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Der Bund der Polen in Deutschland

Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum.

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  • Titelseite des „Dziennik Berliński“ vom 9/10. Dezember 1922 - Mit der Meldung über die Gründung des Bundes Polen in Deutschland und mit dem Statut der Organisation.
  • Sitzung des Obersten Rates (rada naczelna) und des Vorstandes (zarząd wykonawczy) des Bundes der Polen in Deutschland am 21. Januar 1927 in Berlin - Vorne in der Mitte der Vorsitzende Graf Stanisław Sierakowski.
  • Graf Stanisław Sierakowski - Vorsitzende des Bundes der Polen in Deutschland 1922-1933
  • Pf. Bolesław Domański - Vorsitzender des Bundes der Polen in Deutschland 1933-1939
  • Dr. Jan Kaczmarek aus Bochum - Geschäftsführer (kierownik naczelny) des Bundes der Polen in Deutschland 1922-1939
  • Arbeiterbank in Bochum (Bank Robotników), 1917. - Arbeiterbank in Bochum (Bank Robotników) auf der damaligen Klosterstraße (heute Am Kortländer), 1917.
  • Polnisches Haus in Bochum (Dom Polski), ca. 1925 - Bis 1939 Geschäftsstelle der III. Bezirkes des Bundes der Polen (Westphalen), nach 1945 bis heute Hauptsitz der Organisation.
  • Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum. - Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum.
  • Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum. - Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum.
  • Besuch der Polen aus Frankreich vor dem Polnischen Haus in Bochum, 1961. - Besuch der Polen aus Frankreich vor dem Polnischen Haus in Bochum, 1961.
  • Am Kortländer in Bochum (ehemals Klosterstraße), 1962. - Am Kortländer in Bochum (ehemals Klosterstraße), 1962.
  • Am Kortländer in Bochum (ehemals Klosterstraße), 2014. - Am Kortländer in Bochum (ehemals Klosterstraße), 2014.
Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum.
Der Kongress des Bundes der Polen in Deutschland 1935 in Bochum.

Während die Organisation in den ersten Jahren nach ihrer Gründung florieren konnte, kam es nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zu Einschränkungen ihrer Aktivitäten. Obwohl der 1934 zwischen Warschau und Berlin unterzeichnete Nichtangriffspakt die Einmischung in die Aktivitäten der Organisation vorübergehend reduzierte, dauerte die Phase der „Entspannung“ nicht lange. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bedeutete die Liquidierung der Organisation, die Beschlagnahmung ihres Eigentums, die Verhaftung hunderter Aktivisten und Führer und ihre Inhaftierung in Konzentrationslagern. Andere Polen wurden zur Wehrmacht einberufen und kämpften mitunter an den Fronten gegen Soldaten mit gleichem nationalem Hintergrund. Zweifellos teilten die Mitglieder des Bundes in den folgenden Jahren das Schicksal von Millionen von Landsleuten – polnischen Bürger:innen, die vor allem nach dem Anschluss eines Teils des polnischen Staatsgebiets an das Dritte Reich massiven Repressionen ausgesetzt waren. Deportationen, Mord und „Germanisierung“ waren an der Tagesordnung. Obwohl die Organisation nach dem Zweiten Weltkrieg in allen Besatzungszonen schnell wiederbelebt wurde, bildeten die in Deutschland verbliebenen Pol:innen keine Kraft mehr, die eine wichtige Rolle spielen konnte. Einige entschlossen sich, nach Polen zu emigrieren, das infolge der Grenzänderung Gebiete umfasste, die zuvor in großer Zahl von Mitgliedern des Bundes bewohnt waren. Das bedeutete jedoch nicht, dass das „Mutterland“ sie so behandelte, wie sie es erwartet und erträumt hatten. Die Gründung der beiden deutschen Staaten verkomplizierte die Situation weiter, sowohl was die deutsch-polnischen Beziehungen als auch die Stellung der Pol:innen in ihrem Gebiet anbelangt. Infolge der Aktionen der Kommunisten in Polen Anfang der 1950er Jahre wurde die Organisation in Westdeutschland gespalten, während sie im zweiten deutschen Staat, der DDR, ganz aufgelöst wurde. In den folgenden Jahrzehnten organisierte der Bund, der unter dem Namen Rodło auftrat, die für diese Art von Organisation typischen Veranstaltungen, von Jubiläumsfeiern über den Unterricht der polnischen Sprache bis hin zu Bällen und Feiern. Trotz der Versuche, die Zahl der Mitglieder zu erhöhen, blieb Rodło aufgrund von Überalterung und weiterer Abwanderung eine kleine Organisation. Ihre Aktivitäten haben sich auch nach der Wiedervereinigung Deutschlands nicht geändert. Eine der Hauptaufgaben bleibt das Bemühen um die Anerkennung der Pol:innen in Deutschland als Minderheit.

