Polnisches Gymnasium in Beuthen

Schulgebäude des Polnischen Gymnasiums in Beuthen (1939)
Das Internat des „Polnischen Gymnasiums“ in Beuthen/Bytom

Internate

Da die meisten Schüler von auswärts kamen, mussten die Initiatoren des Pol­ni­schen Gymnasiums ihren Zöglingen geeignete Unterkünfte sowie eine ärztliche und häusliche Versorgung bieten. Zu diesem Zweck wurde auf Anregung des Verbands der Polnischen Schulvereine (Związek Polskich Towarzystw Szkolnych) in Berlin und der Polnisch-Ka­tho­lischen Schulgesellschaft (Polsko-Katolickie Towarzystwo Szkolne) in Oppeln der Verein Pol­nisches Internat (Towarzystwo Bursa Polska) mit Sitz in Beuthen gegründet. Zu den Vorstandsmitgliedern des Vereins gehörten: Stanisław Weber, Direktor der Bank Ludowy (Volks­bank) in Beuthen, Stefan Szczepaniak, Direktor der Bank Ludowy (Volks­bank) in Ratibor und Stanisław Olejniczak, Lehrer am Polnischen Gymnasium in Beuthen. Zu den Zielen des Vereins gehörten laut Statut die Gründung, die Unterhaltung und die Leitung des Internats für Schüler des Polnischen Gymnasiums, wobei die finanzielle Basis aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden der Vereinsmitglieder dargestellt werden sollte.[25]

Schließlich wurden zwei Heimstätten vorbereitet, und zwar im ehemaligen Gebäude des Polnischen Konsulats in der Gleiwitzerstraße 17 (der heutigen ulica Gliwicka) sowie in einer gemieteten Willa in der Eichendorffstraße 22 (der heutigen ulica Olejniczaka). In beiden Gebäuden gab es Schlafsäle für jeweils vier bis zehn Knaben. Alle Räume waren mit Schreibtischen für die Schüler ausgestattet. Außerdem gab es Bäder und getrennte Krankenzimmer. Das Internat in der Gleiwitzerstraße 17 verfügte zusätzlich über drei Musiksäle (Übungsräume für Geigen, Blasinstrumente und Klavier), einen Bastelraum, einen Lesesaal mit einem Radio­gerät, einen Tischtennisraum, ein Arztzimmer mit einer Hausapotheke, eine Küche mit einem Speisesaal sowie ein Gästezimmer und ein Sekretariat. Im Parterre des Gebäudes befand sich ein Bühnensaal, der für die Vorstellungen des Theaterkreises genutzt wurde. In dem viel kleineren Internat in der Eichendorffstraße 22 befanden sich außer der Standardausstattung auch ein Musiksaal, eine Küche, ein Speisesaal mit einem Radiogerät und ein Amtszimmer des Er­ziehers. Diese Aufgabe übten in der Gleiwitzerstraße von 1932 bis 1939 aus: Stanisław Olej­niczak (Leiter), Mirosław Spychalski (Arzt und Erzieher), Józef Henke (Leiter) sowie Witold Przybylski, Jerzy Lubos, Jan Smoleń und Józef Mayr. Das Internat in der Eichendorffstraße versahen: Alojzy Gembala (Leiter), Franciszek Krzykala, Edmund Maćkowiak, Wilhelm Cia­łoń sowie Albert Ratajczak, Marcin Będziński und Stefan Jonca. 1937 wurde der Posten des Internatskurators eingeführt, der von dem Einrichtungsleiter bekleidet wurde. Der Posten des Vize-Kurators wurde mit einem vom Leiter ausgewählten Erzieher besetzt.[26]

Die Schüler wurden altersgemäß auf die beiden Internate verteilt. In der Gleiwitzer­straße wohnten Schüler höherer Klassen, von der dritten bis zur ersten, und in der Eichendorfstraße die Schüler der unteren Klassen, von der sechsten bis zur vierten. Neben der Lernzeit, die je nach dem Leistungsniveau der Klasse verschieden war (von der sechsten bis zur vierten Klasse zweieinhalb Stunden, in den dritten Klassen 2 Stunden 50 Minuten sowie in den zweiten und ersten Klassen 3 Stunden 50 Minuten), verfügten die Schüler über organisierte Frei­zeit, die sie zur Erlernung eines Instruments, für Leibesübungen und zur Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen in Beuthen nutzten. Seit 1935 waren die Schüler verpflichtet, Arbeitsdienst für den deutschen Staat zu leisten, indem sie gemeinnützige körperliche Arbeiten auf dem Lande bzw. in nationalsozialistischen Jugendorganisationen übernahmen. Sonntags fanden hingegen Sportveranstaltungen, Gruppenspaziergänge sowie Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung statt. In den Internaten konnten rund 230 Schüler untergebracht werden.[27]

