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Polinnen und Polen in Deutschland: Wege in die Sichtbarkeit

Magdalena Abakanowicz, Bambini, 1998. Ausstellungsansicht in der St. Elisabeth-Kirche, Berlin, Gallery Weekend 2015, Galerie ŻAK | BRANICKA, Berlin

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  • Bildnis in der Johanneskapelle im Kölner Dom - Beim Grabmal der Königin Richeza
  • Wappen des Ehepaares Hedwig Jagiellonica und Georg dem Reichen - Wappen des Ehepaares Hedwig Jagiellonica und Georg dem Reichen von Bayern-Landshut in der Burg zu Burghausen.
  • Glasmalerei im Landshuter Rathaus - Glasmalerei im Landshuter Rathaus. Fenster in Haupttreppenhaus.
  • Johannes a Lasco - 1499 in einer polnischen Magnatenfamilie geboren, ist Jan Łaski, mit lateinischem Namen Johannes a Lasco, für eine bedeutende politische und theologische Laufbahn vorherbestimmt.
  • Athanasius Graf Raczyński - Gemälde von Carl Wihelm Wach
  • Palais Raczynski - Am Königsplatz in Berlin um 1875
  • Empfang der Polen in Leipzig 1830 - Guillaume Thierry, Lithographie nach einer Zeichnung von Charles Malankiewicz, 39,8 x 48,7 cm, 1830/31
  • Durchzugsrouten (Überblick) - Durchzugsrouten polnischer Novemberaufständischer und deutscher Polenhilfsvereine 1831 – 1833 (Überblick). H. Asmus, 1981. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
  • Gedächtnistafel in 12 Tableaux - Die denkwürdigsten Tage des Jahres 1830, Gedächtnistafel in 12 Tableaux, Verlag Johann Andreas Endter, Nürnberg, 1830, Radierung, koloriert, 30,3 x 43,5 cm
  • Jubiläumsbriefmarke „175 Jahre Hambacher Fest“ - Sonderbriefmarke der Deutschen Post
  • Ludwik Mierosławski - Ludwik Mierosławski (1814-1878), Foto um 1850
  • Porträt um das Jahr 1879 -
  • Foto des Gebäudes -
  • „Chopin spielt im Salon des Fürsten Anton Radziwill in Berlin“ - Ein Gemälde von Henryk Siemiradzki (1843-1902), um 1880, Sankt Petersburg, Staatliches Russisches Museum
  • Wiarus Polski, Bochum - Ausgabe vom 3. Juli 1907
  • Sachsengänger - Sachsengänger bei der Ankunft in Berlin, 1909
  • Titelseite der ersten Ausgabe von „Narodowiec“ - Titelseite der ersten Ausgabe von „Narodowiec“, Herne, 2. Oktober 1909, aus: „Polak w Niemczech”, Bochum 1972, S. 44
  • Atelier von Alfred Wierusz-Kowalski in München, 1889 - Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm 
  • Kaiser Wilhelm II. im Atelier von Wojciech Kossak in Berlin, 1899 - Kaiser Wilhelm II. und Adolf v. Menzel im Atelier des Malers Adalbert von Kossak (Wojciech Kossak).
  • Während ihrer Rede auf dem Internationalen Sozialistenkongress in Stuttgart - Rosa Luxemburg, August 1907.
  • Helena und Stanisław Sierakowski, Hochzeitsfoto, 1910  - Stanisław Sierakowski - der erste Vorsitzender des Bundes der Polen in Deutschland "Rodło"
  • Hochzeitstelegramm der Breslauer Polonia, 1913 - Hochzeitstelegramm mit zwei Männern in polnischen Nationaltrachten und der Kartusche mit einem weißen Adler, Farbdruck, 1913.
  • Studienbuch der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Mit Eintragungen von Edmund Husserl, 1916
  • "Pola Negri - unsterblich", Dokumentation von 2017 - Eine Filmdokumentation über Leben und Schaffen eines der größten Stummfilmstars in Deutschland polnischer Herkunft.

    "Pola Negri - unsterblich", Dokumentation von 2017

    Eine Filmdokumentation über Leben und Schaffen eines der größten Stummfilmstars in Deutschland polnischer Herkunft.
  • Drei Tage im November. Józef Piłsudski und die polnische Unabhängigkeit 1918" - Von Magdeburg in die Unabhängigkeit Polens - ein Film über einen polnischen Mythos.

    Drei Tage im November. Józef Piłsudski und die polnische Unabhängigkeit 1918"

    Von Magdeburg in die Unabhängigkeit Polens - ein Film über einen polnischen Mythos.
  • Haus in der Festung Magdeburg - Haus in der Festung Magdeburg, in dem Józef Piłsudski interniert war.
  • Blick in den “Roten Salon” und in den Wintergarten des Gebäudes - Radziwill-Palais
  • Religiöse Zeremonie in Herne, 1930 - Religiöse Zeremonie „Glaube unserer Väter“ im westfälischen Herne, 1930
  • Werbeplakat für den Film "Ich liebe alle Frauen" (1935) mit Jan Kiepura  - Werbeplakat für den Film "Ich liebe alle Frauen" (1935) mit Jan Kiepura in der Hauptrolle
  • Dziennik Berliński - Ausgabe vom 10. November 1937 mit der Titelgeschichte über die Eröffnung des Polnischen Gymnasiums im ostpreußischen Marienwerder (polnisch Kwidzyń).
  • Familie Jankowski – Ruhrpolen in Herne 1936 - Familie Jankowski, Eltern mit Kindern, 1936 in Herne
  • Polnischer Zwangsarbeiter beim Milchfahren, ca. 1943 - Polnischer Zwangsarbeiter vom Hof Schweers (Kr. Borken) beim Milchfahren, ca. 1943, Sammlung Ignaz Böckenhoff: Das Dorf Raesfeld in den 1930er bis 1960er Jahren
  • Polnisches Modemagazin „Moda“ in Niederlangen (Emsland), 1945 - Auf dem Titelblatt des in dem ehemaligen Kriegsgefangenenlager für die Teilnehmerinnen des Warschauer Aufstandes entstandenen Magazins wird kurz nach der Befreiung durch die polnische 1. Panzerdivision des Gen. Maczek bereits für den Sommer 1945 eine neue
  • Wilhelmshaven, 1945 - Soldat der polnischen 1. Panzerdivision des Generals Stanissław Maczek auf dem Hof der Kaserne in Wilhelmshaven, Mai 1945.
  • Józef Szajna in Maczków - Józef Szajna in Maczków (Haren) an der Ems, 1946.
  • Friedhofskapelle im DP-Lager Flossenbürg, 1947 - Ein Kirchenfenster aus der durch polnische Displaced Persons 1946-47 erbauten Friedhofskapelle auf dem Gelände des ehemaligen KZ Flossenbürg (Detail) nach dem Entwurf von Władysław Płoskoń, 1947.
  • Artur Brauner - Der Filmproduzent Artur "Atze" Brauner. Das Foto wurde am 25. Januar 2002 in Leipzig am Rande der mdr-Talkshow "Riverboat" aufgenommen.
  • Artur Brauner - Ein Jahrhundertleben zwischen Polen und Deutschland - Eine Filmdokumentation über die legendäre Persönlichkeit des deutschen und internationalen Films.

