Kosmopolen in Bochum: Europäische Kultur mit polnischem Akzent aus dem Ruhrgebiet

Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012
Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012

Seit 2008 ist es auf Plakaten zu Konzerten, Lesungen und Ausstellungen zwischen Dortmund und Krefeld zu lesen: das Wort „Kosmopolen“, oft in der zackig-geschwungenen und selbstbewussten Magneto-Type. Was verbirgt sich dahinter und wieso verbindet es solch unterschiedliche Aktionen? Kosmopolen ist eine „Kulturmarke“, unter der sich ganz unterschiedliche Künstler:innen (aber nicht nur) aus dem Ruhrgebiet (aber nicht nur) mit polnischen Wurzeln (aber nicht nur) versammeln, um Kultur zu schaffen – aber, natürlich, nicht nur. Erwähnenswert sind etwa die Musik- und Leseveranstaltungen für Kinder „Kasienki & Tuwim“, das Musikfestival „New Polished Tunes“ und zahlreiche Autorentreffen und Lesungen.

Klingt vielseitig bis verwirrend? Umso mehr sollte man sich genauer ansehen, was hinter den Kosmopolen steckt, denn es gibt viele Spuren polnischer, deutscher und ruhrdeutscher Kultur zu entdecken.

 

Der Verein und die Initiative
 

Dass Kosmopolen ein eingetragener Verein (e. V.) war, sei eigentlich eine Formalität gewesen, erklärt Emanuela Danielewicz, die Gründungsmitglied und Vorsitzende bis zur Auflösung war. Praktisch war sie der Kopf und das Herz der Initiative. Überhaupt sei deshalb Initiative ein besseres Wort als Verein, das habe den Dünkel verstaubter Vereinsmeierei, erklärt die Fotografin, die ein Atelier und eine Galerie am Springerplatz 29a in Bochum hat. Manchmal benutzt sie auch das Wort Kollektiv, meist aber heißt es „die Kosmopolen“ hätten dieses oder jenes auf die Beine gestellt, dann sind einzelne Mitglieder gemeint.

Der Verein hatte zeitweise 35 Mitglieder, die meisten von ihnen Künstler:innen. Musiker:innen wie Vitold Rek, Robert Kusiolek und Benjamin Garcia; Autor:innen wie Artur Becker, Schauspieler:innen wie Joachim Król und Monika Bujinski.

Offiziell wurde der Verein 2019/2020 aufgelöst. Das mit der Vereinsmeierei hat anscheinend nicht so geklappt, obwohl die Veranstaltungen bisweilen immer größer und beliebter wurden. Aus dem jährlichen Innenstadtfestival „Bochumer Musiksommer“ etwa sind Kosmopolen nicht wegzudenken. Aber das Label lebt weiter. Es ist sogar eingetragene Marke: Kosmopolen®. Darum wird es bei zukünftigen Bochumer Musiksommern auch weiter eine von den Kosmopolen gestaltete Bühne geben.

Die Satzung des Vereins enthält die üblichen Phrasen eines Kulturvereinssatzung, die Behörden gerne lesen wollen: Die „Förderung von Kunst und Kultur“ sei ein Ziel. Interessanter sind drei weitere Punkte: die Mitglieder verstehen sich als „Wegweisende für die neue Generation verstehen in Musik, Kunst und Literatur“. Austausch und Offenheit sind ihnen dabei ganz besonders wichtig, denn „Innovation und Inspiration kommen immer von außen“. Darum wollte Kosmopolen den „Dialog zwischen dem, was war, dem, was ist, und dem, was sein wird, fördern“.[1]

Die Satzung sieht „die Förderung der Verständigung zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk“ vor, doch im Gespräch erklärt Emanuela Danielewicz, dass es um mehr geht. Die Ruhrgebietskultur, betont sie, sei ein verbindendes Element. Manche Kosmopolen sind in Deutschland geboren (so wie der Schauspieler Joachim Król, der gebürtiger Herner ist), andere kamen als Kinder nach Deutschland, wie Danielewicz selbst, die über Berlin schließlich in Bochum gelandet ist. Wieder andere kamen zum Studium (wie die Jazzsängerin Kasia Bortnik) oder als gestandene Erwachsene nach Deutschland. Andere haben keine polnischen Wurzeln, wie der Musiker Benjamin Garcia.