 

Unterstützungsmaßnahmen

Der Besuch des Gymnasiums kostete Geld. Die Schü­ler konnten allerdings finanzielle Unterstützung aus den Mitteln des 1923 ins Leben geru­fenen Sti­pendien-Fonds des Bundes der Polen in Deutschland (Fundusz Stypendialny Związ­ku Po­la­ków w Niemczech) in Anspruch nehmen. Formal stand das Stipendium den Schülern polnischer Mittelschulen in Deutschland zu. Der Zweck des Stipendiums bestand in der Förderung der intellektuellen Entwicklung polnischer Intelligenz. In Beuthen wurde eine eigene Fondseinrichtung geschaffen, die sich unter dem Namen Towarzystwo Pomocy Naukowej na Śląsk Opols­ki (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Förderung in Oppelner Schlesien) sowohl für das polnische Kulturleben engagierte als auch die künftigen Studenten aus den Mitteln des Fonds finanziell unterstützte. Den bedürftigen Schülern aus den Arbeiter- und Bauernfamilien sowie aus den bürgerlichen Familien kam die Unterstützung bei Schulgeldzahlungen und hinsichtlich der Deckung ihrer Unterhaltskosten zu Gute. Im Übrigen wurden aus den Mitteln des Fonds auch die Absolventen des Gymnasiums unterstützt. Die Studenten erhielten Beihilfen, die es ihnen ermöglichten, die Immatrikulations- und die Semestergebühren zu entrichten.[28]

Das Vergabeverfahren der Stipendien sah einen Antrag an den Vorstand der Kommission vor, der seine Entscheidung über die Auswahl der Stipendiaten in den zwei Mal im Schuljahr stattfindenden Hauptversammlungen traf.[29] Dem Vorstand gehörten an: Stefan Szcze­pa­niak, Leiter des Bezirks I des Bundes der Polen sowie Präsident des Verbandes der Schulvereine (Związek Towarzystw Szkolnych), Piotr Miętkiewicz, Direktor des Gymnasiums in Beu­then und außerdem: Władysław Wesołowski, Czesław Tabernacki, Stefan Murek, Leon Nawrocki, Jan Różeński, Wittala und der Buchhalter Józef Kwietniewski.[30] Von 1934 bis 1938 wur­den 381 Stipendien ausbezahlt, deren Höhe je nach dem Bedarf des Stipendiaten zwischen 180 und 555 Mark schwankte.[31] Im Schuljahr 1938/1939 wurden weitere 160 Stipendien ver­ge­ben.[32] Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs kamen im Mai 1939 noch einmal 52 Stipendien hinzu.[33] Von den 505 Zöglingen des Beuthener Gymnasium bezogen rund 65 % der Schüler re­­gel­mäßig ein Stipendium aus dem Fonds.[34]

Zum Polnischen Gymnasium gehörte von 1935 bis 1939 auch ein Kinderhort, dem im Schulgebäude zwei Räume mit einem eigenem Eingang zu Verfügung gestellt wurden.[35] 1935 gab es dort 46 bis 58 Kinder. 1936 waren es 47 bis 49 und 1937 ähnlich wie im Vorjahr 48 bis 49. In diesen Hort wurden Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren aufgenommen, die überwiegend aus Bergmanns-, Eisenbahner- und Schusterfamilien stammten. Eine große Gruppe dieser Kinder, rund 40 %, kam aus von Arbeitslosigkeit betroffenen Familien.[36] Die Unterhaltskosten der Räume trug der Bund der Polen im Ausland (Związek Polaków Zagra­nicą). Der Kauf von Hilfsmitteln für die Kinder sowie die Verwaltungskosten des Kinderhorts wurden aus Beiträgen der Eltern dargestellt.[37]

Joanna Lusek, Dezember 2013

 

[25] APO, 1, Sign. 136, S. 77 – 93; „Nowiny Codzienne” vom 13. Oktober 1932; J. Lubos, Dzieje polskiego gim­naz­jum…, S. 122.

[26] APK, 683, Sign. 4, S. 18–23, Internat. Jahresbericht 1937/1938; Sign. 2, Bericht über das Schuljahr 1935–1936, S. 16–17; Sign. 302, Sprawozdanie z bursy za rok szkolny 1936–1937 [Internat. Jahresbericht 1936/1937].