    Artur Brauner - Ein Jahrhundertleben zwischen Polen und Deutschland

    Eine Filmdokumentation über die legendäre Persönlichkeit des deutschen und internationalen Films.
  • Tadeusz Nowakowski, ca. 1950 - Tadeusz Nowakowski, ca. 1950
  • Teresa Nowakowski (101) im Gespräch mit Sohn Krzysztof, London 2019. - Teresa Nowakowski (101) im Gespräch mit Sohn Krzysztof, London 2019 (auf Polnisch).

    Teresa Nowakowski (101) im Gespräch mit Sohn Krzysztof, London 2019.

    Teresa Nowakowski (101) im Gespräch mit Sohn Krzysztof, London 2019 (auf Polnisch).
  • Fronleichnam in der Siedlung für polnische Displaced Persons in Dortmund Eving, 1951 - Ein durch die polnische DP-Familie Sokołowski angefertigter Alter für die Fronleichnamsprozession, Dortmund Eving, 1951.
  • Stefan Arczyński in Moskau, 1956 - Stefan Arczyński (rechts) mit einem Bekannten in Moskau. Fotograf unbekannt, 1956.
  • Mieczysław Wejman, „Der Schlaf ist Bruder des Todes“, Wildflecken, 1971 - Ein Fresco des Professors der krakauer Kunstakademie (Fragment) zum Gedenken an 428 polnische Kinder und 116 Erwachsene, die im DP-Lager Wildflecken 1945-48 verstorben sind, Friedhofskapelle Wildflecken, 1971.
  • Marcel Reich-Ranicki im Studio des ZDF - Titel der Sendung: Aus gegebenem Anlass - Marcel Reich-Ranicki im Gespräch mit Thomas Gottschalk
  • Karol Broniatowski - Mahnmal für die deportierten Juden Berlins, 1991

    Karol Broniatowski

    Mahnmal für die deportierten Juden Berlins, 1991
  • Historische Vereinsfahnen des Bundes der Polen in Deutschland - Foto aus der St. Anna Kirche der Polnischen Katholischen Mission in Dortmund. Die Fahnen gehören zum Bestand der Porta Polonica
  • Film "Narr und Nonne" - St. Ignacy Witkiewicz, Filmstudio Transform, Regie: Janina Szarek - Film "Narr und Nonne" - St. Ignacy Witkiewicz, Filmstudio Transform, Regie: Janina Szarek

    Film "Narr und Nonne" - St. Ignacy Witkiewicz, Filmstudio Transform, Regie: Janina Szarek

    Film "Narr und Nonne" - St. Ignacy Witkiewicz, Filmstudio Transform, Regie: Janina Szarek
  • WURMLOCH, 2008 - Video-Installation im öffentlichen Raum, Stahlkonstruktion, Glas, Video, Monitor, DVD Player, Ø = 100 cm, H = 110 cm. Copyright: Karina Smigla-Bobinski

    WURMLOCH, 2008

    Video-Installation im öffentlichen Raum, Stahlkonstruktion, Glas, Video, Monitor, DVD Player, Ø = 100 cm, H = 110 cm. Copyright: Karina Smigla-Bobinski
  • Andrzej Wirth in seiner Berliner Wohnung - Andrzej Wirth in seiner Berliner Wohnung.
  • Interview mit Leszek Zadlo - Deutsche Übersetzung über Originalaufnahme

    Interview mit Leszek Zadlo

    Deutsche Übersetzung über Originalaufnahme
  • Stefan Szczygieł - Aus der Serie „Urban Spaces“, 2005-2009, „Köln, Hohenzollernbrücke“, Inkjet Photo Print, 85 x 240 cm.
  • ZEITFLUG - Hamburg - ZEITFLUG - Hamburg, Video, 2008; 12:00 Min. Stefan Szczygieł. Courtesy: Claus Friede*Contemporary Art

    ZEITFLUG - Hamburg

    ZEITFLUG - Hamburg, Video, 2008; 12:00 Min. Stefan Szczygieł. Courtesy: Claus Friede*Contemporary Art
  • Lech Wieleba - am Kontrabass.
  • Roland Schefferski - Empty Images, 2000/2006. Bild (Berlin), 12. Januar 2006
  • Monika Czosnowska, Johanna - Monika Czosnowska, Johanna , 2004, C-Print, 78 x 66 cm, Sammlung Marta Herford, Zugangsjahr: 2005
  • Polonia Dortmund 2012 - Robert Lewandowski, Łukasz Piszczek und Jakub Błaszczykowski von Borussia Dortmund mit der Meisterschale der Bundesliga 2012
  • Małgosia Jankowska - In Blau, 2015, Aquarell, Filzstift auf Papier, 100 x 150 cm.
  • Katarzyna Myćka -
  • Der Planet von Susanna Fels - Ein Kunstfilm von Susanna Fels mit den Fotos von u.a. Annette Hudemann, 2019.