Die Situation der Pol:innen in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg wurde zweifelsohne durch die Gründung des polnischen Staates grundlegend beeinflusst. Nachdem sie mehr als ein Jahrhundert lang keinen eigenen Staat hatten, konnten sie nun auf dessen organisatorische, finanzielle und politische Unterstützung zählen. Die Pol:innen konnten auch von der Unterstützung der polnischen diplomatischen Vertretungen in Deutschland profitieren. Dies war umso wichtiger, als es im wiedergeborenen Polen eine bedeutende deutsche Minderheit gab. Sie genoss erhebliche Unterstützung durch den deutschen Staat.

Die Pol:innen in Deutschland begannen sich schnell zu organisieren. Natürlich war der polnisch-deutsche Konflikt um die polnische Westgrenze ein wichtiger Faktor für die damalige Situation. Der Ruf nach der Gründung einer einzigen Organisation, die all die kleineren, über ganz Deutschland verstreuten Verbände und Organisationen zusammenführen könnte, wurde immer lauter. Zwei wichtige Zentren, in Berlin und Bochum, ergriffen Initiativen in diesem Bereich. Anfänglich gab es keine Einigung zwischen ihnen, da jede von ihnen sich als alleinige Vertretung der Pol:innen betrachtete. Der Streit konnte jedoch rasch beigelegt werden. Die beiden Zentren beschlossen, ihre Kräfte zu bündeln, und gründeten am 27. August 1922 unter Beteiligung von Organisationen aus Ostpreußen und Oberschlesien den Bund der Polen in Deutschland (im Folgenden ZPwN). Die Organisation, die ihren Sitz in Berlin hatte, bestand aus 4, ab 1923 bereits aus 5 und ab 1938 aus 6 Landesverbänden (Dzielnice): I Schlesien mit Sitz in Oppeln, II Mitteldeutschland (Berlin), III Westfalen (Bochum), IV Ermland und Masuren (Allenstein) und V Flatow-Land, Bomst und Kaschubei. Es sollte hinzugefügt werden, dass nach dem Anschluss Österreichs der VI. Landesverband – Wien – 1938 geschaffen wurde. Der erste Präsident der Organisation war der Gutsbesitzer Stanisław Sierakowski aus Ostpreußen, während Jan Kaczmarek aus Bochum ihr Generalsekretär wurde. Ihr Presseorgan war die seit 1925 erscheinende Monatszeitschrift „Polak w Niemczech“ (Der Pole in Deutschland), und das Emblem der Organisation wurde in den 1930er Jahren das Rodło-Zeichen, der stilisierte Flusslauf der Weichsel.

Der Bund der Polen in Deutschland umfasste mit seinen Aktivitäten fast die gesamte polnische Minderheit und wurde schnell zum Ausdruck ihrer Interessen gegenüber dem deutschen Staat. An dieser Stelle ist jedoch anzumerken, dass der neuen Organisation nicht massenweise beigetreten wurde. Man schätzt, dass in Deutschland etwa 1,7 Millionen Menschen polnischer Herkunft lebten, von denen sich einige in den 1920er Jahren rasch assimilierten. Zu Beginn der 1930er Jahre zählte der ZPwN rund 40.000 Mitglieder, wobei der Bezirk III Westfalen mit 16.000 Mitgliedern am stärksten war. Die dortigen Aktivisten spielten eine wichtige Rolle bei den Unternehmungen des Bundes.