Keimzelle des Kooperative war Bochum, Wohn- und Wirkstätte von Vereinsgründerin Danielewicz. Andererseits sind nicht alle Mitglieder „Ruhris“ gewesen. So trugen sie aber immerhin die kosmopolnische Idee nach Hannover, Berlin und Köln. Und überhaupt sei das Polnische europäisch, wie später noch ausgeführt wird. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es für Danielewicz, die untergegangene jüdische Kultur sichtbar zu machen. Auch sie ist europäisch, und sie verbindet auch die deutsche und die polnische Kultur.

 

[1] Kosmopolen e. V., Satzung, in: Kosmopolen.org, Stand: 04.11.2017, http://kosmopolen.org/verein-organisation/.

Mit Festival zur Industriekultur
 

Im Jahr nach der Gründung präsentierten sich der Verein direkt mit einem Knall. Das Kosmopolen-Festival im Februar/März 2009 offenbarte direkt die volle Bandbreite des Vereins. Im Stanzwerk in Bochum-Sundern lasen die Bochumerin Ksymena Woka sowie der Performance-Literat Wojciech Stamm aus ihren Werken. Für Musik sorgten der polnische Jazz-Kontrabassist Vitold Rek mit seiner Band EastWestWind und die Band Disguise von Katrin Mickiewicz aus Essen, die in den eigenen Kompositionen polnische und bulgarische Elemente mixte. Gemälde und Fotografien u. a. von Krzysztof Gruse an den Wänden rundeten das Programm ab. Nur kurze Zeit später wurde das Stanzwerk Teil der Route Industriekultur. Zufall?

Es folgten viele weitere Veranstaltungen, die das kreative Potenzial etablierter und aufstrebender Nicht-nur-Polen präsentierten. Emanuela Danielewicz betont in Interviews immer wieder, dass sie Talente erkennt und, wo es geht, fördern wolle. Viele der Aktionen stellen Konzepte dar, die mit festem oder wechselndem Ensemble wiederholt werden können. Dazu zählt auch „Remember“ – ein Konzert/Lesungsabend zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. 2011 spielten zu diesem Anlass die Band Kroke und lasen Joanna Stanecka und Frank Wickermann in der Bochumer Christuskirche.

Eine besondere Verbindung hatte die Kooperative unter anderem zum LWL-Industriemuseum Zeche Hannover im Bochumer Stadtteil Hordel an der Grenze zu Herne-Eickel. 2011 fand dort das multi-disziplinäre Festival „Ein Mehr sehen“ statt, ein Beitrag zum Polen-NRW-Jahr 2011/2012. Die Ausstellungen des Museums widmen sich schwerpunktmäßig dem Thema Zuwanderung. Auch Kosmopolen haben sich dieses Gegenstandes angenommen und wieder gab es ein Musik und Lesungen mit vielen Akteur:innen. Der Titel dieses Aktionswochenendes, „Ein Mehr sehen“, bezieht sich darauf, dass die Pol:innen in Deutschland, anders als viele andere Migrantengruppen, stets eher unauffällig blieben. Doch Kosmopolen ging es ja eben um das Sichtbarmachen all dieser Einflüsse. Schließlich honorierte der Historiker und Leiter des Museums Zeche Hannover, Dietmar Osses, die Aktionen der Initiative mit einem Vortrag unter dem Titel „Von Ruhrpolen zu Kosmopolen“. Darin zeigt er diesen Wandel in der Außenwahrnehmung auf: Gestern waren Polen die unsichtbaren Malocher, heute sind sie auf allen Bühnen sicht- und hörbar.

Dass die Initiative für alle Veranstaltungen nicht vom Verein selbst ausgegangen ist, sondern auf Anregung und Einladung von außen stattfanden, zeugt von der guten Vernetzung der Vereinsmitglieder. Vernetzung ist ja auch Verbindung, ist Sichtbarkeit. Gleichzeitig zeigt dieser Umstand auch, dass die Kosmopolen-Events beliebt waren und immer noch sind. Die Kasienki – das sind Katrin Mickiewicz, Kasia Bortnik und Benjamin Garcia – können den Kindern im Publikum bei den Weihnachtskonzerten „Kasienki & Kolędy“ praktisch beim Wachsen zusehen, denn sie kommen jedes Jahr gerne wieder.

 

Was ist ein Kosmopole?
 