    Der Planet von Susanna Fels

    Ein Kunstfilm von Susanna Fels mit den Fotos von u.a. Annette Hudemann, 2019.
  • Agata Madejska, RISE, 2018 - Agata Madejska, RISE, 2018. Installation view, ∼ =, Impuls Bauhaus, Zeche Zollverein, Essen, 2019.
Magdalena Abakanowicz, Bambini, 1998
Magdalena Abakanowicz, Bambini, 1998. Ausstellungsansicht in der St. Elisabeth-Kirche, Berlin, Gallery Weekend 2015, Galerie ŻAK | BRANICKA, Berlin

Wandernde Menschen

Über Jahrhunderte hin wanderten Menschen aus den polnischen in die deutschen Gebiete. Es handelte sich aber in aller Regel um keine Massenmigration, im Gegensatz zu den Migrationsbewegungen von West nach Ost, denn seit dem Hochmittelalter strömten im Zuge des Landesausbaus („Ostsiedlung“) große deutschsprachige Bevölkerungsgruppen ins östliche Mitteleuropa. Nach Westen zogen vor allem Vertreter der Eliten. Darunter befanden sich etliche polnische Königstöchter, vor allem aus der Dynastie der Jagiellonen. Am bekanntesten ist sicherlich Jadwiga (Hedwig), eine Tochter von König Kasimir IV., deren Hochzeit mit Herzog Georg den Reichen von Bayern-Landshut 1475 mit einem rauschenden Fest gefeiert wurde.

Es gab aber auch andere Anlässe, um in den Westen zu wandern: Kaufleute aus polnischen Landen – oft Juden – suchten die großen Handelsstädte und Messen in Breslau oder Leipzig auf, solche aus Danzig – oft Deutsche – tätigten in halb Europa ihre Geschäfte. Im Übrigen hielten die jüdischen Gemeinden im Alten Reich vielfach engen Kontakt zu den viel lebendigeren jüdischen Zentren in Polen-Litauen. Viele Zentren der europäischen Gelehrsamkeit befanden sich wiederum in deutschen Landen, weshalb zahlreiche polnische Studenten den Weg nach Köln, Heidelberg, Leipzig oder Königsberg fanden. Mancher aus Polen stammende Gelehrte blieb im Reich, etwa Matthäus von Krakau, der von 1405 bis 1410 Bischof von Worms war, oder Johannes a Lasco (Jan Łaski), der in den 1540er Jahren die protestantische Kirche in Ostfriesland aufbaute. Einen Höhepunkt fand die Wanderung polnischer Eliten, als mit August II. und August III. zwischen 1697 und 1763 zwei sächsische Wettiner auf dem polnischen Thron saßen und Dresden Adlige, Offiziere, Staatsmänner und Künstler aus Polen anzog. Berühmt wurde der in Hoyerswerda aufgewachsene Jan Henryk Dąbrowski als General Napoleons.

Zu erwähnen sind zwei Siedlungsbiete polnischsprachiger Bevölkerungen in Gegenden, die später zum deutschen Reich bzw. zu Preußen gehörten: Die Masuren im südlichen Preußenland, die seit dem 14. Jahrhundert aus Masowien zuwanderten, und die polnische Bevölkerung in Schlesien, die sich vor allem in einem großen Teil Oberschlesiens behaupten konnte.

Wandernde Grenzen

Mit den drei Teilungen Polens zwischen 1772 und 1795 änderte sich die Situation, denn nicht die Menschen wanderten nun, sondern die Grenzen. Insgesamt dürften um 1800 rund 2,5 Millionen polnischsprachige Menschen in Preußen gelebt haben, das ja bis Warschau reichte. Nach den napoleonischen Kriegen wurden die Grenzen beim Wiener Kongress neu gezogen, aber immer noch gehörten große altpolnische Gebiete zu Preußen. Vor dem Ersten Weltkrieg dürften zwischen 2,5 und 4,5 Millionen Polnischsprachige im Reich gelebt haben – man weiß das nicht so genau, weil die Statistiken unzuverlässig sind und viele Polen aus Angst vor Diskriminierung bei den Volkszählungen ihre Muttersprache verleugneten. Die polnischen Siedlungszentren waren Westpreußen/Pommerellen, die Provinz Posen/Großpolen, das südliche Ostpreußen sowie Oberschlesien. Während die protestantischen Masuren einer voranschreitenden Assimilation unterlagen, die jedoch auch vor dem Zweiten Weltkrieg noch längst nicht abgeschlossen war, entwickelte sich vor allem Großpolen als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der polnischen Minderheit, die unverdrossen nach kultureller Autonomie und einem eigenen Staat strebte.

Diese Freiheitsliebe der Polen wirkte ansteckend: Als 1832 mehrere tausend polnische Offiziere nach dem verlorenen Aufstand gegen Russland durch die deutschen Länder ins Exil nach Frankreich zogen, wurden sie unterwegs jubelnd von den Bürgerinnen und Bürgern deutscher Städte begrüßt. Und auf dem Hambacher Fest 1832 galt ihr Kampf gegen Restauration und Autokratie als Weckruf für das liberale Europa. Bis 1848, als die Befreiung des Freiheitskämpfers Ludwik Mierosławski aus dem Berliner Gefängnis Moabit am Anfang der Märzrevolution stand, hielt die Polenbegeisterung an, ehe es im Frankfurter Paulskirchenparlament zur Debatte kam: Sollte ein demokratisches Deutschland nicht bereit sein, die polnischen Provinzen Preußens an ein freies Polen zurückzugeben? Aber wie rasch wandelten sich die Ansichten: Die Aussicht auf die Schaffung eines deutschen Nationalstaat ließ die Polinnen und Polen innerhalb der deutschen Länder zu Vertretern einer zunehmend gefährlich erscheinenden Irredenta werden. Die Versuche der preußischen Regierung, die „polnische Gefahr“, wie man dies zunehmend sah, zu bekämpfen, führte zu zahlreichen Auseinandersetzungen und zur wachsenden Diskriminierung des polnischen Bevölkerungsteils.