Die Hauptaufgaben der Organisation wurden bereits im Jahr 1922 im Statut formuliert:

„Landsleute! Die Regierung muss uns die Rechte einer nationalen Minderheit verleihen, wie sie schon der deutschen Minderheit in Polen zuerkannt worden sind. (…) Um solche Rechte zu erlangen, um Wahlkämpfe zur veranstalten, aus denen unsere Abgeordneten hervorgehen werden, für die Verteidigung unserer Interessen im Reichstag und im Landtag, um für gemeinsamen Nutzen Verbindung zwischen den im ganzen deutschen Staat verstreuten Landsleuten zu halten ­- darum Gründen wir den Bund der Polen in Deutschland.“

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Regierungen der Weimarer Republik (später des Dritten Reichs) sich konsequent weigerten, den Pol:innen (aber auch anderen im Reich lebenden Minderheiten) den Minderheitenstatus zu gewähren. Man war der Meinung, dass Artikel 131 der Verfassung der Weimarer Republik eine ausreichende Garantie darstellte.

Um von den deutschen Behörden Zugeständnisse in diesem Bereich zu erzwingen, ergriff der Bund die Initiative zur Gründung einer Vertretung anderer nationaler Minderheitenorganisationen. Im Jahr 1924 wurde in Berlin der Verband der nationalen Minderheiten in Deutschland gegründet. Zu den Mitgliedern gehörten neben den Pol:innen auch Personen mit dänischem, sorbischem, friesischem und tschechischem Hintergrund. Ein Mitglied des preußischen Landtags und der erste Präsident des ZPwN, Stanisław Sierakowski, wurde Vorsitzender (nach seinem Rücktritt von dieser Funktion im Jahr 1934 wurde der Däne Ernst Christiansen sein Nachfolger). In den folgenden Jahren setzte sich der Verband dafür ein, den Minderheiten eine echte Gleichberechtigung im gesellschaftspolitischen Leben zu garantieren und ihre Vertreter:innen in verschiedene zentrale und nationale deutsche Institutionen einzubeziehen. Er wandte sich dagegen, dass Deutschland die Minderheiten als Instrument nutzte, um die Versailler Ordnung in Frage zu stellen und sie so zu politisieren. Stattdessen wurde ihre stabilisierende Rolle für die innerstaatliche Situation hervorgehoben. Auf diese Weise wehrte sich der Verband gegen die von Deutschland vorangetriebene Internationalisierung der Minderheitenfragen. Er respektierte die Rechtsordnung der Weimarer Republik und die Versailler Ordnung.

Das Organ des Verbandes zur Darstellung seiner Politik war die Monatszeitschrift „Kulturwille“ (ab 1925 „Kulturwehr“). Jan Skala, ein Journalist, Schriftsteller und Politiker aus der Oberlausitz, wurde Herausgeber der Zeitschrift. Eigentümer und Herausgeber war der Präsident der Organisation, Stanisław Sierakowski. Die Monatszeitschrift wurde schnell zu einem wichtigen Forum für den Erfahrungsaustausch zwischen Minderheiten. Sie lieferte aktuelle Informationen zu Minderheitenfragen in Deutschland, zur deutschen Staatsangehörigkeitspolitik und unterstützte aktiv die Wahlbestrebungen von Minderheitenvertretern in verschiedene Vertretungsgremien. Die Zeitschrift veröffentlichte Memoranden an die deutschen Behörden zur Verbesserung der Lage der Minderheiten. Ab 1929 gehörte der ZPwN dem Weltverband der Polen im Ausland („Światpol“) an.