[27] APK, 683, Sign. 4, S. 18–23, Internat. Jahresbericht 1937/1938.; Sign. 2, Bericht über das Schuljahr 1935–1936, S. 16–17; Sign. 302, Sprawozdanie z bursy za rok szkolny 1936–1937 [Jahresbericht des Internats 1936/1937]; Sign. 305, Sprawy bursy (1932–1936) [Internatsangelegenheiten (1932-1936]; Sign. 307, Arkusze ewidencyjne bursaków (1937–1939) [Personalblätter der Internatsschüler (1937-1939)]; Sign. 188, Ko­re­spon­dencja w sprawie wycieczek (1937–1939) [Schriftverkehr zu den Schulausflügen (1937-1939)]; Sign. 189, Ko­re­spon­dencja w sprawie Reichsarbeitsdienst (1937) [Schriftverkehr zum Reichsarbeitsdienst (1937)]; L. Ręgo­ro­wicz, Wykonanie niemiecko-polskiej, S. 104–105.

[28] APK, 12/645, Akta Miasta Bytomia [Beuthen. Stadtakten], Sign. 4271, Polnisch–Katholischer Schulverein (1923); W. Wawrzynek, Polskie stowarzyszenia akademickie na Śląsku Opolskim w latach 1924–1939, Opole 1963, S. 8.

[29] APK, 683, Sign. 214, Komitet Funduszu Stypendialnego (1935–1939) [Kommission des Stipendienfonds (1935-1939)].

[30] APK, 683, Sign. 214, Sign. 214, Bl. 5 und 49.

[31] APK, 683, Sign. 214, Sign. 214, Bl. 24–38, 55–61, 89–92, 106–115, 123–124.

[32] APK, 683, Sign. 214, Sign. 214, Bl. 39–47.

[33] APK, 683, Sign. 214, Sign. 214, S. 3–4.

[34] J. Lubos, Dzieje polskiego gimnazjum…, S. 196–212.

[35] APK, 683, Sign. 303, Ochronka w Bytomiu – lista obecności dzieci (1935–1936) [Kinderhort in Beuthen – An­­we­senheitsliste der Kinder (1935-1936)].

[36] APO, 1191, Rejencja Opolska, wydz. I [Regierungsbezirk Oppeln, Abt. I], Sign. 303; Sign. 310, Rachunki dotyczące ochronki (1936–1937) [Kinderhort. Rechnungen (1936-1937)].

[37] APO, 1191, wydz. I, Sign. 309, Rachunki dotyczące ochronki (1935–1936) [Kinderhort. Rechnungen (1935-1935)]; Sign. 310, Rachunki dotyczące ochronki (1936–1937) [Kinderhort. Rechnungen (1936-1937)]; Sign. 311, Dochody i rozchody dotyczące ochronki (1937–1938) [Kinderhort. Einnahmen und Ausgaben (1937-1938)]; Sign. 312, Dochody i rozchody dotyczące ochronki (1938) [Kinderhort. Einnahmen und Ausgaben (1938)]; Sign. 313, Dochody i rozchody dotyczące ochronki w miesiącu wrześniu (1939) [Kinderhort. Ein­nah­men und Ausgaben im September (1939)]; Sign. 314, Dochody i rozchody dotyczące ochronki w miesiącu paź­dzierniku (1939) [Kinderhort. Einnahmen und Ausgaben im Oktober (1939)].

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  • Schulgebäude des Polnischen Gymnasiums in Beuthen (1939)

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  • Gemeinsamer Lernraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen. Die Schüler beim Lernen (30er Jahre des 20. Jh.)

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  • Flur, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

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  • Schülerbibliothek, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Schülerbibliothek, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Klassenraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Klassenraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Feierliche Eröffnung des Polnischen Gymnasiums in Beuthen. Präsident Felix Calon-der trägt sich in die Erinnerungschronik ein (1932)

    Feierliche Eröffnung des Polnischen Gymnasiums in Beuthen. Präsident Felix Calon-der trägt sich in die Erinnerungschronik ein (1932)
  • Erholungssaal im Schülerinternat, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Erholungssaal im Schülerinternat, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Flur, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Flur, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Physik- und Chemieraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Physik- und Chemieraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Erholungssaal im Schülerinternat, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Erholungssaal im Schülerinternat, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Waschraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)

    Waschraum, Polnisches Gymnasium in Beuthen (30er Jahre des 20. Jh.)
  • Das Gebäude des Polnischen Gymnasiums in Beuthen, Ansicht 2016

    Das Gebäude des Polnischen Gymnasiums in Beuthen, Ansicht 2016
  • Gedenktafel am Polnischen Gymnasium in Beuthen, 23.10.1960 (Ansicht 2016)

    Gedenktafel am Polnischen Gymnasium in Beuthen, 23.10.1960 (Ansicht 2016)
  • Das Gebäude des Polnischen Gymnasiums in Beuthen, Ansicht 2016

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