Auf der Suche nach Arbeit

Das 1871 gegründete Deutsche Reich bot seinen Bürgerinnen und Bürgern rechtliche Gleichstellung, gesetzlichen Schutz und freie Mobilität innerhalb der Reichsgrenzen. Davon machten auch die preußischen Polen Gebrauch: Der Zustrom polnischsprachiger Reichsbürger in die Industriebetriebe und Bergwerke des Ruhrgebiets in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg – etwa 500.000 Personen – war bis dahin die größte kompakte Zuwanderung einer nichtdeutschen Bevölkerung in der deutschen Geschichte, sie ebnete sozusagen den Weg für alle später folgenden Erwerbsmigrationen. Sie wanderten aber auch in einer Zeit, in der in den Augen der nationalistischen Parteien und eines Teils der Öffentlichkeit die Polen zu den größten Reichsfeinden avancierten, durch ihre eigenen staatlichen Bestrebungen die Einheit des jungen Staates zu gefährden schienen.

Diese Mischung aus kultureller Nähe und latenter Diskriminierung führte dazu, dass Polinnen und Polen sich in mehrheitlich deutschsprachigen Gebieten oft scheuten, ihre polnische Identität offen zur Schau zu stellen: Lieber auf der Straße kein Polnisch sprechen, lieber nicht auffallen, lieber rasch hineinwachsen in die deutsche Gesellschaft. Die Kinder der Binnenmigranten lernten meistens kaum Polnisch mehr. Dabei prägten diese Zuwanderer nicht nur die Ruhrgebietsgesellschaft (1910 stellten sie in Recklinghausen zum Beispiel ein Viertel der Bevölkerung), sondern auch andere aufstrebende Industriezentren wie etwa die norddeutschen Großstädte oder Berlin. Allerdings war diese Gruppe keineswegs homogen: Neben den katholischen Zuwanderern gab es – vor allem in Westfalen – auch eine große Zuwanderung protestantischer Masuren, und neben den Hochpolnisch sprechenden Posenern zogen Oberschlesier und Kaschuben mit ihren charakteristischen Dialekten bzw. Sprachen zu. Vor allem die „Ruhrpolen“ (westfalczycy) entwickelten ein reiches Vereinsleben, es entstanden polnische kirchliche Strukturen, Gewerkschaften und eine politische Vertretung.

Zusätzlich zu den polnischen Binnenmigranten kamen Polen aus dem Ausland, aus dem österreichischen Galizien oder den von Russland annektierten Landesteilen. Zeitweise mehrere hunderttausend von ihnen arbeiteten vorwiegend als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft, die sogenannten „Sachsengänger“.

Während es sich hier fast ausschließlich um eine proletarische Erwerbsmigration handelte, kamen auch Vertreter polnischer Eliten nach Deutschland: Berlin zog als Hauptstadt Vertreter des Hochadels (wie die Familien Radziwiłł und Raczyński) an, aber hier saßen Polen auch im Reichstag und im preußischen Landtag. Schriftsteller wie Adam Mickiewicz oder Józef Ignacy Kraszewski wählten sich zeitweise Dresden als Wohnort, und Studenten zogen an die unterschiedlichen Hochschulen des Reichs, machten hier zuweilen auch akademische Karriere. Nicht zuletzt fanden Politikerinnen und Politiker im Reich eine Bleibe – die Sozialisten Rosa Luxemburg und Julian Marchlewski waren nur zwei von vielen.

Besonders bekannt wurde in Polen die „Münchner Schule“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Tatsache, dass zwischen 1828 und dem Ausbruch der Ersten Weltkriegs mehr als dreihundert polnischer Maler und Bildhauer an der Kunstakademie in München und in ihrem Umfeld studierten. Auch wenn es sich um keine „Schule“ im eigentlichen Sinn handelte, so entwickelte sich unter den vielen bedeutenden Malern wie Józef Brandt, Jan Matejko, Aleksander Gierymski, Maksymilian GierymskiAlfred Wierusz-Kowalski und Wojciech Kossak vielfältige Kontakte und Bezugnahmen. Kossak sollte später als Hofmaler von Kaiser Wilhelm II. eine zeitweilig wichtige Rolle in der hauptstädtischen Kunstszene spielen. Und auch Künstlerinnen wie Olga Boznańska konnten sich in München fortbilden, auch wenn es nur wenige waren, da Frauen an der Münchner Akademie bis 1920 nicht studieren durften.

Erzwungene Wanderschaft: Die Zeit der Weltkriege

Waren Polinnen und Polen bis jetzt freiwillig gewandert oder hatten sich höchstens durch ökonomische Notwendigkeiten zur Migration veranlasst gesehen, so bildete der Erste Weltkrieg einen Einschnitt: Bis Kriegsende wurde mehr als eine halbe Million Auslandspolen für die Wirtschaft im Reich angeworben, zunehmend auch durch Zwang. Manchmal flohen sie auch vor dem Kriegsgeschehen oder – im Fall der polnischen Juden – aus Angst vor antisemitischen Ausschreitungen. So hielten sich etwa in Frankfurt am Main direkt nach dem Krieg rund 3.500 „Ostjuden“ auf, die wie auch in anderen Teilen Deutschlands größtenteils erst einmal hier blieben. Ihre Muttersprache war jedoch vielfach nicht Polnisch, sondern Jiddisch, teils sprachen sie besser Deutsch oder Russisch.

Durch die neue Grenzziehung im Zuge des Versailler Vertrags und der daran teils anschließenden Volksabstimmungen verlor Deutschland einen Großteil der polnischen Siedlungsgebiete im Osten. Da gleichzeitig auch ein Teil der polnischen Erwerbsmigranten aus dem Ruhrgebiet und von anderen Orten ins unabhängige Polen zurückwanderten oder aber Arbeit in anderen Staaten suchten, sank die Zahl der polnischsprachigen Einwohner rasch. Sie dürfte in den 1920er Jahren bei 1,5 Mio. Menschen gelegen haben und ging bis 1939 weiter zurück, vor allem durch die allmähliche, später vom Dritten Reich auch forcierte Assimilation an die deutsche Bevölkerungsmehrheit. Es gab nun kaum mehr Zentren des polnischen Lebens in Deutschland, allenfalls Berlin, Westfalen und Westoberschlesien besaßen noch eine nennenswerte Gruppe von Menschen, die bereit waren, sich für polnische Belange zu engagieren. Aufgrund der vergifteten Stimmung zwischen Deutschland und Polen zogen es viele Polen vor, sich tendenziell „unsichtbar“ zu machen, nicht groß aufzufallen in der deutschen Gesellschaft. Der 1922 gegründete „Bund der Polen in Deutschland“ konnte diese Entwicklung nicht aufhalten. Einen Minderheitenstatus besaßen Polen übrigens nur im deutsch gebliebenen Teil von Oberschlesien, und das auch nur bis 1937.