Wichtige Aktivitäten betrafen die Stärkung der ZPwN-Strukturen. Die Vereinheitlichung der polnischen Bewegung durch den ZPwN erfolgte durch die Schaffung von organisatorischen Abhängigkeiten und persönlichen Verbindungen. Die Sport-, Jugend-, Wirtschafts- und Kulturorganisationen erkannten das Recht des Bundes an, das Aktionskonzept der polnischen Bewegung zu bestimmen. In seinem Programm lehnte der Bund die Revision der polnisch-deutschen Grenze ab, kündigte aber die Organisation der polnischen Bevölkerung zur Verteidigung ihrer nationalen Interessen an. Er forderte Solidarität unabhängig von der politischen Überzeugung und stützte sich in seinen sozialen Ansichten auf die christliche Soziallehre.

Die Organisation legte großen Wert auf den Kampf um Sitze in den deutschen Vertretungsorganen verschiedener Ebenen. Für die Wahlen wurde die Polnische Katholische Volkspartei gegründet. Sie erstellte Listen mit polnischen Kandidaten und organisierte Wahlkampagnen. Die Wahlordnung in Deutschland war für die Pol:innen aufgrund ihrer Zersplitterung ungünstig; dennoch gelang es ihnen 1922, 2 Sitze im preußischen Landtag zu erringen. Sie behielten diese Sitze für 2 Wahlperioden bis 1928.

Zu Beginn der 1920er und 1930er Jahre kam es zu Auseinandersetzungen über die zentralistischen Bestrebungen der Führung des Bundes. Infolgedessen verließen einige Mitglieder die Organisation. Nach 1933 erfolgte jedoch angesichts der Bedrohung durch die vom Dritten Reich verfolgte Politik zu einer erneuten Konsolidierung. Polnische Aktivisten waren Repressionen ausgesetzt, Eltern, die ihre Kinder in polnische Schulen schickten, wurden schikaniert, und die organisatorische Arbeit wurde durch Hausdurchsuchungen und Verbote von Aktivitäten behindert. Nach der Unterzeichnung der deutsch-polnischen Nichtangriffserklärung (1934) erhielten die polnischen Organisationen mehr Freiheiten, wurden aber dennoch streng überwacht.

In den 1930er Jahren nahm die 1925 vom Verband gegründete und von Edmund Osmańczyk geleitete Pressezentrale ihre Tätigkeit auf, indem sie das Basismaterial für die polnische Presse in Deutschland bereitstellte und die Politik dieser Zeitschriften bestimmte.

Ein Großteil der Aktivitäten des Bundes bezog sich auf Bildungsfragen. Im Jahr 1923 wurde die Vereinigung der polnischen Schulvereine gegründet, die für das Recht kämpfte, nationale Schulen zu betreiben. Das Ergebnis dieser Bemühungen war ein Erlass des preußischen Ministerrats aus dem Jahr 1928, der die Angelegenheiten des polnischen Schulwesens regelte. Er erlaubte unter anderem die Einrichtung von Privatschulen in Deutschland. Dies war keine optimale Lösung, aber sie konnte positiv genutzt werden. In den Gebieten mit polnischer muttersprachlicher Bevölkerung, insbesondere in Schlesien, Ermland, Masuren und anderen, durften Schulen eingerichtet werden. Die ersten privaten Grundschulen wurden im Oppelner Schlesien gegründet, später auch in anderen Regionen. Bei der Gründung neuer Schulen mussten verschiedene Probleme überwunden werden. Es gab keine geeigneten Gebäude, es fehlte an Lehrer:innen und es gab kaum Lehrbücher. Darüber hinaus sahen sich die Initiatoren solcher Einrichtungen auf Schritt und Tritt mit der widerwilligen preußischen Verwaltung, der Feindseligkeit deutscher Lehrer oder gesellschaftlicher Diskriminierung und Schikanen konfrontiert. Der Erfolg dieser Bemühungen hing vor allem von der Entschlossenheit der polnischen Eltern ab. Neben den Grundschulen wurde auch dem Sekundarbereich Aufmerksamkeit geschenkt. Im Jahr 1932 wurde in Beuthen die „Private Oberschule mit gymnasialem Charakter und polnischer Unterrichtssprache“ erfolgreich gegründet. Drei Jahre später wurde dieser Schule das Öffentlichkeitsrecht verliehen. Am 5. November 1937 wurde in Marienwerder in Ostpreußen ein zweites privates Gymnasium eröffnet.

