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Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern Radziwiłł: 1619 Albrycht Stanisław Radziwiłł

Pieter Danckerts de Rij (1605-1660/61): Porträt Albrycht Stanisław Radziwiłł, um 1640/50
Pieter Danckerts de Rij (1605-1660/61): Porträt Albrycht Stanisław Radziwiłł, um 1640/50. Öl auf Leinwand, 213 x 125 cm, Nationales Kunstmuseum der Republik Belarus, Minsk

1619 Albrycht Stanisław Radziwiłł (1593-1656), Herzog von Ołyka, Starost von Łuck, später Reichsfürst sowie Großkanzler von Litauen, heiratet Regina von Eisenreich (um 1589-1637), Hofdame bei Constanze von Österreich, Königin von Polen und Großfürstin von Litauen

Albrycht Stanisław Radziwiłł wird am 1. Juli 1593 auf Schloss Ołyka (heute Olyka, Ukraine, Abbildung unten) im polnisch-litauischen Wolhynien geboren. Ołyka ist 1513 zusammen mit Nieśwież (heute Njaswisch, Belarus) durch Heirat an die Familie Radziwiłł gelangt. In der folgenden Generation hat Mikołaj Krzysztof Radziwiłł (1515-1565, genannt der Schwarze/Czarny), der Großvater von Albrycht Stanisław, ein Familienfideikomiss/Ordynacja rodowa errichtet, nach dem die Hauptgüter der Familie im Erbfall nicht geteilt, sondern nur an den ältesten Sohn als Majoratsherrn/Ordynat vererbt werden dürfen. 1540 beginnt er mit dem Bau von Schloss Ołyka, das ab 1564 von der fürstlichen Familie bewohnt und 1586 an den Sohn, Stanisław II „Pius“ Radziwiłł (1559-1599), erster Majoratsherr auf Ołyka und Vater von Albrycht Stanisław, vererbt wird. Im Jahr darauf, 1587, heiratet Stanisław Pius die Tochter des Kastellans von Wolhynien, Marianna Myszków (1563-1600), Albrycht Stanisławs Mutter. Ab 1593 fungiert Stanisław Pius Radziwiłł als Großmarschall von Litauen und Starost von Samogitien.

Nachdem Albrycht Stanisław beide Eltern im Alter von sechs beziehungsweise sieben Jahren verloren hat, wird er von seinem Onkel, Mikołaj Krzysztof „Sierotka“ Radziwiłł (1549-1616), Hofmarschall von Litauen, einem vom Calvinismus zum Katholizismus konvertierten Verfechter der Gegenreformation, aufgezogen. Von etwa 1598 bis 1605 studieren er und sein Bruder Mikołaj Krzysztof an der von Jesuiten geleiteten Akademie (später Universität) von Vilnius, gehen dann zum Studium nach Würzburg, wo sie bei dem Jesuiten Maximilian Sandaeus (van der Sandt) Philosophie studieren, und gehen 1609 nach Löwen/Leuven. Dort hören sie Vorlesungen bei dem Polyhistor Erycius Puteanus (Hendrik van Put). 1610 bis 1612 reisen sie durch Frankreich und Italien und kehren dann für ein Jahr nach Wolhynien zurück. Anschließend reist Albrycht Stanisław erneut nach Frankreich, hält sich in bezahlter Stellung am Hof Ludwigs XIII. auf und reist bis 1616 durch Italien. 1617 verkehrt er am Hof des polnischen Königs Sigismund III. Wasa (1566-1632). 1619 wird er Abgeordneter des Sejms für Wolhynien. Im selben Jahr wird er durch Protektion der polnischen Königin, Erzherzogin Constanze von Österreich/Konstancja Habsburżanka (1588–1631), zum (stellvertretenden) Kanzler von Litauen ernannt und heiratet deren Hofdame, Regina von Eisenreich. Sie, Witwe des Woiwoden von Brest/Brześć Kujawski, Michael Działyński (1560-1617), stammt aus einer in Litauen ansässigen deutschen Adelsfamilie, die vermutlich aus Bayern zugezogen ist.[1] Ihre Eltern sind Karl (*1563) und Sofie von Eisenreich, geborene Reinhofer (*um 1565).[2]

 

[1] Vergleiche von Eisenreich, auf: Institut Deutsche Adelsforschung, Deutsches Biographisches Adelsrepertorium, https://adelsquellen.de/adelsforschung1/dbar02.htm

[2] Vergleiche Regina von Eisenreich, auf: geni, https://www.geni.com/people/Regina-von-Eisenreich/6000000023341407898