Die im Reich lebenden Polen verfügten über einige Presseorgane, die allerdings unter erheblichen finanziellen Problemen litten. Der seit 1890 in Bochum erscheinende „Wiarus Polski“ verlegte seinen Sitz 1923 deshalb in die nordfranzösische Industrieregion mit ihrer großen polnischen Zuwanderung, und der seit 1909 in Herne herausgegebene „Narodowiec“ folgte 1924. Und so blieb als einzige Tageszeitung der 1897 in Berlin gegründete „Dziennik Berliński“, der mit Unterstützung des „Bunds der Polen“ bis zum Kriegsausbruch 1939 existierte.

Dennoch waren Polen nicht ganz verschwunden aus dem öffentlichen Leben Deutschlands: Die Leinwandstars Pola Negri und Jan Kiepura feierten große Erfolge. Und auch polnische Juden spielten im Musikleben oder in der Unterhaltungsindustrie eine wichtige Rolle, etwa der Bandleader Marek Weber. Und wenn man ein wenig weiter sucht, stößt man auf eine große Zahl geradezu vergessener polnischer Spuren. So auf den Bauhaus-Schüler Jesekiel David Kirszenbaum oder auf den Fotografen Stefan Arczyński.

Diese deutsch-polnisch-jüdische Symbiose wurde von den Nazis jedoch vernichtet: Ende Oktober 1938 deportierten sie alle polnischen Staatsbürger jüdischer Herkunft nach Polen, rund 17.000 Menschen wurden über Nacht aus ihren Häusern geworfen. Dies war ein „Vorspiel zur Vernichtung“, die bald beginnen sollte.

Der Zweite Weltkrieg stellte Europa auf den Kopf. Die im Reich lebenden Spitzenvertreter der Polen wurden verfolgt und teilweise in den Konzentrationslagern ermordet. Große Teile des eroberten Polens wurden ans Reich angegliedert, die polnische Bevölkerung – Juden und Nichtjuden – verfolgt, versklavt, vertrieben und vernichtet. Viele Polen wurden, je nach Gebiet, dazu gezwungen, die „Deutsche Volksliste“ zu unterschreiben, junge Männer wurden daraufhin zur Wehrmacht eingezogen. Die polnischen kriegsgefangenen Offiziere verbrachten den Krieg in Lagern, die einfachen Soldaten wurden als Zwangsarbeiter eingesetzt. Rund 2,8 Millionen Polen arbeiteten für kürzere oder längere Zeit als Zwangsarbeiter in Industrie oder Landwirtschaft, unter teils unmenschlichen Bedingungen. Hunderttausende kamen in die Konzentrationslager, jüdische Polen oft direkt in die Vernichtungslager.

Nach dem Krieg: Polen in Deutschland – einige Zahlen

Direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebten in den vier Besatzungszonen mehr als 1,7 Millionen Polen, ehemalige Zwangsarbeiter, KZ-Insassen und Kriegsgefangene. Als „Displaced Persons“ verbrachten sie teils Monate, teils Jahre vor allem in den westlichen Zonen, und auch nachdem die meisten entweder in die Heimat zurückgehrt oder weitergewandert waren, blieben rund 80.000 von ihnen in der Bundesrepublik. Der Versuch, im Emsland mit der Gründung der Stadt Maczków polnische territoriale Strukturen aufzubauen, endete mit der Auflösung der polnischen Armeeeinheiten, die hier den Besatzungsdienst versahen. Zu diesen versprengten Polen in Deutschland zählten auch einige illustre Persönlichkeiten, die über Jahrzehnte hin das kulturelle Leben prägen sollten: Etwa Artur Brauner, der sich als polnischer Jude gleich nach Kriegsende in Berlin niederließ und zu dem wohl bedeutendsten Film-Mogul des bundesrepublikanischen Wirtschaftswunders werden sollte.

Aber die Zahl der Polnischsprachigen in Deutschland nahm rasch wieder zu. Zwischen 1950 und 1990 siedelten etwa 1,4 Mio. deutschstämmige Personen aus dem polnischen Staat in die Bundesrepublik Deutschland aus (weitere gingen in die DDR), ein Großteil kam in den 1980er Jahren: Alleine zwischen 1988 und 1990 waren es 520.000. Während die Aussiedler anfangs tatsächlich noch deutsch sozialisiert waren und in ihren Familien Deutsch gesprochen hatten, waren sie in den 1980er Jahren größtenteils polnisch sozialisiert und sprachen kein Deutsch, nutzten aber die rechtlichen Möglichkeiten, um angesichts der wirtschaftlich und politisch schwierigen Lage in Polen ausreisen zu können.

Seit der Aufhebung des Visumzwangs 1990 und der schrittweisen Erleichterung der Arbeitsaufnahme in Deutschland hat die Zahl der in Deutschland lebenden polnischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ein hohes Niveau erreicht. Waren 1990 im wiedervereinigten Deutschland 241.000 Polen mit ausschließlich polnischer Staatsangehörigkeit registriert, so waren es Ende 2018 rund 860.000. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Wenn man nämlich nach dem Migrationshintergrund fragt, so lebten 2017 in Deutschland 2,1 Mio. Menschen mit biographischem Bezug zu Polen, was nach Menschen aus der Türkei und vor solchen aus der Russischen Föderation die zweitgrößte Gruppe war. Parallel hielt die saisonale Zuwanderung von polnischen Erwerbstätigen an, allerdings seit dem EU-Beitritt Polens mit rasch sinkender Zahl.

Integration oder Separation?