Im Jahr 1927 beteiligte sich der ZPwN an der Gründung eines Prüfungsverbandes für polnische Unternehmen (Verband Polnischer Genossenschaften in Deutschland), der ihre Aktivitäten unterstützte.

Diese Entspannung in den Beziehungen zwischen Nazi-Deutschland und Polen war nur vorübergehend. Zwischen 1937 und 1939 verschlechterte sich die Lage der Pol:innen in Deutschland, und dies trotz der Unterzeichnung einer Erklärung über Minderheitenfragen im Jahr 1937 (nach dem Auslaufen des so genannten Oberschlesischen Abkommens von 1922). Unter diesen sich verschlechternden Bedingungen gelang es dem ZPwN, einen Polenkongress in der Hauptstadt Deutschlands, Berlin abzuhalten. Damit wurde das 15-jährige Bestehen der Vereinigung gefeiert. Der Kongress fand am Sonntag, dem 6. März 1938, statt und war eine der größten Demonstrationen von Pol:innen in Deutschland, die aus verschiedenen Regionen kamen. Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Präsidenten des ZPwN, Pfarrer Dr. Bolesław Domański, der die Einheit der polnischen Nation betonte. Der offizielle Teil endete mit einer Ansprache des Generalsekretärs des ZPwN, Dr. Jan Kaczmarek. Er widmete seine Aufmerksamkeit der Lage der Pol:innen in Deutschland und dem Kampf für die Achtung der Rechte der polnischen Minderheit in diesem Land. Seine Rede wurde durch wiederholten Beifall unterbrochen. Zum Abschluss seiner Rede sagte er:

„Am 6. März 1938 geben wir, die Söhne der polnischen Nation, treue Söhne unter dem Rodło-Zeichen versammelt, auf dem großen Kongress der Polen in Deutschland, feierlich die fünf Wahrheiten der Polen bekannt:

Erste Wahrheit: Wir sind Polen!
Zweite Wahrheit: Der Glaube unserer Väter ist der Glaube unserer Kinder.
Dritte Wahrheit: Ein Pole ist dem anderen Polen ein Bruder!
Vierte Wahrheit: Der Pole dient jeden Tag seinem Volk!
Fünfte Wahrheit: Polen ist unsere Mutter – über die Mutter darf man nichts Schlechtes sagen!“

Diese Sätze wurden zu den „wichtigen Leitsprüchen“ (prawdy) der Pol:innen in Deutschland. In den folgenden Monaten wurden sie von allen polnischen Radiosendern und der Presse verbreitet. Im polnischen Senat sagte der Senator Witold Jeszke aus Posen am 9. März 1938:

„Der Kongress in Deutschland war ein stolzes und würdiges Fest. Auf diesem Kongress wurden die Wahrheiten der Polen feierlich verabschiedet. Von diesen Wahrheiten sollten sich nicht nur die nationalen Minderheiten leiten lassen, wo sie sich auch immer befinden, sondern sie sollten ein Beispiel für alle Polen sein…“

Der Kongress bewies die organisatorischen Fähigkeiten des ZPwN sowie die Mobilisierung und Geschlossenheit seiner Mitglieder. Er belebte die Aktivitäten der Kreise der Organisation vor Ort und zeigte die Vitalität des Nationalgefühls der deutschen Polen. Obwohl die Behörden die Vorbereitung des Kongresses indirekt behinderten und die ablehnende Haltung gegenüber den Pol:innen immer deutlicher wurde, konnte die Tatsache, dass eine so große Versammlung legal in der deutschen Hauptstadt stattfand, von den Nazis propagandistisch als Beweis für ihre angeblich liberale Innenpolitik genutzt werden. Dies hinderte sie jedoch nicht daran, die Aktivitäten weiter einzuschränken und bald auch Reichsbürger polnischer Nationalität zu unterdrücken. Die Situation eskalierte schnell. Verhaftungen, Beschlagnahmungen von Zeitungen, Ausweisungen, aber auch de facto kriminelle Übergriffe zerschlugen die polnische Bewegung.