Die Frage, was ein Kosmopole eigentlich ist, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Die Definitionen werden mindestens so zahlreich sein, wie der Verein Mitglieder gehabt hat, und darüber hinaus noch ein paar mehr. Dahinter verbirgt sich nämlich mehr als ein Typ Mensch, es ist ein Konzept, ein Geisteszustand. Erfunden hat den Begriff vielleicht schon 1960 der Autor und Essayist Andrzej Bobkowski (1913–2013). In jenem Jahr veröffentlichte er in der polnischen Pariser Exilzeitschrift „Kultura“ die Biografie eines großen Kosmopolen („Biografia wielkiego Kosmopolaka“). Gemeint war damit Joseph Conrad, der als Pole im Russischen Kaiserreich geboren wurde, aber schließlich, in Großbritannien lebend und Afrika und Südostasien bereisend, zu einem der wichtigsten Autoren in englischer Sprache des 19. Jahrhunderts wurde. (Sein „Herz der Finsternis“ wurde frei als „Apocalypse Now“ verfilmt.)

Das Wort Kosmopole setzt sich zusammen aus kosmopolita und Polak, also Kosmopolit und Pole. Meinen tut Bobkowski damit allerdings nicht bloß einen reisenden, weltgewandten Menschen polnischer Abstammung. Eher scheint er damit ein anderes Wort für Exilpolen gefunden zu haben: Joseph Conrad „war natürlich kein Engländer. Aber ganz polnisch war er auch nicht. Er war ein Musterbeispiel eines Kosmopolen und sollte als ein solches Musterbeispiel wahrgenommen werden.“[2] Und zwar eins, über das die Polen noch beschämt sprechen, dabei gebe es so viele Kosmopolen, darunter auch einige wenige herausragende. Bobkowski nennt in dem Kontext etwa Frédéric Chopin.[3]

Der Kosmopole ist nach Bobkowski also ein Pole im Exil, einer, der nicht mehr ganz Pole ist, aber auch kein richtiger Engländer, Amerikaner, Deutscher, „Ruhri“ etc. Aber wegen der unterschiedlichen Assoziationen, die er weckt, und der Vielfalt der Polonia, also der polnischen Gemeinschaft im Ausland, machte der Begriff Schule. Kosmopolen können beides sein. Sie können Menschen sein, die Widersprüchliches in sich vereinen. Sie können beides und noch mehr sein. 2016 veröffentlichte Artur Becker seinen Essayband „Kosmopolen: Auf der Suche nach einem europäischen Zuhause“. Für ihn ist Kosmopolen „ein Raum der Entspannung, Inspiration und vor allem ein Raum des Rückzugs“[4]. Nach der Veröffentlichung ist auch er Mitglied der Bochumer Initiative geworden, die er aber schon vorher kannte.

Die Initiative selbst sah den undefinierbaren Facettenreichtum des Begriffes ein. Einerseits spielen sie die Bedeutung ihres Namens herunter: „Ein Name ist jedoch und im besten Sinne nur ein Öffner, ein Schlüsselbegriff. Er weckt schnell Interesse und sollte, so unser Wille, nicht zu ernst genommen werden. Was Kosmopolen ist, war oder sein wird, hängt nach wie vor von unser aller Ideen ab und deren tatsächliche Art und Weise der Umsetzung, der Zielsetzung. Es kommt nun mal auf die Inhalte an.“[5] Andererseits steht diese Erklärung – paradoxerweise – am Ende einer langen Herleitung des Namens auf einer eigenen Unterseite ihrer Webseite.

Dass der Verein diesen Namen gewählt hat, geht auf ein Gespräch zwischen Emanuela Danielewicz und dem Schauspieler Joachim Król zurück. Als die Fotografin ihn einmal porträtierte, habe er den Namen vorgeschlagen, erinnert sich Danielewicz. „Wir nehmen den Namen, wenn du dabei bist“, hat sie gesagt. Mit Króls „Selbstverständlich“ war es dann besiegelt – auch wenn der Schauspieler mit den schlesischen Wurzeln später in einem Interview mit dem Tagesspiegel zitiert wurde mit den Worten: „Erzähl bloß nicht, wo du herkommst.“[6]

 

[2] Andrzej Bobkowski, Biografia wielkiego Kosmopolaka, in: Kultura (1960), 19–32, hier 32.

[3] Ebd.

[4] Kosmopolen e. V., Geschichte des Namens: Kosmopolak, zu deutsch Kosmopole, in: Kosmopolen.org, Stand: 01.03.2021, http://kosmopolen.org/kosmopolen-bochum/geschichte-des-namens/.

[5] Ebd.

[6] Markus Ehrenberg, Erzähl’ bloß nicht, wo du herkommst, in: Tagesspiegel.de, Stand: 09.05.2011, https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/interview-erzaehl-bloss-nicht-wo-du-herkommst/4146730.html.