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich die kulturellen Verhaltensmuster polnischer Zuwanderer in Deutschland fort. Das war schon bei vielen Aussiedlern der Fall: Wer von ihnen mehr Pole als Deutscher war, versuchte nach der Übersiedlung möglichst rasch, einen Weg in die deutsche Wohlstandsgesellschaft zu finden und als Pole, als Polin weitgehend unsichtbar zu werden. Für große Teile der deutschen Nachkriegsgesellschaft galt Polen als wenig attraktives Land, seine Kultur als „minderwertig“. Diese Überzeugungen von einem Kulturgefälle waren auch für die Zuwanderer aus Polen prägend. Nur wenige hielten offensiv an ihrer Herkunftskultur fest, engagierten sich in polnischen Verbänden oder Vereinen. Für das Gros standen Integration, Erfolg auf dem Arbeitsmarkt und die Zukunft der Kinder an erster Stelle.

Dies war auch der Grund, warum die eingewanderten Polen öffentlich kaum als geschlossene Gruppe erkennbar waren, zumal sie sich äußerlich nicht wesentlich vom „Durchschnittsdeutschen“ unterscheiden. Auch die Religionsausübung der Polen passt in die konfessionelle Landschaft Deutschlands. Verschiedene Indikatoren belegen ihre vergleichsweise gute Integration in Deutschland. Sie zeichnen sich im Vergleich zu Migranten aus anderen Staaten durch eine geringe Armutsgefährdungsquote und ein höheres Durchschnittseinkommen aus, durch gute Bildungsabschlüsse und eine relativ hohe Erwerbstätigenquote.

Zwar wurden einige polnische Organisationen schon gleich nach 1945 neu gegründet, doch bis heute halten sich polnische Migranten mit Vereinsgründungen stark zurück. Auch die verschiedenen Dachverbände haben nur eine sehr geringe Bedeutung, am ehesten funktioniert noch das Netz der polnischen katholischen Missionen. In einigen Städten existieren meist kleine polnische Vereine, die sich um Sprachunterricht für polnische Kinder kümmern oder sich auch für kulturelle Belange einsetzen. Meistens wirken sie innerhalb der polnischen Community, manchmal gelingt es ihnen aber auch, eine größere Öffentlichkeit zu erreichen, am ehesten im Ruhrgebiet und in Berlin. Überhaupt unterscheidet sich Berlin stark vom Rest der Republik: Hier, nur 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, sammeln sich seit den 1980er Jahren nicht nur Erwerbsmigranten, sondern auch tausende von Polinnen und Polen, die kulturell aktiv sind oder einfach nur alternative Lebensstile genießen wollen. Damit ist die Stadt heute zu einem wichtigen Zentrum der polnischen Kultur geworden, oder besser gesagt: zu einem Zentrum für die kulturelle Betätigung von Menschen aus Polen. Denn immer häufiger wollen sich die aus Polen ausgewanderten oder mit einem Bein hier und mit dem anderen dort lebenden Kulturschaffenden und Intellektuellen nicht mehr einer Nation verschreiben, sondern verstehen sich als Teil transnationaler Gemeinschaften, als Weltbürger oder Europäer.

Diesem Trend stellen sich wiederum Vereine entgegen, die versuchen, auch in Deutschland am konservativen Wesen Polens die Welt genesen zu lassen. In mehreren Großstädten haben sich „Klubs der Gazeta Polska“ gegründet, die ein katholisch-nationalkonservatives Weltbild pflegen. Schließlich gibt es eine Reihe von weltanschaulich neutralen Vereinen, etwa eine wachsende Zahl polnischer Sportvereine wie die Fußballklubs FC Polonia Berlin, FC Polonia Wuppertal, SV Polonia Monachium oder KS Polonia Braunschweig.

Für fast jede größere deutsche Stadt und viele Regionen gibt es heute polnische Facebook-Gruppen, in denen sich mal einige hundert, mal mehrere zehntausend Menschen über die wichtigen Dinge des Alltags informieren. Die polnische Community kann sich dabei auf eine mittlerweile gut etablierte ethnische Ökonomie stützen, die polnischsprachige Dienstleistungen von Ärzten bis Rechtsanwälten, von Nagelstudios bis Hochzeitskapellen umfasst. Und je umfangreicher diese Infrastruktur wird, desto sichtbarer wird sie auch. Die Zeiten, in denen Polinnen und Polen sich partout vor der Mehrheitsgesellschaft verstecken wollten, gehören größtenteils der Vergangenheit an.

Dazu trägt auch die langsam wachsende Zahl von Menschen des öffentlichen Lebens mit erkennbar polnischem Hintergrund bei. Und es sind beileibe nicht mehr nur ein paar Fußballer wie Miroslav Klose und Lukas Podolski oder einige Persönlichkeiten der Kulturwelt, deren „fremder“ Zungenschlag à la Marcel Reich-Ranicki die Deutschen jahrzehntelang daran erinnerte, wie eng Deutschland mit dem östlichen Europa verknüpft war.

Heute ist es ein wenig anders: Der Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, ist als Kind nach Deutschland gekommen, ebenso wie die Schauspielerin Patrycia Ziółkowska, die in ihrem Namen all die polnischen Sonderzeichen verwendet, auf die frühere Migrantengenerationen gerne verzichteten, die Tennisspielerin Angelique Kerber bekennt sich zu ihrer polnischen Herkunft ebenso wie der Sänger Mark Forster, in der Pfalz geborener Sohn einer polnischen Mutter, der 2017 das deutsche Fernsehpublikum mit einem polnisch gesungenen Weihnachtslied überraschte. Margarete Stokowski prägt die feministische Debatte im Lande, Henryk M. Broder wirbelt mit seinen widerspenstigen Kommentaren immer noch journalistischen Staub auf und die „Zeit“-Journalistin Alice Bota trägt maßgeblich zur Präsenz von Polnischem in Deutschland bei. An deutschen Hochschulen und in den Symphonieorchestern, in großen IT-Firmen wie in der Medienbranche – überall finden sich heute Menschen, die sich biographisch mit Polen verbunden fühlen.

