden nach dem deutschen Einmarsch in Polen Opfer der deutschen Vernichtungsmaschinerie. Von der einstigen polnisch-jüdischen Gemeinde in Remscheid blieb neben den Erinnerungen der wenigen Überlebenden nur der Artikel im Israelitischen Familienblatt „Ostjüdische Volkskunst in Deutschland“.[13]

 

Sabine Krämer, Mai 2017

 

[12] Heinrich Mandelbaum starb am 11. März 1956 in Israel. (Schriftliche Auskunft seiner Enkeltochter aus Israel.) Seine Tochter Anna, verheiratete de Swarte, lebte in Holland. Von dort wurde sie nach Auschwitz deportiert und ermordet. Die Söhne Mandelbaums, Robert und Max, und seine Tochter Erna verheiratete Fischbein, emigrierten ebenfalls nach Palästina. Siehe Bilstein / Backhaus, Namen und Daten, S. 218.

[13] Backhaus, Gruppe der Ostjuden, S. 186-188. Ders., Polenaktion, S. 2-4. Bilstein, Juden in Remscheid, S. 104-164.

 

 

Literatur

Aschheim, Steven E.: Brothers and strangers. The East European Jew in German and German Jewish consciousness, 1800-1923, Madison 1982.

Backhaus, Frieder: Die Gruppe der Ostjuden in Remscheid, in: Geschichte der Remscheider Juden. Hrsg. v. Jochen Bilstein u. Frieder Backhaus, Remscheid 1992, S. 177-188.

Backhaus, Frieder: Die „Polenaktion“ (Teil 2) in: Remscheider General-Anzeiger, Beilage „Geschichte und Heimat“. Mitteilungsblatt des Bergischen Geschichtsvereins, 71. Jg. Nr. 2 2004, S. 1-4.

Bilstein, Jochen: Die Juden in Remscheid in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Geschichte der Remscheider Juden. Hrsg. v. Jochen Bilstein u. Frieder Backhaus, Remscheid 1992, S. 55-175.

Ders. u. Backhaus, Frieder: Namen und Daten jüdischer Bürger Remscheids zwischen 1933 und 1944, in: Geschichte der Remscheider Juden. Hrsg. v. Jochen Bilstein u. Frieder Backhaus, Remscheid 1992, S. 206-228.

Bilstein, Jochen: Ostjuden in Remscheid, in: Hier wohnte Frau Antonie Giese. Die Geschichte der Juden im Bergischen Land, hrsg. v. Trägerverein Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Wuppertal 1997, S. 50-55.

Ders.: Ostjüdische Volkskunst in Remscheid, in: Remscheider General-Anzeiger, Beilage „Geschichte und Heimat“. Mitteilungsblatt des Bergischen Geschichtsvereins, 60. Jg. Nr. 2 1993, S. 1-2.

Grunwald, Max: Beschreibung der Malereien in den Synagogen Polens, in: Breier, Alois; Eisler, Max; Grunwald, Max: Holzsynagogen in Polen, Wien 1934, S. 49-60. Abrufbar unter http://www.europeana.eu/portal/de/record/09320/1BC53FF9541E269D7EFDF96D…

Ders: Zur Ikonographie der Malerei in unseren Holzsynagogen, in: Breier, Alois; Eisler, Max; Grunwald, Max: Holzsynagogen in Polen, Wien 1934, Anhang S. 1-23. Abrufbar unter http://www.europeana.eu/portal/de/record/09320/1BC53FF9541E269D7EFDF96D…

Kurth, Alexandra; Salzborn, Samuel: Antislawismus und Antisemitismus. Politisch-psychologische Reflexionen über das Stereotyp des Ostjuden, in: Hahn, Hans-Henning u.a. (Hgg.): Deutschlands östliche Nachbarschaften. Eine Sammlung von historischen Essays für Hans Henning Hahn, Frankfurt am Main, New York 2009, S. 309-324.

Maurer, Tude: Ostjuden in Deutschland 1918-1933, Hamburg 1986.

Panter, Sarah: Zwischen Selbstreflexion und Projektion. Die Bilder von Ostjuden in zionistischen und orthodoxen deutsch-jüdischen Periodika während des Ersten Weltkriegs, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 59 (2010), S. 65-92.

Pracht-Jörns, Elfi: Artikel „Remscheid“, in: Dies.: Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Regierungsbezirk Düsseldorf, Köln 2000, S. 256-261.

Rüthers, Monica: Sichtbare und unsichtbare Juden - eine visuelle Geschichte des „Ostjuden“, in: Osteuropa 60/1 (2010), S. 75-93.

Sidur Sefat Emet, übersetzt von Selig Bamberger, Basel 1956/1960.

Tomaszewski, Jerzy: Auftakt zur Vernichtung. Die Vertreibung polnischer Juden aus Deutschland im Jahre 1938, Osnabrück 2002.

Tomaszewski, Jerzy: Przystanek Zbąszyń, w :Olejniczak, Wojciech; Skórzyńska, Izabela (Red.): Do zobaczenia za rok w Jerozolimie. Deportacje polskich Żydów w 1938 roku z Niemiec do Zbąszynia, Zbąszyń 2012, S. 71-83.

 

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    Familie Mandelbaum in Remscheid 1935
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