Die Pol:innen in Deutschland gehörten zu den ersten Opfern des Zweiten Weltkriegs. Die Verhaftungen begannen bereits im August 1939 und wurden in den folgenden Monaten fortgesetzt. Einige der Inhaftierten wurden in Konzentrationslager innerhalb des Reichs überführt. Nach ein paar Wochen oder Monaten wurden einige von ihnen freigelassen, aber viele blieben jahrelang hinter Gittern. Es wird geschätzt, dass zwischen 1.200 und 2.000 Pol:innen, die aktivsten Mitglieder ihrer Gemeinden, bis Kriegsende die Konzentrationslager durchlaufen haben. Einige von ihnen sind verstorben. Sie wurden hauptsächlich in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück geschickt. Führende Vertreter des ZPwN, Politiker, Lehrer:innen und Industrielle wurden in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Es waren zum Beispiel: Jan Baczewski, Jan Bauer, Jan Boenigk, Maksymilian Golisz, Johann Jankowski, Jan Kocik, Aleksander Kraśkiewicz, Franciszek Sarnowski. Im zweiten Lager, Ravensbrück, wurden hauptsächlich Frauen festgehalten. Es waren zum Beispiel: Eleonora Stejakowska, Zofia Sarnowska, Anna Burda, Helena Lehr-Palaez, Zofia Hajduk und Maria Zientara-Malewska. Ab 1941 wurden auch Männer in dem Lager festgehalten. Die Zahl der Pol:innen, die zur deutschen Armee einberufen wurden und an den Fronten des Zweiten Weltkriegs starben, ist nicht bekannt.

Mit dem Ende des Krieges wurden die Handlungsmöglichkeiten wiederhergestellt, auch wenn die Bedingungen sehr schwierig und unklar waren. Die Aktivisten der Organisation begannen bereits im Frühjahr 1945 mit den Vorbereitungen für die Reaktivierung, stießen jedoch aufgrund Besatzung Deutschlands durch die Großmächte auf Schwierigkeiten. Im November 1945 wurde das „Patronat Rodła“ gegründet, das sich für die Reaktivierung der Vereinigung einsetzte, die im Januar 1946 erfolgte. Ihre Rolle änderte sich jedoch grundlegend, nachdem die Gebiete östlich von Oder und Neiße an Polen angegliedert worden waren. Hunderttausende von Menschen polnischer Herkunft befanden sich nun innerhalb der polnischen Grenzen, und einige Aktivisten versuchten, sich in der neuen politischen Realität dort zurechtzufinden. Es gab auch eine Re-Emigration von einigen Pol:innen aus Westfalen und dem Rheinland. Im übrigen Deutschland war die Lage uneinheitlich. Sie wurde auch von der Großmachtpolitik gegenüber Deutschland beeinflusst. Im Jahr 1948 legalisierten die britischen Besatzungsbehörden den Verband schließlich. Damals zählte er mehrere tausend Mitglieder. Doch schon bald kam es zu Meinungsverschiedenheiten über die Haltung gegenüber dem kommunistischen Polen und zu Personalstreitigkeiten. Dies führte 1950 zu einer Spaltung der Organisation und zu einem Rechtsstreit über den Namen. Das Recht bekamen die Aktivisten um Stefan Szczepaniak und Michał Wesołowski, die eine Zusammenarbeit mit Warschau ablehnten. Der ZPwN hatte seinen Sitz zunächst in Frankfurt am Main, dann in Bochum. Die Unterlegenen gründeten unter der Leitung von Stanisław Paszkowiak eine neue Organisation, den Bund der Polen „Zgoda“, mit Sitz in Recklinghausen (er wurde 2013 aufgelöst). Dies schwächte den ZPwN erheblich, dessen Mitgliederzahl Ende der 1950er Jahre auf unter 1.000 sank und dessen Aktivitäten sich auf Jubiläumsfeiern, Treffen anlässlich von Festen, die Organisation von Kulturveranstaltungen und Polnischkurse für Kinder konzentrierten. Die Abschottung gegenüber den Kriegsemigranten, die sich in Westdeutschland niederließen, verschlimmerte diesen Zustand noch. Nach 1956 änderte die Organisation ihre negative Haltung gegenüber der Volksrepublik Polen, knüpfte kulturelle Kontakte und organisierte touristische Reisen. Dies führte zu einer Steigerung ihrer Attraktivität für Polen und zu einer gewissen Wiederbelebung ihrer Aktivitäten. In den 1970er und 1980er Jahren nahm die Zahl der polnischen Emigrant:innen (aus politischen und wirtschaftlichen Gründen) in Deutschland zu, von denen sich einige dem Bund der Polen in Deutschland anschlossen, der aus demografischen Gründen und wegen des Assimilationsprozesses einen solchen Zustrom benötigte. Nach 1989 begann die Organisation unter den neuen politischen Bedingungen, die durch die gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen bestimmt wurden, ihre Aktivitäten wieder zu reduzieren.