Fazit: Der Weg in die Sichtbarkeit

Es ist mit den in Deutschland lebenden Polinnen und Polen so wie mit den meisten Migrantengruppen auf der Welt: Ein Teil bleibt auf immer unsichtbar, möchte seine Herkunft schnell hinter sich lassen oder sie zumindest nicht öffentlich demonstrieren, sondern sich rasch in die umgebende Mehrheitsgesellschaft integrieren. Ein anderer Teil sieht seine Aufgabe darin, in der Emigration demonstrativ an der Herkunft festzuhalten und dies auch den nichtpolnischen Mitmenschen zu zeigen. Viele wählen einen der zahlreichen Wege dazwischen, es sind europäische Wege: Bewusst mehrere Identitäten zu leben, eine deutsche, eine polnische, vielleicht auch eine oberschlesische oder bayrische, und diese Vielfalt individueller Identitäten als Reichtum zu begreifen. Aufgrund der kulturellen Nähe von Polen und Deutschen fällt es umso leichter, selbstbewusst das Polnische gemeinsam mit dem Deutschen zu vertreten, auch wenn es immer Menschen gibt, die versuchen, das vermeintlich Unvereinbare hervorzuheben. Aber wie groß sind die Unterschiede zwischen Sauerkraut und kapusta kiszona, zwischen Bratwurst und Krakowska, zwischen Käsekuchen und sernik wirklich? Genau aus dieser Nähe entstehen die erfolgreichsten Wege in die Sichtbarkeit, brückenbauend und Verständnis erzeugend. 

 

Peter Oliver Loew, April 2020

 

Peter Oliver Loew, Historiker, seit 2019 Direktor des Deutschen Polen-Instituts, Honorarprofessor an der Technischen Universität Darmstadt. Zu seinen Interessengebieten zählen die deutsch-polnischen Beziehungen in Geschichte und Gegenwart, Polen in Deutschland, Danzig, Aspekte von Literatur und Musik.

 

 

Zum Thema sind erschienen:

Peter Oliver Loew: Wir Unsichtbaren. Geschichte der Polen in Deutschland. München: C.H. Beck 2014.

Peter Oliver Loew. My niewidzialni. Historia Polaków w Niemczech. Warszawa: Wydawnictwo Uniwersytetu Warszawskiego 2017.

(Hg., zus. mit Dieter Bingen, Andrzej Kaluza, Basil Kerski): Polnische Spuren in Deutschland. Ein Lesebuchlexikon. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2018.

(Hg.): Lebenspfade. Polnische Spuren in RheinMain. Darmstadt: Deutsches Polen-Institut 2019

 

Auswahl weiterer Beiträge auf unserem Portal:

 

Künstlerinnen und Künstler

Helena Bohle-Szacki, jüdisch-polnische Modedesignerin der Nachkriegszeit und Zeitzeugin der NS-Zwangsarbeit, *1928 in Białystok, †2011 in Berlin.

Karol Broniatowski, polnischer Bildhauer, *1945 in Łódź, lebt in Berlin.

Monika Czosnowska, Fotografin, *1977 in Szczecin/Stettin, lebt in Berlin.

Jeremias Falck, bedeutender Kupferstecher, *1610 oder 1619 in Danzig, †1664 in Hamburg.

Małgosia Jankowska, polnische Malerin, *1978 in Sochaczew, lebt in Berlin.

Danuta Karsten, polnische Künstlerin, *1963 in Mała Słońca, lebt in Recklinghausen und Herne.

Marta Klonowska, polnische Künstlerin und Glasmacherin, *1964 in Warschau, lebt in Düsseldorf und Warschau.

Agata Madejska, polnische Künstlerin, *1979 in Warschau, lebt in London.

Roland Schefferski, deutsch-polnischer Objekt- und Installationskünstler, *1956 in Katowice, lebt in Berlin.

Karina Smigla-Bobinski, deutsch-polnische Intermedia-Künstlerin, *1967 in Szczecin/Stettin, lebt in München.

Marian Stefanowski, deutsch-polnischer Fotograf, lebt in Berlin.

Stefan Szczygieł, deutsch-polnischer Künstler und Fotograf, *1961 in Warschau, †2011 ebenda.

Stanisław Toegel, Zeitzeuge der NS-Zwangsarbeit und international bekannter Karikaturist, *1905 in Jaworów (heute Jaworiw), †1953 in Bytom.

Jan de Weryha-Wysoczański, polnischer Bildhauer und Vertreter der Konkreten Kunst, *1950 in Gdańsk/Danzig, lebt in Hamburg.

 

Literatur- und Kulturschaffende

Artur Brauner, polnisch-jüdischer Filmproduzent, *1918 in Łódź, †2019 in Berlin.

Brygida Helbig, eigentlich Dr. Brigitta Helbig-Mischewski, Pseudonym Anna Maria Birkenwald), deutsch-polnische Schriftstellerin, *1963 in Szczecin/Stettin, lebt in Berlin.

Pola Negri (eigentlich Apolonia Chalupec, auch Barbara Apolonia Chałupiec), polnische Schauspielerin und großer Star des Stummfilms, *1897 in Lipno, Russisches Kaiserreich, †1987 in San Antonio, USA. 

Anna Piasecka, deutsch-polnische Schriftstellerin, *1981 in Słupsk, lebt in der Nähe von Münster (Westfalen).

Marcel Reich-Ranicki, deutsch-polnischer Autor und Publizist, *1920 in Włocławek; †2013 in Frankfurt am Main. 

Emilia Smechowski, polnisch-deutsche Journalistin und Schriftstellerin, *1983 in Wejherowo, lebt in Berlin.

Roma Stacherska-Jung, polnisch-deutsche Journalistin und Radio-Moderatorin.

Margarete Stokowski, polnisch-deutsche Autorin und Kolumnistin, *1986 in Zabrze, lebt in Berlin.

Janina Szarek, polnische Regisseurin, Schauspielerin, Theaterpädagogin, Intendantin und Leiterin einer Schauspielschule, *1946 in Ruda Różaniecka, lebt in Berlin.

Sonja Ziemann und Marek Hłasko, deutsche Schauspielerin und polnischer Schriftsteller, wohl bekannteste deutsch-polnische Ehepaar der Nachkriegszeit.

 

Musikerinnen und Musiker sowie Komponisten

Thomas Godoj (Tomasz Jacek Godoj), polnisch-deutscher Rocksänger und Songwriter, *1978 in Rybnik.

