Szmaj, Stefan

Selbstporträt/Autoportret, München 1916. Linolschnitt, 17 x 13,3 cm, im Auktionshandel (Schmidt Kunstauktionen Dresden OHG, 2016)
Selbstporträt/Autoportret, München 1916. Linolschnitt, 17 x 13,3 cm, im Auktionshandel (Schmidt Kunstauktionen Dresden OHG, 2016)

Szmaj, Stefan, polnischer Arzt, Grafiker und Maler. 1910 dreimonatiger Zeichenunterricht bei Hermann Groeber (1865-1935) in München. 1910-14 Gymnasialbesuch in Montabaur. Ab 1914 Medizinstudium in Breslau, Berlin, Tübingen, München und Greifswald. 1915/16 in Berlin, 1916/17 in München im Kreis der polnischen Künstlerkolonie und um den Schriftsteller Stanisław Przybyszewski (1868-1927). Ab 1917 in Posen/Poznań in der Gruppe der polnischen Expressionisten um die Zeitschrift Zdrój und die Künstlergruppe Bunt. *10.8.1893 Xionzenice/Książenice bei der preußischen Grenzstadt Grabow/Grabów nad Prosną, Großpolen, †19.9.1970 Gdynia. Sohn des Gutsbesitzers Antoni S. und seiner Ehefrau Antonina, geborene Skrobańska. Den Besuch der Mittelschule in Ostrowo/Ostrów Wielkopolski bricht er 1910 ab und geht nach München, um Kunst zu studieren. Als er die Frist zur Immatrikulation an der Kunstakademie verpasst, nimmt er privaten Zeichenunterricht bei dem Porträt-, Landschafts- und Genremaler Hermann Groeber (1865-1935), gibt diesen jedoch nach drei Monaten auf und geht zurück nach Preußen. Von der Mittelschule in Grabow verwiesen, besucht er das Gymnasium in Montabaur (Abitur). Am Beginn des Ersten Weltkriegs zur preußischen Armee eingezogen, wird er bald wegen einer Tuberkulose entlassen. Er studiert daraufhin Medizin in Breslau, Berlin, Tübingen, München und Greifswald. 1915/16 lebt er in Berlin, interessiert sich dort für die Kunstszene und führt erste Grafiken aus. 1916/17 ist er wieder in München. In Studentenorchestern spielt er Gitarre, Violine und Klavier und bewegt sich in Kreisen der polnischen Künstlerkolonie. Er freundet sich mit dem Schriftsteller Stanisław Przybyszewski an, der ihn mit der Gruppe der polnischen Expressionisten in Posen und dem Herausgeber der 1917 gegründeten polnischen Literatur- und Kunstzeitschrift Zdrój/Die Quelle, Jerzy Hulewicz (1886-1941), bekannt macht, in der Przybyszewski anfänglich publiziert. Dort erscheinen ab Februar 1918 die ersten Linolschnitte von S. Ab 1918 gehört er der in Posen neu gegründeten expressionistischen Künstlergruppe Bunt/Die Revolte an, mit der er seine Grafiken bis 1922 in Posen/Poznań, Lemberg/Lwów (heute Lviv) und Berlin ausstellt; Freundschaft mit dem Künstlerehepaar Stanisław Kubicki und Margarete Kubicka. 1919 erwirbt er sein Medizin-Diplom an der Universität in Warschau. Während des Polnisch-Sowjetischen Kriegs 1919-21 wird er als Militärarzt eingesetzt. 1923 verteidigt er seine Doktorarbeit in Augenheilkunde in Poznań, wo er eine Zeitlang als Assistent an der Augenklinik arbeitet. 