Jeder Kosmopole ist anders – und manchmal nicht mal Pole
 

Vielleicht ist es auch ganz richtig so, dass jeder unter dem Namen verstehen darf, was er will. Denn jedes Mitglied identifiziert sich auf ganz eigene Art als deutsch, als polnisch, als beides oder nichts davon. Jedes Mitglied sieht seine Aufgabe, seine Berufung – seine Kunst – in ganz individueller Weise von der Identitätsfrage beeinflusst.

Im Gespräch mit Porta Polonica hat die Jazzsängerin Kasia Bortnik uns Einblicke gewährt, wie Identität und Kunst bei ihr verwoben sind. 1997 hat sie ihre Eltern und Geschwister verlassen, um im Nachbarland zu studieren, und sagt, ohne zu zögern: „Selbstverständlich bin ich Polin.“ Dann hält sie aber doch inne und fügt hinzu: „Deutschland ist mein Zuhause geworden.“ Wie wird sie sich definieren, wenn ihre Eltern nicht mehr da sind? Eines ihrer Lieder trägt den deutschen Titel „Heimat“, der Text aber ist auf Polnisch. Darin singt Kasia Bortnik die Verse: „Chcę być tam gdzie soczyste gaje, słowa ojczyste dumne jak żurawie, czyny szlachetne i serca otwarte na dobro i prawdę.” („Ich will sein, wo die saftigen Haine sind, wo die Worte der Heimat so stolz wie die Kraniche, wo die Taten edel und die Herzen offen für Güte und Wahrheit sind.“)

Eine Inspiration für ihre Musik seien Bilder ihrer Kindheit in Schlesien. „Kiej na mojej jo mateczce“, ein schlesisches Volkslied, hat sie für ihr Album 2019-er Album „The Moon Is Just a Fake“ aufgenommen. Am liebsten schreibt die gebürtige Breslauerin auf Polnisch, ihrer Muttersprache, wie sie sagt, aber auch auf Englisch, ihrer Herzenssprache. Auf Deutsch zu schreiben hat sie sich noch nicht gewagt. Erst kürzlich hat sie die Gedichte von Hilde Domin entdeckt, die direkt Melodien in ihrem Kopf haben entstehen lassen. Eine Vertonung dieser Gedichte ist in Arbeit.

Nicht an der Sprache festmachen lässt sich das Schaffen von Emanuela Danielewicz. In ihrem Metier, der Fotografie, gibt es, wie in jeder Kunst, unterschiedliche Schulen und Stile. Die amerikanische Fotografie ist eine andere als die europäische, erklärt Emanuela Danielewicz. Dass sie aber polnische Fotografie mache, das empfindet sie als „Vorwurf“ an ihr Schaffen. Sie mache Portraits, da gebe es keine Nationalitäten.

Höchstens sei ihre Kunst europäisch. „Das Polnische ist das Europäische“, sagt Emanuela Danielewicz. Im Gespräch verweist sie immer wieder darauf, dass die nationalistischen Strömungen gerade in Polen, aber auch anderswo, erstarken würden. Dabei will sie persönlich und mit ihrem Schaffen die Nationalitäten, mindestens aber die Nationalismen überwinden. „Portraitfotografie ist Dialog“ und Dialog ist schließlich die Brücke zwischen zwei sogenannten Fronten. Aus diesem Grund mag sie auch all die Begriffe wie „Deutschpolen“ oder „deutsch-polnische Kulturveranstaltung“ nicht. Da stecke ja nicht nur ein Nationalismus drin, sondern gleich zwei!

Kosmopolen sollte der Weg aus der Nationalität hinaus sein, nicht hinein, erklärt die Vereinsgründerin.

 

Kosmopolen ist tot, es lebe Kosmopolen
 

Gegründet wurde der Verein am 19. Mai 2008 im Bochumer Hellweg (der kleinen Straße in der Innenstadt, nicht dem Baumarkt). 11 Künstlerinnen und Künstler waren an diesem Tag in Emanuela Danielewiczs damaliger Wohnung unter der Hausnummer 18 dort. Die Wohnung mit dem grünen Sofa („der grüne Salon“) war zu der Zeit schon länger berühmt in der Ruhrgebiets-Kunstszene für Treffen von gemütlichen Abenden über philosophische Nächte bis hin zu wilden Tanzpartys, erinnert sich die Fotografin und schwärmt von dem tollen Ausblick über Bochums Dächer.