Von 1618 bis 1622 ist Albrycht Stanisław Radziwiłł Starost von Łuck (heute Luzk, Ukraine), dem Verwaltungssitz von Wolhynien, ab 1623 von Vilnius sowie von zahlreichen anderen litauischen und polnischen Städten. 1623 wird er von Sigismund III. zum Großkanzler von Litauen ernannt (Abbildung unten). Ab 1624 begleitet er den Kronprinzen Władysław (ab 1632 König Władysław IV. Wasa), der bereits 1610 als Fünfzehnjähriger zum (allerdings nur titeltragenden) Zaren von Russland gewählt worden ist, zusammen mit anderen polnischen Adligen als Haushofmeister (magister curiae) auf dessen zweijähriger Grand Tour durch Europa. Die Reise führt über Breslau nach München zu Kurfürst Maximilian I. von Bayern, anschließend nach Brüssel, Antwerpen, Breda, schließlich nach Rom zu Papst Urban VIII., nach Florenz, Genua, Venedig und Pisa. Nach der Rückkehr nach Polen dient Albrycht Stanisław in hohen Regierungsämtern Sigismund III. und vertritt zeit seines Lebens eine harte Linie für den Katholizismus. Obwohl er den Calvinismus zurückzudrängen versucht, engagiert er sich für die calvinistischen Verwandten der Familie Radziwiłł. Dazu gehört auch die Familie seines vierzehn Jahre älteren Vetters zweiten Grades, Janusz (VI. der Ältere) Radziwiłł (1579-1620), Herzog von Birże und Dubinki, der 1613 ebenfalls eine Deutsche, Elisabeth Sophie von Brandenburg (1589-1629) aus dem Hause Hohenzollern, geheiratet und sich als Schutzherr über die Calvinisten, als Gegner der Gegenreformation und Sigismunds III. etabliert hat.[3]

Nach dem Amtsantritt von Władysław IV. unterstützt Albrycht Stanisław diesen im Russisch-Polnischen Krieg 1632-34 gegen Zar Michael I. und engagiert sich für Władysławs Ehefrau Cäcilila Renata von Österreich/Cecylia Renata Habsburżanka. Nach dem Tod von Regina von Eisenreich heiratet er 1638 Anna Krystyna Lubomirska (1618-1667). Ab 1648 bekleidet er hohe Staatsämter unter dem nachfolgenden König Johann II. Kasimir Wasa/Jan II Kazimierz Waza. Er stirbt in Danzig, nachdem sein Anwesen in Ołyka von russischen Truppen verwüstet worden ist, und hinterlässt ein umfangreiches politisches Tagebuch für die Jahre von 1632 bis 1656 („Memoriale rerum gestarum in Polonia …“, veröffentlicht 1839 in Posen). Beide Ehen bleiben kinderlos, wodurch die Linie Ołyka der Familie Radziwiłł ausstirbt und an das Ordynat Nieśwież fällt.

 

Axel Feuß, im November 2021

 

Literatur:

Edward Raczyński (Herausgeber): Pamiętniki Albrychta Stanisława X. Radziwiłła Kanclerza W. Litewskiego, 2 Bände, Posen 1839

Adam Przyboś / Roman Żelewski: Albrycht Stanisław Radziwiłł. Pamiętnik o dziejach w Polsce 1632-1656, 3 Bände, Warschau 1980

Visuotinė lietuvių enciklopedija, Band XIX, Vilnius 2011, Seite 429

Polski Słownik Biograficzny, Band XXX, 1987, Seite 143

Lietuviškoji tarybinė enciklopedija, Band IX, Vilnius 1982, Seite 306

 

Online:

Adam Przyboś, auf: Internetowy polski słownik biografiscznyhttps://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/albrycht-stanislaw-radziwill-1593-1656-kanclerz-wielki-litewski-historyk (Dieser Link wurde zuletzt im Mai 2023 aufgerufen.)

 

[3] Gemeinsamer Ururgroßvater ist Mikolaj Radziwiłłowicz „Stary“ (um 1440-1509), Großkanzler von Litauen, Woiwode von Vilnius, Senator der Ersten Polnischen Republik und Starost von Nowogródek. Auf ihn gehen die Linien der Radziwiłł von Goniądz und Miadzioł, von Nieśwież, von Ołyka und von Birże und Dubinki zurück.

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  • Schloss Radziwiłł, Ołyka

    Schloss Radziwiłł, Ołyka (heute Olyka, Ukraine), errichtet 1540-1564, im 17. und 18. Jahrhundert erweitert und barock überbaut
  • Ernennungsurkunde, 1623

    Ernennungsurkunde für Albrycht Stanisław Radziwiłł zum Großkanzler von Litauen, 1623. Pergament mit Siegel des Großfürstentums Litauen, 66 x 34,5 cm