Es ist zu betonen, dass die Geschichte des Bundes der Polen in Deutschland in der Zeit vor 1939 ein wichtiger Teil der Geschichte nicht nur der polnischen Diaspora, sondern auch der nichtdeutschen Gemeinschaften im damaligen deutschen Staat ist. Im Gegensatz dazu ist die Zeit nach 1945 eine Zeit der raschen Marginalisierung der Organisation. Dies hat sich in der Gegenwart vertieft, was angesichts der großen polnischen Gemeinschaft und großen Anzahl an Einwohner:innen polnischer Herkunft in Deutschland paradox erscheinen mag. Der Organisation ist es jedoch nicht gelungen, eine attraktive Form der Tätigkeit vorzuschlagen und gleichzeitig die Bedürfnisse und Interessen der Pol:innen wirksam zu vertreten. Auch gibt es keine Ideen, wie eine solche „nationale“ Organisation in die vielfältige Landschaft der heutigen deutschen Gesellschaft passen könnte. Immer engere Kontakte mit der polnischen Regierung, d. h. de facto eine einzige nationale politische Option, sind kein gutes Omen für die Zukunft. Heute spielt der Bund der Polen in Deutschland keine große Rolle mehr, die Zahl der Mitglieder übersteigt nicht 100.

 

Krzysztof Ruchniewicz, Oktober 2022

Vorsitzende des Bundes der Polen in Deutschland:

 

Graf Stanisław Sierakowski 1922 - 1933

Ks. dr Bolesław Domański 1933 - 1939

Stefan Szczepaniak 1939 - bis zur Auflösung

Stefan Szczepaniak 1950 -1964

Ks. dziekan Józef Styp-Rekowski 1964 -1969

Ks. Edmund Forycki 1970 -1988

Tadeusz Wesołowski 1988 -1991

S. Jabłoński 1991 -1993

Tadeusz Hyb 1993 -1997

Józef Młynarczyk 1997 -2004

Zdzisław Duda 2004 -2009

Marek Wójcicki 2009 -2013

Josef Malinowski 2013 - heute

 

Weiterführende Informationen:

Biographie von Władysław "Władek" Zarembowicz, junges Mitglied des Bundes der Polen in Deutschland und Pfadfinder aus Breslau, die im Rahmen des Projektes #ZumFeindGemacht des Bundesverbandes Information und Beratung für NS-Verfolgte e.V. erstellt wurde:  

https://zumfeindgemacht.de/fall/wladek-zarembowicz/