Mark Forster (eigentlich Mark Ćwiertnia), deutscher Pop-Sänger und Songwriter, Sohn einer polnischen Mutter und eines deutschen Vaters, *1983 in Kaiserslautern.

Margaux Kier, deutsch-polnische Sängerin und Schauspielerin, *in Bydgoszcz, lebt in Köln.

Krzysztof Meyer, polnischer Komponist, Pianist, Musiktheoretiker und Hochschullehrer, *1943 in Krakau, seit 1987 wohnhaft in Deutschland.

Katarzyna Myćka, international renommierte polnische Marimba- und Schlagzeug- Musikerin, *1972 in Leningrad/St. Petersburg, lebt in Stuttgart.

Vitold Rek, polnischer Kontrabassist und Komponist des Creative Jazz, *1955 in Rzeszów, lebt im Rhein-Main-Gebiet.

Janusz Maria Stefański, bedeutender Musiker und führender polnischer Jazz-Schlagzeuger, *1946 in Krakau, †2016 in Frankfurt am Main.

Lech Wieleba, polnischer Kontrabassist und Komponist.

Leszek Żądło, polnischer Jazzmusiker, *1945 in Krakau.

 

Wissenschaftler

Roman Witold Ingarden, polnischer  Philosoph und Phänomenologe, *1893 in Krakau, †1970 ebenda.

Jan Łukasiewicz, polnischer Philosoph, Mathematiker und Logiker, *1878 in Lemberg (Lwów), †1956 in Dublin.

 

Unternehmer

Wojtek Grabianowski, Architekt, *1944 in Posen, lebt in Düsseldorf.

Tomasz Niewodniczański, Kernphysiker, Sammler und  Unternehmer, *1933 in Wilna, †2010 in Bitburg.

 

Zeitgeistpersönlichkeiten

Susanna Fels, Künstlerin, Fotografin und enge Begleiterin von Witold Gombrowicz, *1937 in Breslau, lebt in Berlin.

Anatol Gotfryd, Literat, Kunstliebhaber und Künstlerfreund, *1930 in Jablonow, lebt in Berlin.

Rosa Luxemburg, einflussreiche Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung, des Marxismus, Antimilitarismus und „proletarischen Internationalismus“, *1871 in Zamość, †1919 in Berlin.

Stanisław Mikołajczyk, polnischer Politiker, Ministerpräsident der polnischen Exilregierung während des Zweiten Weltkriegs und Vizepremier Polens nach Kriegsende, *1901 in Holsterhausen (heute Herne), †1966 in Washington.

Zdzisław Nardelli, polnischer Radioregisseur, Schriftsteller und Dichter, *1913 in Cieszynie, †2006 in Warschau.

Józef Piłsudski, polnischer Militär, Politiker und Staatsmann, Marschall der Zweiten Polnischen Republik, *1867 in Zułowo bei Wilna, †1935 in Warschau.

Stanisław Przybyszewski, polnischer Schriftsteller, *1868 in Lojewo, †1927 in Jaronty.

Antoni Graf Sobański, Antoni Graf Sobański, *1898 in Obodówka, †1941 in London.

Ewa Maria Slaska, Journalistin, Schriftstellerin und Oppositionelle, *1949 in Sopocie, lebt in Berlin.

Adam Szymczyk, polnischer Kunstkritiker und Kurator, von 2003 bis 2004 Direktor und leitender Kurator der Kunsthalle Basel, 2017 künstlerischer Leiter der Documenta 14 in Kassel und Athen, *1970 in Piotrków Trybunalski.

Andrzej Wirth, polnisch-US-Amerikanischer Theaterwissenschaftler, Theaterkritiker und Hochschullehrer, *1927 in Włodawa; †2019 in Berlin.

 

Institutionen

Club der Polnischen Versager, Institution des deutsch-polnischen Kulturaustauschs in Berlin, seit 2001.

Polnisches Theater Kiel, seit 1982.

Radio Cosmo, seit 1994.

 

Zeitungen

Wiarus Polski, polnischsprachige Tageszeitung mit der höchsten Auflage im Ruhrgebiet, 1890 bis 1923 in Bochum erschienen, 1923 bis 1961 (mit Unterbrechungen) in Frankreich. 

Narodowiec, polnischsprachige Zeitung im Ruhrgebiet, 1909 bis 1924 in Herne erschienen, 1924 bis 1989 in Lens/Frankreich.

Dziennik Berliński, polnischsprachige Tageszeitung in Berlin, 1897 bis 1939 in Berlin erschienen.

 

Ereignisse, Konzerte und Ausstellungen

Der erste Kongress der Polen in Deutschland, 6. März 1938 in Berlin, größte Zusammenkunft der Polen in Deutschland während der NS-Zeit.

Deutsch-polnische Canaletto-Ausstellung in Dresden, Warschau und Essen 1963-1966, Ausstellung der Gemälde des Barockmalers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto (1722-1780)und zugleich erstes gemeinsam durchgeführtes kulturelles Ereignis der beiden „sozialistischen Bruderländer“ DDR und Volksrepublik Polen.

Lukas-Passion von Krzysztof Penderecki im St. Paulus Dom zu Münster, Krzysztof Penderecki stellt am 30. März 1966 sein epochalen Werk "Lukas-Passion", eine Auftragsarbeit des Westdeutschen Rundfunks, im Münsteraner Dom vor.

Generationsübergreifend – Polnische Kunst in Marl 6. März bis 12. Juni 2016, die Ausstellung in Marl gruppierte sich um einen Kern von Werken polnischer Kunst aus der Sammlung von Werner Jerke.

Frömmigkeit und Nachtgesichte – Naive Kunst aus Polen im Spiegel der Moderne, Kunsthalle Recklinghausen zeigte 2016 ihren umfangreichen Bestand von Exponaten aus Polen.

„Malerfürst“ Jan Matejko in der Bundeskunsthalle, im Rahmen der Ausstellung „Malerfürsten“ zeigte die Bundeskunsthalle in Bonn vom 29.9.2018 bis 27.1.2019 58 Werke und kulturhistorische Objekte zu dem polnischen Historien- und Porträtmaler Jan Matejko (1838-1893).