„Kosmopolen brachte die Menschen zusammen“, sagt sie. Ein Beispiel dafür ist das Musikerinnen-Duo Kasienki besteht etwa aus den Kasia Bortnik und Katrin Mickiewicz, die beide an der Folkwang-Universität studiert haben, sich aber erst über die Kooperative kennengelernt haben. Kasia Bortnik war offizielles Mitglied im Kosmopolen e. V., aber für sie ist es mehr als eine Mitgliedschaft. Sie beginnt mit diesem Begriff, korrigiert sich dann zu „Engagement“ und kommt zu dem Schluss, dass sie mit den Kosmopolen am ehesten „Freundschaft“ verbindet.

Heute lebt die Sängerin Kasia Bortnik in Köln, die Viola-Spielerin Katrin Mickiewicz in Berlin. Kasia Bortnik verbinde zwar eine Freundschaft mit vielen Kosmopolen, die Entfernung nach Bochum war doch zu weit, um spontan einen Kaffee zu trinken und über Gott und die Welt zu plaudern. Auch in Köln sei es schwer, sich mit anderen polnischen Künstler:innen auszutauschen. Geschweige denn auf die Beine zu stellen; das hat bei den Kosmopolen immerhin funktioniert.

Doch ob Konzert, Lesung, Gedenkveranstaltung oder gar Festival – eine solche Veranstaltung macht viel Arbeit und braucht viele helfende Hände. Technik, Werbung, Gastronomie, Gästebetreuung, Einlass – und natürlich das Konzept und das Programm selbst. Für viele Events war Emanuela Danielewicz verantwortlich. Sie ist eine Macherin, ein Organisationstalent. Doch nicht zuletzt vertrug sich die Hoffnung, die Kosmopolen-Idee aus dem Ruhrgebiet hinauszutragen, nicht mit den Anforderungen an einen funktionierenden Kulturbetrieb. Die letzte Mitgliedervollversammlung am 27. Januar 2019 hat die Auflösung des Vereins beschlossen.[7]

Traurig scheint Emanuela Danielewicz darüber nicht zu sein. Sie habe nie damit gerechnet, dass der Verein mehr als zwei, drei Jahre bestehen würde. Außerdem bleibt die Marke „Kosmopolen“ bestehen. Zu erfolgreich waren die Kunstkonzepte, zu denkwürdig viele Abende, zu wirksam die Botschaft. Auf dem „Bochumer Musiksommer“ wird es auch in Zukunft eine Kosmopolen-Bühne geben. „Kasienki & Kolędy“ bzw. „Kasienki & Benjamin“ werden auch weiterhin Kinder jeder Nationalität mit polnischen Weihnachtsliedern und Geschichten erfreuen. Das Musikfestival „New Polished Tunes“ musste 2020 Corona-bedingt – wie so viele Ereignisse – ausfallen. Die ehemaligen Vereinsmitglieder dürfen ihr Ding weiter mit diesem Label durchziehen. All das beweist: Die Vereinsstruktur war eben nur eine Formalität. Kultur und Engagement sind nicht auf einen Eintrag im Vereinsregister angewiesen.

Danielewicz ist nun Vorstand der am 23. September 2020 gegründeten Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bochum NRW e. V. Auch dieser Verein soll die polnischen Akzente in der Kultur in NRW fördern, allerdings geht es hier institutioneller zu. Akteur:innen aus Politik und Wissenschaft sind Mitglieder, zum Beispiel Jürgen Mittag, Politikwissenschaftler and der Uni Köln und Vorsitzender der Europa-Union in Bochum, und der Polonia-Beauftragte des Landes NRW Thorsten Klute. Ganz nutzlos ist so ein Verein ja doch nicht. „So läuft das eben in Deutschland“, sagt Emanuela Danielewicz.

 

 Marek Firlej, März 2021

 

[7] Kosmopolen e. V., News über die laufende Liquidation und über die Zukunft der „freien“ Kosmopolen, in: Kosmopolen.org. Stand: 27.01.2019, http://kosmopolen.org/.

