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Der Bund der Polen in Deutschland

Die Pol:innen in Deutschland begannen sich schnell zu organisieren. Natürlich war der polnisch-deutsche Konflikt um die polnische Westgrenze ein wichtiger Faktor für die damalige Situation. Der Ruf nach der Gründung einer einzigen Organisation, die all die kleineren, über ganz Deutschland verstreuten Verbände und Organisationen zusammenführen könnte, wurde immer lauter. Zwei wichtige Zentren, in Berlin und Bochum, ergriffen Initiativen in diesem Bereich. Anfänglich gab es keine Einigung zwischen ihnen, da jede von ihnen sich als alleinige Vertretung der Pol:innen betrachtete. Der Streit konnte jedoch rasch beigelegt werden. Die beiden Zentren beschlossen, ihre Kräfte zu bündeln, und gründeten am 27. August 1922 unter Beteiligung von Organisationen aus Ostpreußen und Oberschlesien den Bund der Polen in Deutschland (im Folgenden ZPwN). Die Organisation, die ihren Sitz in Berlin hatte, bestand aus 4, ab 1923 bereits aus 5 und ab 1938 aus 6 Landesverbänden (Dzielnice): I Schlesien mit Sitz in Oppeln, II Mitteldeutschland (Berlin), III Westfalen (Bochum), IV Ermland und Masuren (Allenstein) und V Flatow-Land, Bomst und Kaschubei. Es sollte hinzugefügt werden, dass nach dem Anschluss Österreichs der VI. Landesverband – Wien – 1938 geschaffen wurde. Der erste Präsident der Organisation war der Gutsbesitzer Stanisław Sierakowski aus Ostpreußen, während Jan Kaczmarek aus Bochum ihr Generalsekretär wurde. Ihr Presseorgan war die seit 1925 erscheinende Monatszeitschrift „Polak w Niemczech“ (Der Pole in Deutschland), und das Emblem der Organisation wurde in den 1930er Jahren das Rodło-Zeichen, der stilisierte Flusslauf der Weichsel.
Der Bund der Polen in Deutschland umfasste mit seinen Aktivitäten fast die gesamte polnische Minderheit und wurde schnell zum Ausdruck ihrer Interessen gegenüber dem deutschen Staat. An dieser Stelle ist jedoch anzumerken, dass der neuen Organisation nicht massenweise beigetreten wurde. Man schätzt, dass in Deutschland etwa 1,7 Millionen Menschen polnischer Herkunft lebten, von denen sich einige in den 1920er Jahren rasch assimilierten. Zu Beginn der 1930er Jahre zählte der ZPwN rund 40.000 Mitglieder, wobei der Bezirk III Westfalen mit 16.000 Mitgliedern am stärksten war. Die dortigen Aktivisten spielten eine wichtige Rolle bei den Unternehmungen des Bundes.