1924 heiratet er Maria Irena Hoffman und zieht mit ihr nach Gniezno. Hier praktiziert er als Augenarzt, später in Ostrów Wielkopolski und Bydgoszcz. Er hält seine Beziehungen zu den Künstlern der inzwischen aufgelösten Gruppe Bunt aufrecht, distanziert sich aber vom Expressionismus, malt Porträts und Landschaften. In Bydgoszcz hält er Kontakt zur örtlichen Künstlerszene und zeigt 1932 seine erste Einzelausstellung. Gemeinsam mit seiner Frau organisiert er in seiner Wohnung einen Salon, in dem sich Künstler und Intellektuelle aus Bydgoszcz und Poznań treffen. Ab 1935 lebt er in Gdynia, während des Zweiten Weltkriegs in Łowicz. – S. ist, bis auf den kurzzeitigen Zeichenkurs bei Groeber in München, Autodidakt. Sein grafisches Werk umfasst rund 100 Linol-, Holzschnitte und Lithografien, außerdem Illustrationen und Entwürfe für Bucheinbände und Exlibris. Bekannt wird der Künstler in den Jahren von 1917 bis 1922 mit Linolschnitten, die vom deutschen Expressionismus beeinflusst sind, in der Zeitschrift Zdroj veröffentlicht werden und in den Ausstellungen der Gruppe Bunt zu sehen sind. Über die Zusammenarbeit von Zdroj mit der Berliner Zeitschrift Die Aktion erscheinen auch dort Abbildungen seiner Grafiken bzw. sind Werke in Berliner Ausstellungen zu sehen. Seine grafischen Themen umfassen religiöse Bildmotive („Heiliger Sebastian/Św.Sebastian“, 1919), Stadtansichten („Blick auf eine gotische Kirche/Widok na Kościół gotycki“, 1918; „Gniezno“, 1925), Adaptionen aus der jüngeren Kunstgeschichte etwa von Gustav Klimt oder Edvard Munch („Kuss/Pocałunek“, 1918) und sexuelle Szenen („Liebespaar/Para kochanków“, 1919), die von Teilen des Publikums als anstößig empfunden und aus Ausstellungen entfernt werden. Neben sechs Selbstbildnissen (siehe Titelbild) schafft S. zahlreiche Porträts von Freunden, Künstlerkollegen und Mentoren (Artur Swinarski; Stanisław Przybyszewski, beide 1920). Etlichen Motiven werden metaphorische Bedeutungen zugeschrieben, darunter dem „Heiligen Sebastian“, der als Patron der Soldaten und Kriegsinvaliden mit dem Kampf der Polen um Unabhängigkeit in Verbindung gebracht wird, oder der Serie „Pappeln/Topole“ (1919/20), die als typischer Ausdruck der polnischen Landschaft als Resultat von Szmajs Kriegstrauma gilt und als Symbol für die erstrebte Verbindung von Menschlichkeit und Natur verstanden wird. Revolutionären Hintergrund hat möglicherweise sein „Gebet zur Sonne/Modlitwa do słońca“ (1919), das als Sehnsucht zur menschlichen Erneuerung gedeutet werden kann und auch als farbiges Pastellbild erhalten ist. Formal schließen seine Kompositionen mit prismatischen Brechungen, starken Schwarzweißkontrasten und von Arbeitsspuren zerklüfteten Bildflächen an die Grafik des deutschen Expressionismus an. Von dort stammt auch die Vorliebe des Künstlers für östliche Religionen und Motive mit afrikanischen Skulpturen, die seiner geometrisch-ornamental gehaltenen Serie „Götter/Bożki“ (1918-20) zugrunde liegt. Ab Mitte der 1920er-Jahre schafft er realistisch aufgefasste Ölbilder, Aquarelle und Zeichnungen mit landschaftlichen Motiven, Stadtansichten und Porträts, in Gdynia maritime Szenen und Hafenansichten, die nur noch regional zur Kenntnis genommen werden. Werke befinden sich in Bydgoszcz im Bezirksmuseum/Muzeum Okręgowe w Bydgoszczy im. Leona Wyczółkowskiego, in Gdynia im Stadtmuseum/Muzeum Miejskie sowie in den Nationalmuseen von Krakau, Poznań, Warschau und Wrocław.

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  • Selbstporträt/Autoportret, München 1916

    Selbstporträt/Autoportret, München 1916. Linolschnitt, 17 x 13,3 cm, im Auktionshandel (Schmidt Kunstauktionen Dresden OHG, 2016)