Einige Kosmopolen und Freunde kurz vorgestellt


Emanuela Danielewicz
Fotografin, Projekt- und Kulturmanagerin
www.danielewicz.de

Vitold Rek
Musiker
www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/vitold-rek

Artur Becker
Autor und Publizist
www.arturbecker.de

Robert Kusiolek
Musiker
www.robertkusiolek.com

Elena Chekanova (auch Elena Chekanowa)
Musikerin
www.elenachekanova.com

Kasia Bortnik
Musikerin
kasiabortnik.com

Katrin Mickiewicz
Musikerin
www.katrinmickiewicz.com

Benjamin Garcia
Musiker
www.benjamin-garcia.de

Johann May
Musiker
johannmay.de
jinjim.com

Iwona Gadzala
Musikerin bei den Bochumer Symphonikern

Monika Bujinski
Schauspielerin
www.monikabujinski.de

Patrycja Ziolkowska
Schauspielerin

Joachim Król
Schauspieler
https://joachimkrol.de/

Diederik Sutorius
Kulturmanager

Filippa Gojo (auch Filippa Goyo)
Musikerin

Dariusz Muszer
Autor
dariusz-muszer.de

Antoine Duikers
Musiker
antoineduijkers.com

Bohater
Hiphopper und Musiker
https://www.facebook.com/bohater

Kroke
Band
kroke.pl

Adam Pieronczyk
Musiker
adampieronczyk.net

Wacław Zimpel
Musiker
waclawzimpel.pl

Ulrike Draesner
Autorin
www.draesner.de

Basil Kerski
Kulturmanager und Publizist

 

Quellen


Bobkowski, Andrzej, Biografia wielkiego Kosmopolaka, in: Kultura (1960), 19–32.

Ehrenberg, Markus, Erzähl’ bloß nicht, wo du herkommst, in: Tagesspiegel.de, Stand: 09.05.2011, https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/interview-erzaehl-bloss-nicht-wo-du-herkommst/4146730.html.

Kosmopolen e. V., Geschichte des Namens: Kosmopolak, zu deutsch Kosmopole, in: Kosmopolen, Stand: 01.03.2021, http://kosmopolen.org/kosmopolen-bochum/geschichte-des-namens/.

—, News über die laufende Liquidation und über die Zukunft der „freien“ Kosmopolen, in: , Stand: 27.01.2019, http://kosmopolen.org/.

—, Satzung, in: , Stand: 04.11.2017, http://kosmopolen.org/verein-organisation/.

 

Mediathek
  • Erster Vorstand, 2008

    Der erste Vorstand des Vereins Kosmopolen e. V., 2008.
  • Jazz in der Maschinenhalle, 2012

    Jazz in der Maschinenhalle der Zeche Hannover (LWL-Industriemuseum), 2012: Klaus Kugel, Mark Tokar und Robert Kusiolek.
  • Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012

    Ad van Rijsewijk und Emanuela Danielewicz in Duisburg, 2012.
  • Kasia Bortnik Trio, 2012

    Kasia Bortnik Trio, 2012.
  • Kasia Bortnik, 2012

    Kasia Bortnik, 2012.
  • Kasienki & Tuwim, 2012 Duisburg

    Kasienki & Tuwim, 2012 Duisburg.
  • Kasienki & Tuwim, 2012

    Kasienki & Tuwim, 2012.
  • Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012

    Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012.
  • Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012

    Kosmopolen in EUforia, Bochum 2012.
  • Kosmopolen-Aktion im Künstlerhaus, Dortmund 2012

    Kosmopolen-Aktion im Künstlerhaus, Dortmund 2012.
  • Kasienki & Tuwim-Plakat, 2013

    Kasienki & Tuwim-Plakat, 2013.
  • "5 Jahre Kosmopolen"-Plakat, 2013

    "5 Jahre Kosmopolen"-Plakat, 2013.
  • Artur Becker: Die Kunst der Übersetzung, Bochum 2013

    Artur Becker: Die Kunst der Übersetzung, Bochum 2013.
  • Kosmopolen, 2013

    Die Kosmopolen in 2013.
  • Elena Chekanova, Plakat, 2014

    Elena Chekanova, Plakat, 2014.
  • Kasia Bortnik, 2014

    Kasia Bortnik von "Kasienki & Tuwim", 2014.
  • Kasienki & Benjamin, Plakat, 2014

    Kasienki & Benjamin, Plakat, 2014.
  • Katrin Mickiewicz von "Kasienki & Tuwim", Plakat, 2014

    Katrin Mickiewicz von "Kasienki & Tuwim", Plakat, 2014.
  • New Polish Tunes, Plakat, 2014

    New Polish Tunes, Plakat, 2014.
  • Vitold Rek & John Tchichai – The Polish Folk Explosion

    Vitold Rek & John Tchichai – The Polish Folk Explosion
  • Polski Bluesrap, Plakat, 2015

    Polski Bluesrap, Plakat, 2015.
  • Kroke, 2019

    Kroke, 2019.