Die Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland

Solidarität mit Polen. Die Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland, Berlin 2012 r.
Solidarität mit Polen. Die Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland, Berlin 2012 r.

Die Arbeitsgruppe „Solidarność“ München wurde 1982 Jerzy Jankowski gegründet, der Anfang der 1990er Jahre durch einen Autounfall verstarb. Sonst ist nur bekannt, dass Wiesława Wołek die Zeitschrift „Słowo Solidarności“ (sinngemäß „Die Stimme der Solidarność“) herausgegeben hat. Andere Unterlagen über die Aktivitäten der Gruppe haben sich nicht erhalten.

Ab Mitte der 1980er Jahre entstanden in Deutschland weitere Initiativen zur Unterstützung der Solidarność. Hier sind in Nürnberg das Teatr Bezdomny „Solidarność“ (Obdachloses Theater „Solidarność“) unter der Leitung von Paweł Ciesielski zu nennen und in St. Ingbert der Klub „Wolni i Solidarni“ (Club „Die Freien und die Solidarischen“), den Józef Piotrowski prägte.

Zu den Organisationen, die in der Pro-Solidarność-Bewegung in Deutschland zusammengearbeitet haben, gehörten: der christliche Dienst ChSWN, der Verband ZPU, die Polnische Sozialistische Partei (Polska Partia Socjalistyczna, kurz PPS), die gesellschaftspolitische Verein „POMOST“, der Polnische Klub (Klub Polski) in Hamburg, der Polnische Informationsclub (Polski Klub Informacyjny) in Hannover, der Münchner Juliusz Mieroszewski-Club für freies politisches Denken (Klub Niezależnej Myśli Politycznej im. Juliana Mieroszewskiego), die Redaktion des vom Düsseldorfer Komitee „Solidarität mit Solidarność“ herausgegebenen Bulletins „Nie Cenzurowano“ („Unzensiert“), die Hamburger Redaktion des „Biuletyn Informacyjny“, die Bonner Gesellschaft „KONTYNENT“ (der Kontinent), der polnische Dienst des Senders Radio Freies Europa sowie der Kongress für ein freies Polen in Europa (Kongres Wolnej Polski w Europie).

Die Gründungen der ersten Komitees und Arbeitsgruppen zur Unterstützung der Solidarność leiteten eine konzertierte Hilfsaktion für die Gewerkschaft und die demokratische Opposition in Polen ein, die den Internierten und ihren Familien zugutekam und ansonsten der Beschaffung und dem Transport von Medikamenten, der Organisation von Protestaktionen und der Übernahme von Patenschaften für die Angehörigen der Verfolgten gewidmet war. So beteiligte sich die AGS West-Berlin 1982 finanziell an der Behandlung eines Kindes von Grzegorz Palka, einem Funktionär der Solidarność in Łódź, in einem Berliner Krankenhaus. Außerdem organisierte die Gruppe Demonstrationen, Kundgebungen und Manifestationen gegen die Diktatur in Polen. In diesem Sinne veranstaltete sie zusammen mit dem KOS schon im Januar 1982 ein politisches Event unter dem Motto „Solidarność lebt“. Demonstrationen am zweiten Jahrestag der Ausrufung des Kriegsrechts in Polen fanden in München und Köln statt. An der Kundgebung vor der polnischen Botschaft in Köln nahmen außer Mitgliedern der Unterstützerorganisationen auch Vertreter des Polnischen Informationsklubs aus Hannover und Betreiber der Düsseldorfer Zeitschrift „Nie Cenzurowano“ teil. Flankiert wurde diese Aktion von einer Pressekonferenz der Kölner AGS und des Hilfskomitees „Solidarność“ Mainz. Am 21. Mai 1984 versammelten sich die Unterstützerorganisationen auf Initiative der Gesellschaft „KONTYNENT“ vor der sowjetischen Botschaft in Bonn, um für Andrej Sacharow zu demonstrierten. Vom 13. bis zum 20. Juli 1984 fanden vor den polnischen Einrichtungen in Köln Kundgebungen statt, die von der AGS Köln, der PPS-Partei und dem Verein „POMOST“ vorbereitet wurden. Am 21. Juli 1984 gab es vor der Kölner Botschaft der Volksrepublik Polen eine Abschlussdemonstration, die von den Vertretern des christlichen Dienstes ChSWN, des Verbandes ZPU und von Mitgliedern der Unterstützerorganisationen getragen wurde. Diese Demonstration fand anlässlich des vierzigsten Jahrestages der Machtübernahme durch die Kommunisten statt und sollte die deutsche Gesellschaft zum einen auf die Gerichtsprozesse aufmerksam machen, die am 13. Juli 1984 gegen die vier Anführer des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników, kurz KOR) begonnen hatte, zum anderen richtete sich der Protest gegen die virulenten Menschenrechts- und Bürgerrechtsverletzungen in Polen. Am 1. November 1984 versammelten sich Mitglieder der AGS West-Berlin, Köln und Eschweiler – Aachen sowie des Hilfskomitees „Solidarność“ vor der Botschaft in Köln, um gegen das kommunistische Regime in Polen zu agitieren und ihre Empörung über die Ermordung von Pfarrer Jerzy Popiełuszko zum Ausdruck zu bringen. Der Vorsitzende des christlichen Dienstes ChSWN, Pfarrer Franciszek Blachnicki, trug damals das „geistige Testament” des Ermordeten vor. Die Demonstration endete mit einem Gedenken der 73 Opfer des Kriegsrechts.

Am 3. November 1984 zog ein Trauermarsch für den ermordeten Pfarrer Jerzy Popiełuszko durch die Straßen Berlins, den die Gesellschaft „Solidarność“, die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), die Junge Union [der CDU – Anm. d. Übers.] und die beim Berliner Mauermuseum angesiedelte „Arbeitsgruppe 13. August“ angemeldet hatten. Am 13. Dezember 1984 organisierten die AGS Köln und die AGS Eschweiler – Aachen gemeinsam mit der Gesellschaft „Solidarność“ aus Berlin, dem Hilfskomitee „Solidarność“ aus Mainz und dem christlichen Dienst ChSWN aus Köln eine Demonstration für die Wiederaufnahme der NSZZ „Solidarność“ in Polen.

Vom 6. bis zum 13. Mai 1985 traten 26 Menschen vor der polnischen Botschaft in Köln in den Hungerstreik, um gegen die Verhaftung von Władysław Frasyniuk, Bogdan Lis und Adam Michnik und die Eröffnung der gegen sie eingeleiteten Gerichtsverfahren zu protestieren. Mitverantwortlich für diese Aktion waren neben der AGS Köln die PPS-Partei, der ChSWN und der Dortmunder Kreis des ZPU. Ähnliche Aktionen fanden in London, Brüssel, Paris, Oslo, Wien und Chicago statt.

 

 

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